Wildnisgebiete dienen Artenvielfalt, Klimaschutz und Naturerlebnis – Bund und Länder müssen eigenes Flächenpotenzial nutzen
Lediglich 0,62 % der Flächen in Deutschland sind Wildnisgebiete. Mehr als 2 % könnten es sein. Das ist das Ergebnis der ersten bundesweiten Wildnisbilanzierung, die die Heinz Sielmann Stiftung, die Naturstiftung David und die Zoologische Gesellschaft Frankfurt veröffentlicht haben. Als Teil der Initiative Wildnis in Deutschland betont der NABU die besondere Bedeutung von Wildnisgebieten für Mensch, Natur und Wissenschaft.
Christian Unselt, Vorsitzender der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe: „In Wildnisgebieten hat die Natur wieder Raum und Zeit, sich aus eigener Kraft zu entwickeln. Doch im dicht besiedelten Deutschland sind Gebiete, in denen sich die Natur frei entfalten kann, sehr selten geworden. Dabei wünscht sich eine große Mehrheit der Deutschen mehr Wildnis vor der eigenen Haustür. Sie ist nicht nur ein Ort für Naherholung und Naturerlebnisse, sondern kann auch dem natürlichen Wasserhaushalt und als Kohlenstoffspeicher im Kampf gegen die Klimakrise dienen. Nicht zuletzt ist sie für Forschung und Wissenschaft ein spannendes Echtzeit-Labor, das zeigt, wie sich Natur unter den aktuellen Bedingungen ohne menschliche Steuerung entwickelt.“
Die Bundesregierung möchte in ihrer Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt auf mindestens 2 % der Landfläche Deutschlands Wildnis entstehen lassen. Laut NABU tragen Bund und Länder daher eine besondere Verantwortung, das Potenzial ihrer eigenen Flächen zu nutzen. Neben den Kernzonen von Nationalparks und einigen großen Naturschutzgebieten ist Wildnis mittlerweile auch auf Flächen der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe zu finden – etwa im Naturparadies Grünhaus in Südbrandenburg, im Laubacher Wald im hessischen Vogelsberg und dem Anklamer Stadtbruch in Mecklenburg-Vorpommern. Die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe setzt sich aktiv für mehr Wildnis in Deutschland ein, indem sie Flächen für die natürliche Entwicklung sichert.
Hintergrund: Was sind Wildnisgebiete?
Wildnisgebiete sind ausreichend große und weitgehend unzerschnittene, dauerhaft nutzungsfreie Gebiete. Neben natürlichen Lebensräumen kann Wildnis auch auf stark vom Menschen geprägten Flächen entstehen – wie bspw. ehemaligen Bergbau- und Militärflächen. Damit sich natürliche Prozesse in ihren vielfältigen Ausprägungen wirksam entfalten können und Konflikte mit der angrenzenden Kulturlandschaft minimiert werden, bedarf es möglichst großer und zusammenhängender Gebiete. Als Untergrenze für großflächige Wildnisgebiete haben Bund und Länder einen Flächenumfang von 1000 ha definiert (500 ha bei Auen, Mooren, Küsten und Seen).