gefma veröffentlicht neue Richtlinie für planungs- und baubegleitendes Facility Management (pbFM)

gefma – Deutscher Verband für Facility Management veröffentlicht gemeinsam mit Facility Management Austria (FMA) und der IFMA Schweiz mit GEFMA 116 erstmals eine Richtlinie zum planungs- und baubegleitenden Facility Management. pbFM ist ein ganzheitlicher und über alle Lebenszyklusphasen übergreifender Ansatz für die Konzeption, das Bauen und den Betrieb von Immobilien (Bild 1). Durch die umfassende Sichtweise wird ein wesentlicher Beitrag zur Nachhaltigkeit von Gebäuden geleistet. Dazu steht mit der neuen Richtlinie erstmals ein systematisches und praxisorientiertes Werkzeug zur Verfügung.

1 Der Mehrwert durch die pbFM-Methode

Beim traditionellen Planen und Bauen gibt es meist keine oder nur eine geringe Verzahnung des Bauprojekts mit dem späteren Betrieb. Meist werden die Stakeholder des Betriebs erst kurz vor der Fertigstellung einbezogen, wenn die meisten Fakten geschaffen und die Folgen bereits in Stein gemeißelt sind. Einem optimalen Betrieb des Gebäudes stehen dann häufig Einschränkungen durch die Gegebenheiten des Gebäudes entgegen. Dies lässt sich vermeiden, wenn bereits zu Beginn des Bauprojekts Betrieb und Nutzung systematisch und konsequent mit geplant und die sich daraus ergebenden Anforderungen in der Planung berücksichtigt werden.

Es stellt sich somit die Frage: Welche betriebsrelevanten Themen sind in der Planung zu berücksichtigen und wann müssen die ­einzelnen Themen adressiert werden? Hierzu liefert die neue ­GEFMA 116 eine detaillierte Aufstellung von 77 Einzelthemen, gegliedert in zehn Themenbereiche. Diese Themen werden in einer filterbaren Tabelle aufgeführt und in einem Textdokument inhaltlich und hinsichtlich ihrer Relevanz beschrieben.

Eine Übersichtsmatrix veranschaulicht in einer Gesamtsicht die Themenfelder, die Einzelthemen sowie ihre jeweilige zeitliche Relevanz im Projektablauf. Ergänzt wird die Richtlinie durch ein anpassbares Leistungsbild zur Beauftragung der pbFM-Leistungen, analog zum Leistungsbild der HOAI für Planerleistungen.

2 Die Themenfelder des pbFM

Die in der Richtlinie aufgeführten pbFM-Themen können je nach Anforderungen und Relevanz für das jeweilige Bauprojekt ausgewählt und bearbeitet werden. Themen, die im Einzelfall nicht relevant sind, werden herausgefiltert. Die zehn pbFM-Themenfelder sind:

  • Projektmanagement: im Bauprojekt zu berücksichtigende Themen wie die Projektorganisation oder in den Verträgen zu vereinbarende Inhalte
  • Bedarfsplanung: systematische Planung des Flächenbedarfs sowie der funktionalen Anforderungen an das Gebäude aus der Nutzung und aus dem Betrieb heraus
  • Betriebsplanung: Planung der späteren Betriebsprozesse und Ableitung der daraus erwachsenden Anforderungen an das Gebäude
  • Qualitätssicherung: laufende Überprüfung der Planung und der baulichen Umsetzung anhand der formulierten Anforderungen
  • Dokumentation: Definition der Anforderungen des späteren Betriebs an die Gebäudedokumentation und konsequente Erstellung und Fortschreibung beim Planen und Bauen
  • Information Communication Technology (ICT): IT-Unterstützung und Systeme für den Gebäudebetrieb und die Nutzung
  • Flächenmanagement: Arbeitsplatz- und Raumkonzepte, Belegungsplanung und Flächennutzung
  • Beschaffung: wirtschaftliche und an den Anforderungen von Nutzung und Betrieb ausgerichtete Beschaffung von Dienst- und Lieferleistungen für den Gebäudebetrieb
  • Inbetriebnahme, Objektabnahme und -übernahme: systematische Überführung in den Gebäudebetrieb
  • Vorbereitung Objektbetrieb: strukturierte Vorbereitung des Betriebs

Die Richtlinie empfiehlt, zur Umsetzung des pbFM einen FM-Planer/-Koordinator im Bauprojekt zu installieren und durch den Bauherrn zu beauftragen. Er vertritt die Belange des Bauherrn, der späteren Nutzer und des späteren Betriebs. Dies entlastet Architekten, Fachplaner und Projektsteuerer in der Planung, weil sie sich auf ihre Planungs- und Bauthemen konzentrieren können, und kann sicherstellen, dass die pbFM-Themen systematisch und anforderungsgerecht berücksichtigt und umgesetzt werden.

3 Praktische Anwendung der Richtlinie GEFMA 116

Für wen ist nun die Richtlinie GEFMA 116 hilfreich und wie kann sie angewandt werden? Zunächst liefert GEFMA 116 erstmals ein Leistungsbild für das pbFM, erläutert den Nutzen und bietet dem Bauherrn eine Grundlage zur Beauftragung eines FM-Planers/­
-Koordinators. Den bei einem Bauprojekt beteiligten Planern und Steuerern bietet die neue Richtlinie eine Darstellung des Themas und eine praxisorientierte Erläuterung der Relevanz der pbFM-Themen. Sie können die Themenfelder des pbFM kennenlernen und in das Projekt integrieren. Dem FM-Planer/-Koordinator liefert GEFMA 116 ein konkretes Leistungsbild für seine praktische Arbeit. Er kann anhand der Richtlinie die im jeweiligen Projekt relevanten Themen identifizieren und diese rechtzeitig zur Bearbeitung in das Bauprojekt einbringen. Mithilfe der filterbaren Übersichtstabelle kann er in seiner praktischen Arbeit die relevanten Themen identifizieren und bearbeiten.

4 Integration des pbFM in ein Bauprojekt

Durch die systematische Integration des pbFM in ein Bauprojekt von Anfang an kann ein klarer Mehrwert geschaffen werden (Bild 2). Der spätere Bedarf in der Betriebs- und Nutzungsphase des Gebäudes wird systematisch ermittelt und in die Planung eingebracht. Bereits während der Gebäudeplanung wird parallel der spätere Betrieb geplant und die sich daraus ergebenden Anforderungen in das Bauprojekt zurückgespielt. Anforderungen des Betriebs an die Objektdokumentation werden bereits zu Beginn des Projekts festgelegt und für alle Projektbeteiligten verbindlich vereinbart. Damit vereinfacht sich die Erstellung und Übergabe der Gebäudedokumentation erheblich und die Qualität der Dokumentation wird signifikant erhöht. Die Planung und Umsetzung der Anforderungen im Bauprojekt wird konsequent qualitätsgesichert.

5 pbFM und Nachhaltigkeit

pbFM ist ein wesentlicher Beitrag zum nachhaltigen Planen und Bauen, indem es folgende Wirkungen erzielt:

  • Der tatsächliche Bedarf in der Nutzung und die Anforderungen aus dem Betrieb werden systematisch erfasst und berücksichtigt.
  • Informationen, Daten und Dokumente im Lebenszyklus des Gebäudes werden einmal erfasst bzw. erstellt, und zwar so, dass sie für alle weiteren Anwendungsfälle im Lebenszyklus weiterverwendet werden können.
  • Der Gebäudebetrieb wird optimiert, vermeidbare Kosten im Betrieb werden vermieden, das Gebäude kann ökologisch und wirtschaftlich nachhaltig betrieben werden.
  • Entscheidungen bei der Planung und beim Bau des Gebäudes werden nach ihren langfristigen Auswirkungen auf den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes und nicht nur hinsichtlich ihrer kurzfristigen Auswirkungen auf die Baukosten getroffen.
  • Mithilfe von pbFM entwickelte und gebaute Gebäude können später leichter an geänderte Anforderungen angepasst werden, sie sind dadurch leichter vermietbar und ggf. erforderliche Umbauten sind weniger aufwendig, kostensparender und umweltschonender.

Autor:in

Andreas Seibold, andreas.seibold@ascconsulting.de
asc consulting GmbH, Hohenschäftlarn
www.ascconsulting.de

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