Stuttgarter Nachhaltigkeits­stammtisch

Die Rolle der Technologie für einen nachhaltigen Wandel

Ist Technologie ein Beschleuniger für nachhaltigen Wandel? In der Baubranche werden Lowtech-Lösungen aufgrund einer gewissen Skepsis dem technologischen Fortschritt als Black Box gegenüber oft bevorzugt. Doch die Zeiten des Wandels erfordern unsere Anpassung und Weiterentwicklung. Hightech-Lösungen ermöglichen die schnelle Analyse großer Datenmengen und liefern präzisere Ergebnisse für Planungsentscheidungen. Die Prozesse in der Baubranche ändern sich ständig und die Technologie unterstützt uns bei einer schnelleren und effizienteren Anpassung daran. Digitale bzw. technisch unterstützte Arbeitsabläufe ermöglichen die Erstellung von schnell adaptierbaren Vergleichsmodellen, um die optimale Lösung für eine Bauaufgabe zu finden.

Technologie bietet wesentliche Vorteile in der Speicherung und dem Austausch von Informationen und verhindert Datenverlust. Hierfür sind standardisierte Verfahren und Datenquellen erforderlich, die dann transparentere Arbeitsabläufe schaffen, Ergebnisse vergleichbarer machen und irreführende Interpretationen verhindern. Eine sorgfältige Analyse der Ergebnisse und Plausibilitätsprüfungen sind allerdings stets ein wichtiger Bestandteil und sollten gemeinsam mit Experten und Expertinnen erfolgen. Darüber hinaus sollte im Vorfeld hinterfragt werden, welches Ergebnis die Technologie liefern soll, um einen Datenüberfluss zu vermeiden.

Zurück zur Ausgangsfrage: Ist Technologie ein Beschleuniger nachhaltigen Wandels? Die Antwort ist Ja, wie die folgenden Beispiele zeigen.

Ein wichtiger Schritt im nachhaltigen Bauen ist die Ermittlung der Umweltwirkungen von Bauwerken. Verschiedene Tools und Berechnungsmethoden wie die Lebenszyklusanalyse (LCA) oder Ökobilanzierung werden hierfür genutzt. Spezifische Software und Technologien sollen diese Berechnungen unterstützen, indem sie einen genaueren, schnelleren und optimierten Arbeitsablauf ermöglichen, bei dem sich wiederholende Aufgaben vermieden werden können.

Je nach Komplexität empfiehlt es sich, in den verschiedenen Planungsphasen unterschiedliche Tools zu verwenden. Einfach aufgebaute Excel-Tabellen (Lowtech-Lösungen) dienen der schnellen Berechnung in den frühen Entwurfsphasen. Solche Tools sind einfach zu erstellen, zu verwenden und zu modifizieren, ohne besondere Fachkenntnisse oder spezielle Softwarelizenzen. Die Bauteilmassen als Grundlage für die Ökobilanz können aus verschiedenen Quellen entnommen und dann in die Excel-Tabelle eingetragen werden. Sie sollten jedoch nur mit standardisierten Arbeitsabläufen und EPD-Datenbanken verwendet werden, um irreführende Auswertungen zu vermeiden.

Für fortgeschrittene Designphasen gibt es Tools, die mit spezifischer Software wie z. B. Rhinoceros & Grasshopper, Revit und RFEM arbeiten. Sie ermöglichen genauere Mengenermittlungen und Echtzeitdatenübertragungen auf der Basis von Gebäude-3D-Modellen (Hightech-Lösungen). Hieraus lassen sich anschauliche Visualisierungen für Präsentationen oder die Nachbearbeitung der Ergebnisse entnehmen. Es ist wichtig, qualitativ hochwertige und sauber erstellte Modelle zu verwenden und eine genaue Materialdefinition für die Ökobilanz zu beachten.

Kommerzielle Tools wie One Click LCA können mit verschiedenen Softwareprogrammen wie Revit und Rhinoceros kombiniert werden. Hier sind nicht nur grundlegende LCA-Berechnungen, sondern auch die Auswertung für verschiedene Zertifizierungssysteme enthalten.

Ob Low- oder Hightech-Strategien, Technologie ist überall und entwickelt sich ständig weiter. In der Architektur und dem Bauingenieurwesen müssen wir diese Veränderungen der fortschreitenden technologischen Entwicklung aufnehmen und das Bewusstsein hierfür im Bausektor schärfen. Die Klimakrise erfordert rasches Handeln und innovative Lösungen. Ingenieurinnen und Ingenieure, Architektinnen und Architekten tragen die Verantwortung, der sich entwickelnden Welt gegenüber offen zu sein und gemeinsam an der Gestaltung einer besseren Zukunft mitzuwirken. Technologie, die zweckmäßig eingesetzt wird, stellt hierfür ein hilfreiches Werkzeug dar.


Stuttgarter Nachhaltigkeitsstammtisch

Termin: jeder letzte Dienstag im Monat, 18.00 Uhr
Ort: online, MS-Teams
Kontakt: sustainability@knippershelbig.com


Autor:innen

Raquel Mirra Santos, rmsantos@bollinger-grohmann.de
Sofija Grinevska, sgringevska@bollinger-grohmann.de
Bollinger + Grohmann, München
www.bollinger-grohmann.com

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