Das Wohn- und Gemeinschaftsprojekt Collegium Academicum in Heidelberg wurde mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur ausgezeichnet. Die Jury würdigte neben der architektonischen Qualität des selbstverwalteten Projekts auch die Eigeninitiative einer Gruppe junger Menschen. Entstanden ist ein zukunftsfähiges Areal, in dem die Gemeinschaft nachhaltig gestärkt wird.
„Das Collegium Academicum ist ein Paradebeispiel dafür, wie gemeinschaftliches Planen, Bauen und Leben funktionieren kann“, sagt Prof. Amandus Samsøe Sattler, DGNB-Präsident und Vorsitzender der Jury. „Die Eigeninitiative einer jungen Generation und das auf allen Ebenen gelungene Ergebnis stimmt zuversichtlich, dass es uns als Gesellschaft gelingen kann, unsere ureigenen Bedürfnisse in einer sowohl gleichberechtigten als auch nachhaltigen Gemeinschaft zusammen mit anderen zu erfüllen.“
Collegium Academicum setzt ein Zeichen für gemeinschaftliches Bauen
Als Reaktion auf fehlenden bezahlbaren Wohnraum und aus dem Bedürfnis heraus, ökologisch vertretbar zu leben, wurde das Projekt Collegium Academicum von einer Gruppe junger Aktivistinnen und Aktivisten ins Leben gerufen. Umgesetzt wurde es im Zuge der Internationalen Bauausstellung in Heidelberg in einem partizipativen Entwurfs- und Bauprozess. Heute ist das Collegium Academicum das größte selbstverwaltete und selbstfinanzierte Wohn- und Gemeinschaftsprojekt für Menschen in der Ausbildung in Deutschland.
Auf der Fläche eines ehemaligen US-Militärhospitals ist das Areal mit zwei sanierten Bestandsbauten und einem Neubau Entree für ein entstehendes Quartier. Gleichzeitig spielt es eine Schlüsselrolle bei der Wiederbelebung des lange Zeit brachliegenden Stadtteils Rohrbach. Das Projekt ist Vorbild für sozial gerechte und gesellschaftsbildende Nachbarschaft, nachhaltiges Bauen, Nachnutzung und eine klimaangepasste Architektur.
Der von DGJ Architektur entworfene Holzneubau vereint im Sinne der Suffizienz flexibles und flächensparendes Wohnen, Leben und Lernen, ohne dabei auf Qualität zu verzichten. Neben Wohnraum gibt es auch Gemeinschaftsflächen wie eine Aula für Veranstaltungen, Werkstätten oder Seminar- und Arbeitsräume. Innerhalb der 46 Wohngemeinschaften verändern die Bewohner:innen dank flexibler Trennwände ihre Individualfläche zwischen 7 m² und 14 m² eigenständig, wodurch der gemeinschaftlich genutzte Bereich je Wohnung entsprechend größer oder kleiner wird.
Sozial gerechte Transformation bei allen drei Finalisten spürbar
Neben dem Collegium Academicum in Heidelberg standen das integrative Familienzentrum des Deutschen Kinderschutzbunds e. V. in Dresden vom Büro Alexander Poetzsch Architekturen und die Erweiterung Werk II der Firma elobau in Leutkirch im Allgäu vom Büro f64 Architekten und Stadtplaner in der Endauswahl. Bei allen drei Projekten ist es den Beteiligten gelungen, über eine grundsätzlich nachhaltige Bauweise hinaus auch die soziale Komponente beim Bauen einzubeziehen und ganz unterschiedliche Orte für die Gemeinschaft zu schaffen.
Alle Einreichungen wurden von einer Fachjury bewertet, die auch in diesem Jahr wieder mit einem breit aufgestellten Kreis an anerkannten Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Bauen und Gesellschaft besetzt war. Bei der diesjährigen Jury mit dabei waren Heike Gruner (Geschäftsstelle Strategiedialog Bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen), Martin Haas (haas.cook.zemmrich – STUDIO 2050), Prof. Thorsten Helbig (knippershelbig), Prof. Maren Kohaus (Technische Hochschule Rosenheim, sustainable architecture), Reiner Nagel (Bundesstiftung Baukultur), Gabriele Pfründer (Gebäudemanagement Schleswig-Holstein), Prof. Matthias Rudolph (Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart), Prof. Amandus Samsøe Sattler (ensømble studio architektur Berlin), Frank Schönert (Hütten & Paläste) sowie Ralph Wölffing-Seelig (Bund Deutscher Landschaftsarchitekt:innen bdla, Landesverband Baden-Württemberg).
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis Architektur wurde zum zwölften Mal gemeinsam von der DGNB und der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis vergeben. Die Auszeichnung wird unterstützt durch die Bundesarchitektenkammer, den Bund Deutscher Architektinnen und Architekten, die Bundesstiftung Baukultur sowie Caparol.
Dr. Christine Lemaitre, geschäftsführender Vorstand der DGNB: „Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis wurde in diesem Jahr durch einen parallel zur Veranstaltung veröffentlichten Artikel begleitet, der die Seriosität des Preises infrage stellt. Mindestens mit Blick auf unseren gemeinsam vergebenen Architekturpreis möchten wir die Anschuldigungen entschieden zurückweisen. Der DNP Architektur ist in seiner Methodik über viele Jahre etabliert und genießt zu Recht eine hohe Reputation. Viele wertvolle Debatten konnten in den letzten Jahren mit dem Wettbewerb angestoßen werden.“
Die Projektbeteiligten beim Collegium Academicum
Bauherrin: Collegium Academicum
Architektur: DGJ Architektur
Bauleitung: Biek Architektur
Freianlagen: GDLA/Gornik Denkel landschaftsarchitektur
Holzbau: ZÜBLIN Timber
Bauphysik: ina Planungsgesellschaft
Statik Holz, Schallschutz: Pirmin Jung Deutschland
Statik Beton: Jäger Ingenieure
ELT: SBI schicho ingenieure
HLS: IBS Scholz
PV-Planer: HEG Heidelberger Energiegenossenschaft Brandschutz: HHP, Schoob Architektur