A4F goes HouseEurope! für Sanierung und Bestandserhalt
Die europäische Bürgerinitiative HouseEurope!, die Architects for Future in Deutschland vertreten, möchte neue Impulse setzen, die Umbau, Sanierung und Renovierung einfacher und erschwinglicher machen. Bis 2026 wollen wir 1 Mio. EU-Bürger:innen überzeugen, unser Vorhaben zu unterstützen, und werben gemeinsam mit Vertreter:innen aus fast allen EU- Ländern um Unterzeichner:innen.
Grundlage der Bürgerinitiative sind konkrete Vorschläge gesetzlicher Änderungen, welche sich im Wesentlichen in drei Bereiche zusammenfassen lassen:
- Mehrwertsteuerbefreiung für Bestandssanierung
- Einheitliche und faire Kriterien zur Risikobewertung von Bestandsgebäuden
- Bilanzierung der Energie über den Lebenszyklus (LCA) unter Berücksichtigung des Bestands
Diese sollen Impulse setzen für eine europäische Bauwende und für eine neue Wertschätzung unserer gebauten Umwelt und die Aufgabe, sie kreativ weiterzuentwickeln und als große Chance zu begreifen. Gebäude und Gemeinschaften sollen erhalten, eine gerechtere und lokalere Bauindustrie geschaffen, Energie und Ressourcen gespart und die Geschichte und Erinnerungen unserer Baukultur bewahrt werden.
Dass Abriss zur absoluten Ausnahme werden muss, ist aus kulturellen, sozialen, ökonomischen Gründen und nicht zuletzt aufgrund der erheblichen Umweltauswirkungen in Fachkreisen weitgehender Konsens. Der Abbruch und Bau von Bauwerken verursacht rd. 55 % des Gesamtabfallaufkommens und verbraucht rd. 90 % der mineralischen Rohstoffe. Auf den Bau- und Immobilienbereich gehen aber auch knapp 40 % der CO 2 -Emissionen zurück. Da ein erheblicher Anteil der Emissionen durch die Produktion der Baustoffe entsteht, verschlechtert der Neubau zunächst die Gesamtbilanz, anstatt sie – wie häufig suggeriert – zu verbessern. Die Selbstverständlichkeit, mit der wir Gebäude abreißen, um sie durch neue zu ersetzen, stammt aus einer Zeit, als Ressourcen und Energie unerschöpflich schienen. Heute ist klar: Ressourcen sind endlich. Sie dürfen nicht weiter für unnötige Neubauten verschwendet werden.
Die Erhaltung bestehender gebauter Strukturen trägt dazu bei, soziokulturelle Strukturen zu bewahren und ein Gefühl von Identität und gewachsener Gemeinschaft zu fördern. Neubau ist für einen Großteil der Bevölkerung unerschwinglich und bedeutet oftmals Gentrifizierung. Doch selbst wenn Bewohner:innen eines Gebäudes es sich leisten könnten – wer für einen Abriss und Neubau umzieht, kehrt selten nach mehreren Jahren Bauzeit zurück und verliert somit sein soziales Umfeld. Da es aktuell keine rechtlich verbindliche Prüfung gibt, ob ein Gebäude abgerissen werden kann, entscheiden Eigentümer:innen und Investor:innen weitestgehend alleine, ob ein Gebäude erhaltenswert ist. Die zahlreichen Gebäude, die in den letzten Jahrzehnten meist für eine lukrativere Ausnutzung des Baugrunds abgerissen wurden, sind heute nur noch Schotter unter Straßen. Die sozialen Bindungen, Geschichten und Erinnerungen sind unwiederbringlich verschwunden.
Die EU hat sich rechtlich verpflichtet, den Gebäudebestand bis 2050 zu dekarbonisieren. Damit die zur Verfügung stehende regenerative Energie ausreicht, muss der Anteil von aktuell 40 %, der für das Heizen und Kühlen von Gebäuden verbraucht wird, sinken. Das Potenzial liegt in der Erhaltung des Bestands, denn aus bereits genannten Gründen ist es weder sinnvoll und wünschenswert noch möglich, den Bestand durch energieeffiziente Neubauten zu ersetzen. Aktuell sind etwa 75 % des europäischen Gebäudebestands nicht saniert, das entspricht knapp 100 Mio. Gebäuden, die in den nächsten 25 Jahren energetisch saniert werden müssen. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste sich die Sanierungsquote ab sofort verdreifachen. Offensichtlich reichen die aktuellen Instrumente nicht als Anreize aus, um die Ziele des Green Deal zu erreichen.
Der Baubereich ist einer der profitabelsten und wichtigsten Märkte in der EU und gerät zunehmend in wirtschaftliche Not. Der in den letzten Jahrzehnten fokussierte Neubau ist aus ökonomischen Gründen eingebrochen. Eine starke Sanierungsoffensive würde hier alternative Aufträge bedeuten und nicht nur Arbeitsplätze sichern, sondern auch neue schaffen. Während vom Neubau eher große multinationale Konzerne profitieren, tun dies von Sanierung und Umbau eher kleine und mittelständische Unternehmen.
Unterstützt HouseEurope! mit eurer Unterzeichnung der Petition unter www.houseeurope.de und werdet gemeinsam mit uns aktiv. Gemeinsam für die Bauwende, gemeinsam für Bestandserhalt und Sanierung!