Wiederverwendung

Die Wiederverwendung von Produkten ist ein zentraler Aspekt der nachhaltigen Ressourcennutzung und Abfallwirtschaft. Sie wird daher als eine der bevorzugten Maßnahmen zur Abfallvermeidung und zur Förderung eines ressourceneffizienten Wirtschaftssystems angesehen.

Definitionen

Wiederverwendung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes [1] ist definiert als jedes Verfahren, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile, die keine Abfälle sind, wieder für denselben Zweck verwendet werden, für den sie ursprünglich bestimmt waren.

Die Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes [1] ist jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wieder für denselben Zweck verwendet werden können, für den sie ursprünglich bestimmt waren.

Wiederverwendung im Bauwesen

Im Bauwesen stellt sich die Frage, ob und inwiefern Bauteile ohne energieintensive Aufbereitung und ohne Verbleib im ursprünglichen Bauwerkskontext einer neuen Nutzung als gebrauchte Bauprodukte zugeführt werden können.

Im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Begriff Wiederverwendung nicht an die Art des Objekts gebunden und kann als Oberbegriff die Skala vom Baumaterial bis zur Gebäudestruktur durchlaufen. Im weiteren Sinne umfasst Wiederverwendung daher auch das stoffliche Recycling bzw. die Wiederaufbereitung, bei der die ursprüngliche Struktur des Produkts aufgehoben und seine Bestandteile zu einem neuen Produkt zusammengefügt werden, sowie die Weiterverwendung eines ganzen Gebäudes, das am ursprünglichen Standort verbleibt, aber für die bisherige oder eine andere Nutzung hergerichtet wird.

Im engeren Sinne sollte im Bauwesen der Begriff Wiederverwendung auf Bauteile beschränkt werden. Oder anders ausgedrückt: Wenn man von Wiederverwendung spricht, ist dies immer im kontextuellen Zusammenhang mit dem Bauelement zu verstehen.

Wiederverwendung eines Bauteils ist dann faktisch seine Behandlung als Bauprodukt unter Berücksichtigung aller Anforderungen an Material, Geometrie, Konstruktion und Einbau zur Gewährleistung des geforderten Sicherheitsniveaus [2].

Design for re-use vs. design of re-used components

Zur Steigerung der Wiederverwendung von Bauteilen im Bauwesen sind zwei Ansätze zu unterscheiden: zum einen die Entwicklung von neuen Bauteilen und Bauwerken, die für die zukünftige Wiederverwendung von Bauteilen besonders geeignet sind (design for re-use), zum anderen die Bemessung von gebrauchten Bauteilen für die Anwendung in neuen Bauwerken (design of re-used components) [2].

Wiederverwendung im DGNB-System

Im neuen DGNB Kriterienkatalog Version 2023 werden verschiedene Instrumente für die Bewertung von Ressourceneffizienz und die Förderung von Kreislaufwirtschaft zur Verfügung gestellt.

Die Wiederverwendung fließt über das Kriterium TEC 1.6 Zirkuläres Bauen in verschiedenen Aspekten in das Bewertungssystem ein. Grundlage für die Dokumentation bildet eine transparente Beschreibung des Gebäudes über den Gebäuderessourcenpass, mit dessen Hilfe sowohl Aussagen über den realisierten Wiederverwendungsanteil als auch eine Abschätzung des zukünftigen Wiederverwendungspotenzials gemacht werden können.

Darüber hinaus werden u.a. Konstruktionen ohne Material­mischung, die sich für Wiederverwendung oder Nutzung der verbauten Materialien ohne aufwendigen Recyclingprozess eignen, durch Circular-Economy-Bonuspunkte positiv bewertet.

Bauteilbörsen

Eine Wiederverwendung von Baukomponenten findet bereits heute in geringem Umfang über sog. Bauteilbörsen statt. Eine umfangreiche Wiederverwendung in der Baupraxis stellt jedoch weiterhin eine Ausnahme dar. Ziel von Bauteilbörsen ist die Förderung von zirkulären Materialflüssen über die Errichtung von Materialdatenbanken.

In der Materialbörse Madaster (abgeleitet von Material-Kataster) kann ein individueller Materialpass für jede neu eingepflegte ­Immobilie erstellt werden. Aus der Einzelaufstellung sowie der Gesamtbilanzierung der Materialien wird ein resultierender Zirkularitätsindex errechnet, welcher Aufschluss über die Wiederverwendbarkeit eines Gebäudes gibt.

Concular richtet sich als Nachfolgemodell von Restado, einer Bauteilbörse im gewerblichen sowie privaten Sektor, an Vertreter der Baubranche. Abgrenzend zu Madaster liegt der Fokus eher auf der Erfassung und Digitalisierung von Bestandsgebäuden auf Bauteilebene. Dafür kann etwa ein Jahr vor dem Rückbau ein Materialpass erstellt werden. Als Resultat kann den gelisteten Bauteilen ein Verfügbarkeitszeitraum zugeordnet werden, um Planungsprozesse zu vereinfachen. Ziel ist eine Koordination von Angebot und Nachfrage in simultanem Austausch mit dem Abriss-/Rückbauunternehmen [3].

Das gesamte Glossar ist zu finden unter www.nbau.org/glossar.


Literatur

  1. Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 2. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 56) geändert worden ist.
  2. Feldmann, M.; Bartsch, H.; Eyben, F. (2024) Establishing European Design Rules for re-used Steel Components. Steel Construction (under review).
  3. John, V.; Stark, T. (2021) Wieder- und Weiterverwendung von Baukomponenten (RE-USE): Potenzial zur systematischen Wieder- und Weiterverwendung von Baukomponenten im regionalen Kontext und Realisierung eines Pilotprojektes [online]. BBSR-­Online-Publikation 27. Bonn: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/bbsr-online/2021/bbsr-online-27-2021-dl.pdf?__blob= publication File&v=2

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