Neue Variante des Systems für nachhaltige Baustellen
Zum Tag der BAUINDUSTRIE am 14. Juni 2023 in Berlin hat die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) sieben Pilotprojekte mit einem DGNB-Zertifikat Spezialtiefbau ausgezeichnet. Dabei handelt es sich um eine neue Variante des bereits 2021 veröffentlichten DGNB-Systems für nachhaltige Baustellen. Anwendbar ist es für Hochbau- und Infrastrukturprojekte gleichermaßen.
„Wenn wir es mit dem Klima- und Ressourcenschutz im Bauen ernst meinen, ist es entscheidend, dass wir nicht beim Hochbau stehen bleiben, sondern auch infrastrukturelle Bauprojekte in den Fokus nehmen“, erklärt Dr. Christine Lemaitre, geschäftsführende Vorständin der DGNB. „Eine stärkere Sensibilisierung für die Aspekte einer ganzheitlichen Nachhaltigkeit hat mit Blick auf die Massen der dort verbauten Ressourcen eine wichtige Hebelwirkung, insbesondere in Sachen CO2-Reduktion.“
Einhaltung ökologischer und sozialer Standards als Ziele
Abhängig vom konkreten Projekt werden bei dieser DGNB-Zertifizierung unterschiedliche Spezialtiefbauleistungen betrachtet: von kompletten Baugruben über Verbauwände und Böschungssicherungen, Spund-, Schlitz- und Dichtwände bis hin zu Verankerungen und Aussteifungen, Sohlen, Gründungen und Pfählen. Auch Bodenverbesserungen, Abdichtungen, Unterfangungen, Maßnahmen zur Wasserhaltung oder Grundwasserabsenkung, Injektionen, Düsenstrahlarbeiten sowie Kompensationsinjektionen zählen dazu. Hinzu kommen die Entsorgungsarbeiten im Zusammenhang mit den Spezialtiefbauleistungen.
Übergeordnetes Ziel der Zertifizierung ist es, über die Auditierung dieser Tätigkeiten deren Nachhaltigkeit nach anerkannten und überprüfbaren Kriterien messbar und beurteilbar zu machen. Die Anwendung der Zertifizierung soll dazu beitragen, hohe ökologische Standards umzusetzen, die soziale Verantwortung auf der Baustelle zu sichern und nachbarschaftliche Belange zu berücksichtigen. Gefördert wird bspw., wenn die Bearbeitungstiefe des Spezialtiefbaus möglichst gering ist. Auch eine ökobilanzielle Auswertung der geplanten Maßnahmen sowie eine entsprechende Optimierung werden positiv gewertet.
Vier Kriterien für den nachhaltigen Spezialtiefbau
Die Zertifizierung für den Spezialtiefbau umfasst vier der fünf Kriterien, die auch beim regulären DGNB-System für nachhaltige Baustellen adressiert werden: Bauorganisation, Ressourcenschutz, Gesundheit und Soziales sowie die Qualität der Bauausführung. Elemente des Kriteriums Kommunikation mit der lokalen Öffentlichkeit wurden teilweise integriert.
Besondere Berücksichtigung beim Spezialtiefbau findet der Einsatz von Baumaschinen und Transportmaschinen. Die Gewichtung der entsprechenden Indikatoren fällt folglich höher aus. Ähnliches betrifft mit Blick auf den Ressourcenschutz das deutlich größere Maß an Bodenbewegung im Vergleich zu anderen Baustellen. Dem damit verbundenen Umfang an Verwertungs- und Wiederwendungsmöglichkeiten wird in der Bewertung Rechnung getragen. So wird u. a. eine Abfallbilanz gefordert.
Abweichungen im Vergleich zur regulären Baustellenzertifizierung der DGNB gibt es auch mit Blick auf die Qualitätssicherung. So wird im Spezialtiefbau i. d. R. eine geringere Anzahl unterschiedlicher Materialien verwendet.
Wie bei der bestehenden Baustellenzertifizierung der DGNB auch, gibt es eine Vielzahl von Mindestanforderungen, die in den Projekten verpflichtend umgesetzt werden müssen. Diese nehmen 35 % der Bewertung ein. Hinzu kommen zahlreiche variable Indikatoren, über die zusammengenommen mindestens weitere 30 % beim Zertifizierungsergebnis zu erfüllen sind. Insgesamt muss also ein Gesamterfüllungsgrad von wenigstens 65 % erreicht werden, damit ein Spezialtiefbauprojekt ein DGNB-Zertifikat erhalten kann.
Eine erfolgreiche Zertifizierung des Spezialtiefbaus kann als Grundlage dienen, um andere Formen der DGNB-Zertifizierung durchzuführen. Dies betrifft die vollständige Variante der DGNB-Zertifizierung für nachhaltige Baustellen ebenso wie die Anwendung des DGNB-Systems für Neubauten oder Sanierungen.
Auszeichnung der ersten Pilotprojekte
Entwickelt wurde die neue Variante der DGNB-Zertifizierung für den Spezialtiefbau in enger Zusammenarbeit mit den Unternehmen BAUER Spezialtiefbau, Aarsleff Grundbau, Implenia Spezialtiefbau, Stump-Franki Spezialtiefbau, Harald Gollwitzer, Züblin Spezialtiefbau sowie Keller Grundbau. Sie alle hatten sich mit Pilotprojekten an der Erstanwendung des Systems beteiligt und wurden hierfür zum Tag der BAUINDUSTRIE am 14. Juni 2023 in Berlin von der DGNB ausgezeichnet.
DGNB-System nachhaltige Baustelle – Spezialtiefbau
Informationen: www.dgnb.de/spezialtiefbau
Digitale Infoveranstaltung: 6. Juli 2023, 15 Uhr