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Unintelligente KI

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„Schreibe einen Text von 4000 Zeichen über den Einfluss und die Auswirkungen von KI auf die Architektur- und Baubranche.“ Mit einem Prompt dieser Art, eingegeben in ein KI-Tool der Wahl, hätten wir es uns für diese Ausgabe der Kolumne sehr einfach machen können. Der Text wäre womöglich nicht perfekt gewesen, hätte hier und da nachgebessert werden müssen, wäre aber wahrscheinlich plausibel genug geworden, um Sinn zu ergeben. Dass das in dieser Form jetzt schon möglich ist, sollte zu denken geben.

Die Nutzung von künstlicher Intelligenz, oder was man im öffentlichen Diskurs als solche bezeichnet, wird in Zukunft mehr an Bedeutung gewinnen und so gut wie jedes Arbeitsfeld in der einen oder anderen Form beeinflussen; dies bestreitet kaum jemand mehr ernsthaft. Die Flut an KI-Erzeugnissen seit Anfang des Jahres 2023 war geradezu überwältigend. Zugegeben, die Ergebnisse werden mit jedem neuen Tool, mit jeder neuen Entwicklung immer überzeugender. KIs können mittlerweile erstaunlich viel: Bilder und Videosequenzen aus unterschiedlichsten Eingabeprompts generieren, Texte erstellen, übersetzen, Stimmen kopieren, Stile von Kunstschaffenden imitieren, Musik komponieren – und bald womöglich Gebäude planen? Die Möglichkeiten scheinen grenzenlos, und es lässt sich grob erahnen, wohin die Reise geht.

Vielleicht haben Sie in den vergangenen Monaten auch Videos gesehen, in denen eine Software automatisch Grundrisse für Wohnungen generiert und daran anpasst, wie groß man das Gebäude mit dem Cursor zieht. Auch die Erzeugung von Architekturvisualisierungen wird durch den Einsatz von KI maßgeblich beeinflusst – ein Markt, den sich Grafikkartenhersteller zu sichern scheinen [1]. Gut möglich, dass wir in einigen Jahren mit KI Entwürfe erstellen können – und nicht nur das, sondern auch unzählige Varianten und Abwandlungen davon, schneller als dies von Menschenhand auch nur ansatzweise zu stemmen ist. Lässt sich so der Fachkräftemangel in der Baubranche kompensieren, ist es leicht vorstellbar, dass dies schnell Einzug in die Planungskultur nehmen wird.

Wenn sich konkrete Arbeitsschritte erleichtern und als umständlich wahrgenommene Aufgaben durch die Nutzung von KI erleichtern lassen, so ist dies im Grunde eine positive Entwicklung. Jobs verändern sich eben, wo liegt das Problem?

KIs brauchen Unmengen von Daten und viel Rechenleistung. Ersteres ist ein Thema für sich, denn die Frage nach dem Urheberrecht und dem Nutzungsrecht der Daten, die für das Training der KIs verwendet werden, wird sehr kontrovers diskutiert und ist nach wie vor nicht abschließend geklärt. Möchte man ein Bild im Stil eines zeitgenössischen Künstlers generieren lassen und kommerziell nutzen, wird die Problematik schnell klar. Wie wäre es mit einem Gebäude im Stil von Frank Gehry oder Zaha Hadid?

Beim zweiten Aspekt offenbart sich eine viel größere Schwierigkeit, denn der Ressourcenverbrauch für die Nutzung von KI nimmt schon heute industrielle Maßstäbe an [2, 3]. Sollte sie sich in Zukunft in einer Weise etablieren, wie es für Smartphones, Suchmaschinen oder Streamingdienste schon heute gilt, wird dies dem Stromverbrauch von globalem Krypto-Farming schnell Konkurrenz machen [4]. Das Problem verschärft sich dadurch weiter, dass Elektrizität schon in anderen Bereichen schnell zur Verfügung gestellt werden muss: die Umstellung auf E-Mobilität und Wärmepumpen, um unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden [5]. Von Einsparungen und Suffizienz ist hier in der öffentlichen Diskussion nur äußerst selten die Rede. Auch mögliche Effizienzgewinne durch die Nutzung von KI könnten durch Reboundeffekte schnell wieder zunichtegemacht werden, weil der hohe Energieverbrauch den vermeintlich positiven Effekt gleich auffrisst.

So wenig, wie wir uns heute eine Berufswelt im Allgemeinen, aber auch die Arbeit von Bauschaffenden ohne E-Mails, Computer oder gar dem Internet vorstellen können, kündigt sich eine immer selbstverständlicher werdende Nutzung von KI-Tools an, die – wenn einmal etabliert – womöglich nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden kann. So sehr es spannend sein kann, die Entwicklungen in Sachen KI weiterzuverfolgen, ist es ebenso geboten, eine gewisse kritische Distanz zu wahren und sich im Einzelfall zu fragen, ob wir diese Entwicklung wirklich in dieser Form wollen. Es besteht eine realistische Gefahr, dass wir uns in eine Technikabhängigkeit begeben, die sich als größerer Fluch herausstellt, als wir das jetzt wahrhaben wollen.


Literatur

  1. Böckmann, M. (2024) KI-Rendering ist gekommen, um zu bleiben [online]. Berlin: Golem Media. https://www.golem.de/news/alles-fake-ki-rendering-ist-gekommen-um-zu-bleiben-2402-181899.html
  2. MDR Wissen (2023) Wie stark der Stromverbrach durch KI steigt [online]. Tagesschau.de. Hamburg: Norddeutscher Rundfunk. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/digitales/ki-energie-strom-verbrauch-.chutz-100.html
  3. Fett, C. (2024) Wasser- und Stromschleuder: Ist KI der nächste große Klimasünder? [online]. SWR.de Stuttgart: Südwestrundfunk. https://www.swr.de/wissen/ist-ki-klimasuender-wasser-strom-verbrauch-100.html
  4. Prager, A. (2024) Künstliche Intelligenz und Krypto könnten bis 2026 etwa so viel Strom verbrauchen wie ganz Japan [online]. Wien: STANDARD Verlagsgesellschaft. https://www.derstandard.de/story/3000000204636/kuenstliche-intelligenz-und-krypto-koennten-bis-2026-etwa-so-viel-strom-verbrauchen-wie-ganz-japan
  5. ecomento (2023) E-Autos, Wärmepumpen und Co: Habeck betont steigenden Strombedarf [online]. Stuttgart: ecomento. https://ecomento.de/2023/02/21/­e-autos-waermepumpen-co-steigenden-strombedarf-in-deutschland

Autor:in

Alfred Hottmann, M.A., presse@architects4future.de
Architekt, Freier Autor
Architects for Future Deutschland e. V.
www.architects4future.de

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