Potenzial und Ansätze für die Umsetzung
Nachdem bei der Reduktion der Betriebsenergie von Gebäuden bereits erhebliche Fortschritte erzielt werden konnten, rückt das Ziel der Reduktion von grauer Energie bzw. grauen Treibhausgasemissionen (THGE) bei Bauaktivitäten immer mehr in den Fokus. Die Wiederverwendung gebrauchter Bauteile (Re-Use) ist eine Maßnahme zur Reduktion grauer Energie und THGE. Es stellt sich die Frage, welchen Stellenwert Re-Use hierbei einnehmen kann und wie Re-Use über die Umsetzung in einzelnen Pilotprojekten hinaus breiter in der Bauwirtschaft etabliert werden kann. Ziel dieses Projekts ist es, das Potenzial von Re-Use zur Reduktion von grauer Energie und THGE (Umweltpotenzial) auf Ebene einer Stadt zu ermitteln. Die Erkenntnisse sollen als Grundlage für Nachhaltigkeitsstrategien von öffentlichen und privaten Immobilieneigentümerinnen und -eigentümern dienen. Weiter soll aufgezeigt werden, wie Rahmenbedingungen für eine breitere Umsetzung von Re-Use verbessert werden können und welche Handlungsansätze verschiedenen Akteursgruppen in der Bauwirtschaft zur Verfügung stehen.
Die Projektergebnisse geben auf mehreren Ebenen Hinweise dazu, welchen Beitrag Re-Use von Bauteilen aktuell und in Zukunft zur Reduktion der grauen THGE, der Umweltbelastung und des Ressourcenverbrauchs leisten kann und wie dieses Potenzial besser ausgeschöpft werden könnte:
- Wenn das vorhandene Potenzial zur Einsparung von grauen THGE ausgeschöpft werden soll, muss fortan die Wiederverwendung von konstruktiven Bauteilen (allen voran Stahlbeton) mehr in den Fokus der Praxis rücken. Daneben soll auf einfach ausbaubare Bauteile aus dem Innenausbau mit hoher THG-Intensität fokussiert werden.
- Die kurz und mittelfristig begrenzte Verfügbarkeit von Re-Use-Bauteilen lässt darauf schließen, dass Re-Use in absehbarer Zeit den potenziellen Bedarf aus dem Zubau nicht sättigen kann. Vor diesem Hintergrund soll nicht ein breites Mainstreaming, sondern die Etablierung von Re-Use als ein Marktsegment neben dem Vertrieb von Primärmaterialien angestrebt werden.
- Bauherren sind Gatekeeper zu einer breiteren Anwendung von Re-Use. Unter den aktuellen Voraussetzungen müssen sie in Bau- und Rückbauvorhaben aktiv die Bedingungen dazu schaffen, dass Bauteile auf den Re-Use-Markt kommen oder wiederverwendet werden können.
- In Immobilienportfolios mit geringem Zubau oder einem hohen Anteil wiederverwendbarer Bauteile ist das Umweltpotenzial von Re-Use erhöht. Wenn Halter von solchen Portfolios als Re-Use-Champions umfassendes Know-how zum Einsatz von Re-Use-Bauteilen aufbauen und wiederverwendete Bauteile standardmäßig einsetzen, kann das Umweltpotenzial von Re-Use besser ausgeschöpft werden.
- Ein weiterer Ansatz, um das Umweltpotenzial von Re-Use besser auszuschöpfen ist es, in der Bauwirtschaft spezifische Use-Cases für Bauteile mit hohem Umweltnutzen in vergleichbar einfachen Anwendungsfällen breit zu etablieren. Gemäß den Projektergebnissen kommt als vielversprechender Use-Case die Wiederverwendung von konstruktiven Stahlbetonbauteilen sowie von Metallbauteilen aus dem Innenausbau bei einem Ersatzneubau vor Ort infrage.
- Um Re-Use anwenden zu können, ist viel praktisches Know-how nötig. Öffentliche und private Portfoliohalter können sich dieses Know-how am effektivsten aneignen, indem sie mit Unterstützung lokaler Vorbilder eigene Pilotprojekte umsetzen.
- Re-Use kann nur im Zusammenspiel mit weiteren Maßnahmen einen relevanten Beitrag zur Erreichung des Netto-Null-Ziels im Gebäudesektor leisten. Regulierungs- und Fördermaßnahmen sollen deshalb mehrheitlich technologieoffen ausgestaltet werden.
Re-Use auf dem Weg zum Netto-Null Ziel bei Gebäuden
Potenzial und Ansätze für die Umsetzung
Bundesamt für Energie BFE, Bundesamt für Umwelt BAFU (2024)
Intep Integrale Planung GmbH, ETH Zürich Institute of Environmental Engineering (IfU)
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