Die Idee braucht ein Team

Portrait Dr. Bernhard Hauke
Dr. Bernhard Hauke
Quelle: Renate Schildheuer

In einem Gespräch zur Alnatura Arbeitswelt antwortete Thomas Auer vor zwei Jahren auf meine Frage, inwieweit (nachhaltige) Architektur von Architekt:innen bestimmt wird: „Die Idee […] ist schnell formuliert. Aber es braucht einen Tragwerksplaner, der den Nachweis der Standsicherheit erbringt; einen Klimaingenieur, der den klimatischen Mehrwert aufzeigt; einen Unternehmer, der das baut und die Haftung trägt; einen Architekten, der […] den architektonischen Ausdruck integriert; und nicht zuletzt den Bauherren, der das mitträgt. Die Idee ist wertlos, wenn es kein Team gibt, diese zu materialisieren.“ Ich verstehe das als uneingeschränktes Plädoyer für Teamwork beim nachhaltigen Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden und Bauwerken. Daran denken musste ich kürzlich erneut beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur, der dieses ganzheitliche Ding Nachhaltigkeit bewerten will, aber auch 2022 wieder ohne Tragwerksplanerinnen in der Jury auskommt. Stattdessen wird sich über die geballte Architekturkompetenz gefreut. Das ist, mit Verlaub, kein Qualitätsmerkmal, sondern ein Makel der einseitigen Sichtweise. Verändern wir die Art des Bauens so wirklich in der notwendigen Breite und Geschwindigkeit? Oder bleibt da doch wieder jeder in seinem angestammten Silo des sektoralen Denkens?

Ein unein­geschränktes ­Plädoyer für Teamwork beim Planen, Bauen und ­Betreiben

Weniger erwarten würde man da per se von der vermeintlich so drögen Bauindustrie, die das alles am Ende umsetzen, also wirklich bauen darf. Die Bauindustrie, die als konservativ gilt, als gesellschaft­liches Schlusslicht bei Digitalisierung und Effizienzfortschritt, neuerdings auch als Hauptursache für den Klimawandel oder zumindest als größter Verursacher von Treibhausgasemissionen. Die Bauindustrie also, die sich am Ende auch am meisten wandeln muss, die den Unterschied ausmachen kann, ja muss, diese BAUINDUSTRIE hatte im Oktober ihren ersten Nachhaltigkeitskongress. WAS – den ersten? Wo war die Bauwirtschaft in der vergangenen Dekade? Da gab es doch ganz viele gute Ideen und jede Menge Leuchtturmprojekte für mehr nachhaltiges Bauen, insbesondere von viel gelobten Architekt:innen. Sind wir damit unterm Strich entscheidend weitergekommen? Natürlich hat sich das Bauen weiterentwickelt. Aber entscheidend? Nein! Weil Bauen halt doch ganz viel mit Quantität, mit Massen zu tun hat, die überwiegend in den Ebenen der Bauwirtschaft bewegt werden. Und diese Bauwirtschaft hat ja auch nicht geschlafen, sondern – wie das unsere Arbeitsteilung vorsieht – das gebaut, was andere entwerfen, planen und berechnen. Diese Bauwirtschaft hat sich dem Wettbewerb nach den geltenden Regeln gestellt, hat sich modernisiert und verschlankt. Nun also der erste Nachhaltigkeitskongress der BAUINDUSTRIE, der ja kein Beginn, sondern ein Fortschreiben oder – wenn ich das vom Ende her beschreiben darf – ein Beschleunigen ist. Dort forderte der Vizepräsident Matthias Jacob zum wiederholten Male, ebendas Silodenken zu überwinden, Planen und Bauen im Sinne einer ressourceneffizienten Nachhaltigkeit endlich wieder kooperativ zusammen zu denken. Von der Transformation der Bauindustrie ist die Rede, die, auch wenn der Begriff ein bisschen abgenutzt klingt, schlicht alternativlos sei. Später stellte sich heraus, dass die Bauwirtschaft bereits Wiederverwendung denkt, wo die Politik noch an den rechtlichen Rahmenbedingungen für Recycling bastelt.

Auch die bayerische Bauwirtschaft ist da weiter als der scheinelitäre Deutsche Nachhaltigkeitspreis Architektur. Erstere hat sich als Branche mit allen wichtigen Playern, nicht als Summe von Einzelkämpfern, zum Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu werden, Innovationsstandort für klimafreundliches und kreislaufgerechtes Bauen zu sein und mit sechs Sofortmaßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes und des Abfallaufkommens am Bau voranzugehen. Wenn nachhaltiges Bauen nicht überwiegend ein weiteres Architekturkonzept bleiben soll, dann braucht es die Ideengeber genauso wie die planenden Ingenieur:innen und die Männer und Frauen vom Bau – als Team.

Dr. Bernhard Hauke
nbau Chefredakteur

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