Zukunft 4.1

Warum wir die Welt nur digital mit KI retten oder gar nicht

Wir leben in komplizierten und aufregenden Zeiten, das wird wohl kaum jemand bestreiten. Die Komplexität unseres Lebens wurde u. a. auch durch die Globalisierung unserer Welt ausgelöst bzw. verstärkt. Seit dem Beginn der 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren es v. a. die großen globalen Megatrends, die unser aller Lebenswirklichkeit verändert haben. Allen voran die Digitalisierung und die Klimakrise. Und aus diesen Megatrends ist in den vergangenen Jahren ein neuer entstanden: Nachhaltiges Wirtschaften wird zur Pflicht! Hier in Deutschland, in Europa, letztlich in der ganzen Welt.

Nachhaltigkeit und künstliche Intelligenz in der vierten industriellen Revolution

Machen wir uns an dieser Stelle endlich einmal ehrlich: Das bedeutet, dass jedes Unternehmen, welches es nicht schafft, in den nächsten 15 Jahren sein ganzes Geschäftsmodell komplett nachhaltig, klimaneutral und in Form einer Kreislaufwirtschaft zu organisieren, vom Markt ausscheiden wird. Weil es nicht mehr geht und die Gesellschaft unter dem Druck zunehmender Klima- und Umweltkrisen es nicht mehr zulassen wird, dass Unternehmen ihren Profit auf dem Rücken von Umwelt, Biodiversität, Klima bzw. auf dem Rücken der Gesellschaft organisieren.

Was wir begreifen müssen, ist die Tatsache, dass wir aktuell in der Zeit der vierten indu­striellen Revolution leben – und diese wird unser aller Lebenswirklichkeit mehr und schneller verändern, als die drei industriellen Revolutionen, die bereits hinter uns liegen, es ­getan haben. Die Ursache für die Geschwindigkeit und Vehemenz dieser riesigen Transformation liegt in dem Wunder begründet, das im Zentrum dieser Revolution liegt: künstliche Intelligenz. Wer heute mit ChatGPT oder einem der anderen Tausenden KI-Systeme experimentiert und arbeitet, wird immer wieder einmal Zweifel bekommen, ob diese Technologie wirklich zu solch dramatischen Veränderungen führen wird. Aber lassen Sie sich eines gesagt sein: Warten Sie ab, haben Sie bitte etwas Geduld….

Erinnern Sie sich noch an Gordon Moore? Der Mann war ein Innovator, ein Utopist und großartiger Unternehmer. Der Gründer von Intel wagte es Mitte der 1960er-Jahre, der Welt eine mutige und womöglich abenteuerliche Utopie mit auf den Weg zu geben. „Ich prophezeie, dass sich die Leistungsfähigkeit unserer Computerchips in der Zukunft ca. alle 18–24 Monate verdoppeln wird.“ So seine mutige Aussage.

Er wurde belächelt und verspottet. Weil kaum jemand sich vorstellen konnte, dass eine solche technische Entwicklung tatsächlich über Jahrzehnte hinweg möglich sein könnte.
Gordon Moore hatte recht. Damals befanden sich ca. 1000 Transistoren auf einem Computerchip. Im Jahr 2023 waren es mehr als 50 Mrd.

Weil er recht hatte, leben wir heute in einer derart komfortablen Welt, der besten Welt, die es je für Menschen gegeben hat. Diese technologische Entwicklung war die Basis für das, was wir heute Digitalisierung nennen.

Und diese Digitalisierung war das Warm-up zu dem, was jetzt passiert. Das Warm-up zu dieser gigantischen Fußballweltmeisterschaft, die jetzt begonnen hat und bei der wir uns gerade in Minute 1 des ersten Vorrundenspiels befinden. Was meine ich damit?

KI wird Dinge ­möglich machen, die wir uns in unseren kühnsten Träumen nicht vorstellen ­können

Jensen Huang, CEO von NVIDIA, Innovator, Visionär und Gründer des Unternehmens, beschrieb vor einigen Monaten die aktuellen Leistungssteigerungen unserer KI-Systeme mit einer Verdopplung nach jeweils ca. sechs Monaten. Wenn das so anhält – und das prophezeit Jensen –, dann bedeutet dies, dass in fünf Jahren diese Systeme ca. 1000-mal so leistungsfähig sind wie heute. 1000-mal … In zehn Jahren werden sie ca. 1.000.000-mal so leistungsfähig sein wie heute. 1.000.000-mal …

Sollten Sie also heute bei ChatGPT Schwächen wahrnehmen, was Sie mit Recht tun werden, dann seien Sie bitte etwas geduldig. KI ist das Zentrum dieser vierten industriellen Revolution und wird Dinge möglich machen, die wir uns alle selbst in unseren kühnsten Träumen nicht vorstellen konnten und können. Und das ist gut so. Denn sie wird uns ­innerhalb weniger Jahre in die Lage versetzen, sehr viele Dinge anders und besser zu machen als bisher. Sie wird uns dabei unterstützen, die großen Herausforderungen dieser unserer Zeit zu lösen. Und das sind im Wesentlichen diese:

Wie schaffen wir es, in Zukunft ca. 10 Mrd. Menschen täglich mit gesunder Nahrung, der benötigten Menge an Energie und der benötigten Fähigkeit zur Mobilität zu versorgen, ohne gleichzeitig unseren Planeten endgültig zu plündern und dann am Ende den Säugetieren und damit auch der Gattung Mensch die Lebensgrundlage zu nehmen? Aktuell tun wir das.

Und die Tatsache, dass alle 10 Mrd. Menschen genauso komfortabel und reich leben wollen wie wir (und wer will ihnen das verwehren?), macht die Sache nicht einfacher. Wie kann das funktionieren? Nur mit dem Einsatz der modernsten Technologien, die es uns möglich machen werden, die heutigen Prozesse wesentlich effizienter, umwelt- und klimafreundlicher und v. a. ressourcenschonender zu organisieren.

Ernährung

Was ist das Problem? Warum kommen fast 30 % des globalen CO2-Ausstoßes aus der Nahrungsmittelproduktion? Sie wissen das: Fleisch!

Die allermeisten Menschen essen gerne Fleisch. Und auch, wenn in manchen industrialisierten Ländern der Fleischkonsum durch Veganismus etc. zurückgeht, global betrachtet steigt er rapide an. Warum?

Weil wir jeden Tag ca. 250.000 mehr Menschen auf diesem Planeten sind. Jeden Tag.
Und, weil gerade in Asien immer mehr Menschen das Schweinefleisch für sich entdecken. Und ja, es stimmt: Wachsender Wohlstand führt zu immer mehr Fleischkonsum. Und bei jedem Kilogramm Fleisch, welches produziert wird, steigt der CO2– und Methan-Ausstoß. Wälder werden gerodet, um Soja und andere Futtermittel anzubauen, Böden und Grundwasser mit Nitrat verseucht, Antibiotikaresistenzen in unseren Körpern gezeugt. Es ist eine lange Palette an Problemen, die durch den Konsum von Fleisch entsteht – jenseits der gesundheitlichen Probleme in jedem einzelnen Konsumenten und der Verbrechen an den armen Viechern in Teilen der industriellen Landwirtschaft. Machen wir uns ehrlich: Es gibt hier nur zwei Möglichkeiten, die globalen Probleme zu lösen:

  1. Wir hören alle endgültig auf, Fleisch zu essen. Ernsthaft, es gibt keine Chance, Milliarden von Menschen in so kurzer Zeit davon zu überzeugen. Wohlgemerkt, der Konsum nimmt zu, nicht ab.
  2. Wenn die meisten Menschen unbedingt Fleisch essen wollen, dann müssen wir halt die Fähigkeit entwickeln, Fleisch anders herzustellen. Genauso lecker, aber ohne all die fürchterlichen Folgen für die armen Viecher und die Umwelt. Die gute Nachricht lautet: Wir können das!Es gibt zahlreiche ­Innovationen in der Lebensmittel­produktion, die uns helfen werden, die ­bisherigen Probleme zu lösen

Die Technologie nennt sich In-vitro-Fleischerzeugung oder anders: kultiviertes Fleisch. Da sprechen wir über Stammzellentechnologie. Diese Zellen werden Tieren, Hühnern oder Fischen entnommen, was unschädlich ist, und anschließend mit Nährstofflösung versetzt, in einem Bioreaktor zum Wachstum und zur Vermehrung angeregt. Ein digital gesteuerter Prozess, bei dem das gleiche Fleisch wie am Knochen entsteht, allerdings viel schneller. Es ist also kein Kunstfleisch, sondern das gleiche Fleisch, das lediglich an einem anderen Ort gewachsen ist. Sieht genauso aus, fühlt sich genauso an und schmeckt genauso. Die Technologie funktioniert, und in einigen Ländern kann man derartige Produkte bereits kaufen. Die Herausforderung besteht nun darin, das Ganze im industriellen Maßstab zu produzieren. Eine Aufgabe – ja, aber all die Unternehmen, die aktuell weltweit daran arbeiten, sind optimistisch, dass wir schon in wenigen Jahren dieses Fleisch im Supermarkt werden kaufen können. Sie glauben nicht, dass Sie das kaufen werden? Ich schon. Spätestens wenn es 10 Cent günstiger ist als das bisherige. Es gibt zahlreiche Innovationen in der Lebensmittelproduktion, die uns helfen werden, die bisherigen Probleme zu lösen. Unter anderem auch das Indoorfarming, auch Urban Farming genannt (Bild 1). In Containern oder riesigen unterirdischen Anlagen wachsen bereits heute, v. a. in Asien, Salate, Kräuter und Gemüse nicht in Böden, sondern schwimmend in Nährstofflösungen. Von Sensoren, Kameras und KI-Systemen überwacht, bekommt jede einzelne Pflanze genau das, was sie benötigt.

Die ungeheure Effizienz dieser Anlagen liegt darin begründet, dass hier die perfekte Welt für die Pflanzen geschaffen wurde. Kein Starkregen, keine Dürre, kein Schädling. Demzufolge keine Insektizide, Pestizide oder Herbizide, die hier zum Einsatz kommen. Aber ja, es wird viel Strom benötigt. Natürlich grüner Strom. Womit wir beim Thema der Energieversorgung sind.

Energie

Was ist eigentlich das Problem? Warum tun wir uns so schwer mit dieser Energiewende?
Ganz einfach. Weil wir uns fast drei Jahrzehnte mit dieser dummen Energiewende beschäftigt haben, in der es immer nur um das Thema der Stromproduktion ging. Erst in der jüngsten Vergangenheit haben Politik und Energiewirtschaft endlich begriffen, dass wir nun in die intelligente Energiewende hinüberwechseln müssen. Das meint: Sektorenkopplung.

Vernetzung, Datenanalyse und intelligente Steuerung sind die Zauberwörter

Endlich wurde verstanden, dass wir beim Thema Energieverbrauch viel mehr Energie in der Wärme, der Mobilität und der Industrie verbrauchen als beim Einsatz von elektrischer Energie bisher. Die intelligente Energiewende führt dazu, dass wir diese Sektoren endlich gemeinsam betrachten und diese zunehmend miteinander verknüpfen. Natürlich durch digitale und KI-gesteuerte Systeme. Das führt dazu, dass wir in Gebäudekomplexen oder industriellen Anlagen zu enormen Effizienzsprüngen kommen können. Abwärme wird genutzt, um z. B. Kälte zu erzeugen, Stromüberschüsse aus der eigenen Solaranlage (Bild 2) werden genutzt, um die Pkws und Transporter zu laden. Vernetzung, Datenanalyse und intelligente Steuerung sind hier die Zauberwörter.

Es ist eine ungeheure Revolution, die hier abläuft. Fast alles, was wir in unserer Gesellschaft bisher durch das Verbrennen von Öl, Gas und Kohle erzeugt und betrieben haben, wird zukünftig in elektrischer Form umgesetzt. Und was ist die Folge?

Ganz einfach: Unser Strombedarf wird dramatisch steigen, ist doch logisch. Nach allen aktuellen Studien wird er sich im Rahmen dieser großen Transformation in Deutschland ungefähr verdoppeln gegenüber heute. Mist, oder? Der Habeck hat’s versaut.

Die Wahrheit ist aber auch, dass sich unser Energieverbrauch insgesamt, also der Primärenergieverbrauch, parallel in etwa halbieren wird. Wow, oder? Wie soll das gehen? Der Stromverbrauch verdoppelt sich und gleichzeitig halbiert sich der Energieverbrauch insgesamt? Wie geht das?

Ganz einfach. Es liegt an der Effizienzsteigerung, die mit dem Umstieg von emissionsreichen thermischen Verbrennungsprozessen auf saubere elektrische Prozesse zusammenhängt. Bei fast jedem Umstieg werden wir in etwa um den Faktor 4 effizienter. Beispiele: Das E-Mobil ist ungefähr 75–80 % effizienter als ein Verbrenner, die Wärmepumpe ca. 75 % effizienter als eine Gas- oder Ölheizung. Das ist der Grund, warum wir zukünftig viel mehr Strom benötigen werden und parallel dazu aber insgesamt immer weniger Energie verbrauchen, da wir die ineffizienten Verbrennungssysteme abschalten und daher glücklicherweise immer weniger Öl, Gas und Kohle bei irgendwelchen Oligarchen und Diktatoren einkaufen und verbrennen werden.

Eine der Folgen ist auch, dass jeder Gebäudeinhaber und jedes Unternehmen versuchen müssen, so viel Energie selbst zu erzeugen, wie es nur möglich ist. Denn nur der selbst erzeugte Strom ist in Verbindung mit entsprechenden Speichersystemen wirklich verlässlich, grün, preiswert und preisstabil. Für die Bauindustrie bedeutet das eine große He­rausforderung, denn wir brauchen intelligente Lösungen, um möglichst jede geeignete Fläche an einem Gebäude und auf einem Grundstück zu einem Kraftwerk zu machen.

Grundsätzlich muss man feststellen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien in den letzten zwei Jahren auch in Deutschland gewaltig vorangekommen ist und wir nun wieder auf einem guten Weg sind, da die gesetzlichen Rahmenbedingungen mittlerweile auf das Gelingen ausgerichtet sind. Hätten wir die 16 Jahre davor nicht geschlafen bzw. diese Veränderungen politisch sabotiert, dann würden wir heute über die Energiekosten lachen. Bei der Gelegenheit noch ein Hinweis zum aktuell diskutierten Thema des Einsatzes von Atomenergie: KI-Systeme und Datenzentren benötigen sehr viel Strom, und deshalb denken immer mehr der großen KI-Giganten neben dem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien auch über den Einsatz einer neuen Generation von Atomkraftanlagen nach. Das ist nachvollziehbar, aber auch riskant. Denn bislang gibt es weltweit keine einzige Anlage dieses Typs, die bereits gebaut und betrieben würde. Ob diese Anlagen in Zukunft das einhalten können, was heute gehofft wird, ist unbekannt. Wir werden noch ca. fünf bis zehn Jahre abwarten müssen, ob es gelingen wird oder nicht. Das Gleiche gilt für das Thema der Kernfusion. Eine traumhafte Technologie, von der man nur hoffen kann, dass sie eines Tages wirklich funktioniert.

Über einen Neubau von AKWs in Deutschland wird ja glücklicherweise nicht wirklich diskutiert. Neben der Tatsache, dass es mindestens 15 Jahre dauern würde, bis auch nur ein einziges davon hier gebaut würde, wäre niemand von uns bereit, den Strom daraus zu bezahlen, da es mit Abstand die teuerste Kilowattstunde der Stromwirtschaft wäre. Ohne erhebliche staatliche Subventionen wäre das nicht marktfähig. Es käme aber auch zu spät, weil wir bis dahin längst annähernd zu 100 % mit Erneuerbaren versorgt sein werden. Weshalb es auch keinen Sinn macht, ältere und bereits abgeschaltete Anlagen wieder in Betrieb zu nehmen, ist neben dem Kostenfaktor und den technischen Risiken v. a. das neue Stromdesign. In einem Strommarkt, in dem die wesentliche Versorgung über Wind- und PV-Anlagen erfolgt – und das ist bei uns jetzt schon der Fall –, braucht es ausschließlich flexible Gas- bzw. Wasserstoffkraftwerke, die jederzeit schnell hoch- und runterfahren können, als Ergänzung. Ist ja logisch. Wenn Wind und Sonne wegfallen, braucht es Ersatz – sind sie wieder da, kann der Ersatz wieder abgeschaltet werden. Das ist genau das, was unsere abgeschalteten AKWs eben nicht können. Das sind sog. Grundlastkraftwerke, die einmal eingeschaltet werden und dann monatelang durchlaufen. Auch dann, wenn sie gar nicht gebraucht würden. Das würde aber dazu führen, dass wir, wie in der Vergangenheit, ständig saubere Windkraftanlagen teuer abschalten und vergüten müssten, weil die Netze mit dem Strom der AKWs verstopft sind. Das ist volkswirtschaftlicher Irrsinn, den wir jetzt endlich beenden können, wenn die Netze vernünftig ausgebaut sind und wir den Überschussstrom aus dem Norden in den Süden bringen werden.

Mobilität

Kaum ein Thema prägt die Entwicklung unserer Städte mehr als die Mobilität.
Das ist so bedeutsam, weil es unseren unmittelbaren Lebensraum betrifft. Die Frage, ob wir als Gesellschaft ein gutes Leben leben können, hängt unmittelbar damit zusammen.
Wie mobil sind wir? Welche Luft atmen wir ein und welchem Lärm sind wir ausgesetzt? Wie sehr macht uns das krank? Wie können wir uns bewegen und wie fair sind die Interessen der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer austariert?

Insgesamt muss man feststellen, dass wir im Bereich der Mobilität über einen dreistufigen Transformationsprozess sprechen, der längst begonnen hat.

Im ersten Schritt wechseln wir den Antrieb. Weg vom dreckigen, lauten und ineffizienten Verbrennungsmotor hin zu einem sauberen, leisen und effizienten Elektromotor. Macht Sinn, hätten wir auch schon einige Jahrzehnte früher machen können. Und auch wenn aktuell in Europa die Verkaufszahlen der E-Mobile etwas schwächeln, die deutschen Hersteller unter ihrem Versagen der Vergangenheit leiden, der Drops ist gelutscht.

Global betrachtet ist das Rennen längst entschieden und die Elektromobilität wird sich bei Pkws und Lkws definitv durchsetzen. Bei sehr großen Gefährten – und nur da –, wie z. B. großen Schiffen und Flugzeugen, werden wir mit Wasserstoff und E-Fuels arbeiten müssen, obwohl diese so ineffizient und teuer sind. Es gibt noch keine Alternative dazu.
Aber dieser erste Schritt ist eigentlich trivial.

KI- und Robotik­systeme ersetzen den zu Fehlern neigenden Menschen. Das macht Sinn

Viel wichtiger ist der zweite: Wir wechseln nach dem Antrieb die Fahrerin und den Fahrer.
Im Zeitalter des autonomen Fahrens von Mobilen ändert sich fast alles. KI- und Robotiksysteme ersetzen den zu Fehlern neigenden Menschen. Das macht Sinn. Denn die allermeisten Unfälle sind auf menschliches Versagen zurückzuführen. Wir fahren zu schnell, überholen, wo es nicht erlaubt ist, lesen Nachrichten während der Fahrt oder schauen Videos, wir sind manchmal abgelenkt, betrunken oder haben andere Drogen konsumiert. Vielleicht sind wir auch nur alt und können längst nicht mehr gut sehen oder reagieren. KI-Systeme kiffen nicht und lassen sich nicht ablenken. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie besser fahren, als je ein Mensch gefahren ist. Das ist der Beginn des dritten Wechsels, denn in dem Moment, in dem Autos ohne Lenkrad und Gaspedal unterwegs sind, werden Sie nie wieder auf die Idee kommen, ein Auto zu kaufen. Weil es keinen Sinn mehr macht. Was sollten Sie auch damit machen? Würden Sie es 23,5 Stunden am Tag einsperren oder auf einem Parkplatz abstellen, so wie heute? So verrückt können Sie nicht sein. Das Ding ist eine Gelddruckmaschine. Es kann 24 Stunden am Tag Menschen oder Güter von A nach B bringen. Es ist eben kein Stehzeug, wie man unsere heutigen Pkws bezeichnen müsste, sondern tatsächlich ein Fahrzeug. Dieses Zeitalter der Schwarmmobilität, wie wir es nennen, bezeichnet eine Zeit, in der Schwärme von Mobilen überall in unseren Städten und im ländlichen Raum unterwegs sein werden. Jede und jeder kann sie auf Knopfdruck nutzen. Egal ob jung oder alt, egal ob Besitzer eines Führerscheins oder nicht, egal ob nüchtern oder volltrunken. Nutzen können wir immer das Fahrzeug, das jetzt gerade Sinn macht, nicht jenes, das zufällig gerade in der Garage steht. Sie sind alleine – es kommt ein Einsitzer. Die Familie ist dabei – es kommt das SUV. Sie sind müde – fordern Sie das Wellnessmobil an, oder das Businessmobil, wenn Sie arbeiten wollen. Räume auf Rädern werden uns zukünftig stets von A nach B bringen. Schnell, sauber, absolut sicher, komfortabel und sehr preiswert. Um ca. 70 % werden unsere Mobilitätskosten im Schnitt sinken. Warum? Weil es so viel effizienter ist. Diese Mobile stehen eben nicht 95 % der Zeit im Weg, sondern sie arbeiten permanent und reduzieren dadurch die Kosten des Systems. Dank der KI-Systeme wird es möglich sein, diese Schwärme effizient und weitestgehend unfallfrei durch unsere Städte zu navigieren und uns eine nie da gewesene Mobilität zu ermöglichen. Genießen Sie die viele Zeit, die Ihnen geschenkt wird, die Sie nicht mehr hinter dem Steuer verharren müssen. Lesen Sie, schauen Sie Videos, widmen Sie sich Ihren Kindern während der Fahrt oder schmusen Sie mit dem Liebsten. Machen Sie während der Fahrt, was Sie wollen, es ist endlich möglich.

Und unsere Städte? Denen steht die größte Chance ihrer Geschichte bevor. Stellen Sie sich für einen Augenblick Ihre Heimatstadt ohne Stehzeuge vor. Hunderttausende Stellplätze in jeder Straße, vor dem Kino, dem Supermarkt, in jedem Gewerbegebiet. Die allermeisten davon werden überflüssig. Individualverkehr und ÖPNV verschmelzen in einem System. Niemand stellt sich noch an eine Bushaltestelle und wartet 15 Minuten auf einen Bus, wenn er auf Knopfdruck komfortabel zum Ziel kommt. Unsere Lebensqualität steigt nicht nur, weil Lärm, CO2, NOx kein Thema mehr sind, sondern auch, weil niemand mehr Winterreifen wechseln muss, keine Parktickets oder Knöllchen zu bezahlen sind und v. a. wir niemals mehr einen Parkplatz suchen müssen. Suchen Sie gerne einen Parkplatz?

Was machen wir mit dem ganzen Platz, der in unseren Städten plötzlich frei wird? Werden Sie kreativ. Denken Sie sich Ihre Heimatstadt neu. Die Potenziale sind riesig. Sozialer Wohnungsbau, Spielplätze, Fahrradwege, Gärten und Parks – was können wir nicht alles mit diesen bislang blockierten Flächen anfangen? Zum Beispiel wirtschaftliche Entwicklung. Ein Drittel der Flächen in unseren Gewerbegebieten wird häufig für Stellplätze genutzt. Welch ein Potenzial …

Finale

Es sind gewaltige Veränderungen, die da in den kommenden Monaten und Jahren auf uns zukommen. Viele sind mit Risiken verbunden, natürlich. Denn KI ist nicht nur die größte Schöpfung der Menschheit, wie Steven Hawkings einst sagte, sondern eben auch nach der Atombombe und dem Klimawandel das dritte Tool, welches wir entwickelt haben, das uns alle töten könnte, wie er weiter ausführte.

Es sind gewaltige Veränderungen, die da in den kommenden Monaten und Jahren auf uns ­zukommen

Deshalb braucht KI natürlich internationale Regeln, Leitplanken und Kontrollsysteme.
Wir müssen lernen, mit den Risiken dieser neuen Technologie umzugehen. Dafür brauchen wir Digitalkompetenz. Wir alle. Und das meint mehr, als ein Smartphone bedienen zu können. Aber wenn wir uns diese Fähigkeiten aneignen, dann werden wir nicht nur lernen die Risiken zu erkennen und zu minimieren, sondern wir werden die gigantischen Chancen erkennen und nutzen lernen. Und da bin ich mir völlig sicher, die Chancen sind wesentlich größer für unsere Gesellschaft als die Risiken.

Wir werden in der näheren Zukunft sehr viel Mut brauchen, was nicht einfach ist in einem Land voller Angsthasen. Aber wir brauchen jetzt diesen Mut, weil wir uns auf Dinge werden einlassen müssen, auf die wir uns früher niemals eingelassen hätten. Wir müssen jetzt ja sagen, wo wir früher immer nein gesagt hätten.

Wir müssen etwas wagen lernen, Risiken eingehen und Niederlagen akzeptieren.
Wenn wir das tun, dann werden wir lernen, zukünftige Entscheidungen immer auch mit dem Blick in die Welt von übermorgen zu treffen und nicht nur mit dem Blick zurück auf das Erlebte. Wir sind die Generation, die jetzt diesen fantastischen Planeten bewohnt, und wir spielen gerade das Finalspiel. Wir entscheiden gemeinsam, ob die Säugetiere und die Gattung Mensch eine gute Zukunft auf diesem Planeten haben werden oder keine.

Alle Generationen vor uns haben die jeweiligen Probleme ihrer Zeit irgendwie gelöst, sonst säßen wir heute nicht so bequem hier, in der besten Welt, die es je für Menschen gegeben hat. Jetzt sind wir dran. Wir müssen das jetzt gemeinsam machen!


Autor:in

Jörg Heynkes, mail@joergheynkes.de
Unternehmer, Autor, Netzwerker, Wuppertal
www.joergheynkes.de

Jörg Heynkes (1962) 1980 Ausbildung zum Industrie- und Werbefotografen; 1985–1995 Gründung Fa. Visuelle Kommuni­kation; 1995–2000 Gründung Fa. Push ­Interactive Eventmarketing, Multimedia, Webdesign; seit 1997 Projektentwickler VillaMedia etc.; 2000–2020 VillaMedia Gastronomie, Eventlocation; 2009 Gründung Aufbruch am Arrenberg e. V.; 2013–2021 Vizepräsident Bergische Industrie- und Handelskammer; seit 2013 Entwicklung klimafreundliches Energienetzwerk VillaMedia; 2016 Deutscher Solarpreis; 2017 Gründung Fa. Entrance Robotics; seit 2018 stv. Vorsitzender Landesverband NRW Erneuerbare Energien; 2019 Gründung Fa. Utopia Invest Beteiligungsgesellschaft; 2020 Beteiligung an Forschungsprojekten zu Urban Farming; seit 2021 klimaneutrale Arealentwicklung in Wuppertal mit Mehrgenerationenwohnen, Physiotherapie, Urban Farming, Gastronomie, Hofladen, Akademie

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