Nachhaltigkeitsberichterstattung in 2025 – was kleine und mittlere Unternehmen beachten müssen
Wir wissen nicht, wie die Halbwertszeit dieses Beitrags ist – denn die Wahrheit ist, dass die Entwicklung rund um die Nachhaltigkeitsberichterstattung besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) immer noch sehr dynamisch ist. Was wir aber auch wissen, ist, dass die Beschäftigung mit dem Thema für KMU wirtschaftliche Vorteile bringt. Daher sind auch die Büros und Betriebe, die nicht direkt berichtspflichtig sind, gut beraten, sich zumindest zu informieren.
Wie ist die aktuelle Situation?
2022 hat die EU-Kommission die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verabschiedet. Sie sieht vor, dass große Unternehmen verpflichtet sind, einen sog. Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Zum 1. Januar 2025 wurde diese Verpflichtung auf alle großen Unternehmen ausgeweitet, die zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen:
- Bilanzsumme: mehr als 25 Mio. Euro
- Nettoumsatzerlöse: mehr als 50 Mio. Euro
- Durchschnittliche Zahl der Beschäftigten: mehr als 250
Unternehmen müssen in 2026 ihren ersten Nachhaltigkeitsbericht über das Jahr 2025 vorlegen – und sollten spätestens jetzt mit der Arbeit daran beginnen. Für die Berichterstellung ist der European Sustainability Reporting Standard (ESRS) verpflichtend. Dieser sieht u. a. vor, dass berichtspflichtige Unternehmen die Aktivitäten ihrer Geschäftspartner:innen dokumentieren müssen, unabhängig von deren Größe. Damit rücken auch kleine und mittlere Unternehmen in den Fokus. Man spricht vom Trickle-Down-Effekt.
KMU werden zudem nach ihren Nachhaltigkeitsaktivitäten gefragt, wenn sie Leistungen von Banken und Versicherungen in Anspruch nehmen wollen. Um auch hier Vergleichbarkeit und Transparenz sowie Einheitlichkeit und Sicherheit zu erzielen, wurde der sog. VSME-Standard entwickelt und nach einer langen Überarbeitungsphase am 17. Dezember 2024 von der EU-Kommission angenommen.
Alles gut also? Leider nein.
Rund um CSRD und VSME gibt es leider viel Unsicherheit, denn:
- Der VSME-Standard ist immer noch nicht final; die EU-Kommission konsolidiert ihn aktuell. Es ist also noch mit Änderungen zu rechnen.
- An der Akzeptanz des VSME durch Banken und Wirtschaftsprüfer:innen, die die Berichte großer Unternehmen prüfen, wird ebenfalls noch gearbeitet. Laut ESRS sind weitreichendere Angaben im LSME (dem Berichtsstandard für börsennotierte KMU, die ab 2028 berichtspflichtig werden) zur Erfüllung der indirekten Berichtspflicht vorgesehen. Banken arbeiten aktuell mit eigenen Fragebögen.
- Die Bundesregierung hat in 2024 versäumt (oder verschleppt?), die CSRD in nationales Recht zu überführen, wie es nach EU-Recht eigentlich ihre Pflicht gewesen wäre.
- Im Herbst 2024 hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die sog. Omnibus-Verordnung ins Spiel gebracht, um die Berichtspflichten aus der CSRD, dem europäischen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzt und weiteren Richtlinien zu vereinfachen bzw. Meldepunkte zu konsolidieren.
- In diesem Vorstoß witterten viele Morgenluft und so sprachen sich verschiedene deutsche Minister sowie der Bundeskanzler in Briefen an die EU-Kommission für eine Verschiebung sowie eine Abschwächung der Berichtspflicht für große Unternehmen aus.
- Inzwischen gibt es für die Verschiebung oder Abschwächung eine breite Front im EU-Parlament, das bekanntlich in der letzten EU-Wahl nach rechts gerückt ist. Damit rückt auch die eingangs angesprochene finale Verabschiedung des VSME in weite Ferne.
Das Problem: Der Zug befindet sich bereits in voller Fahrt – und so wird aus der vermeintlichen Notbremsung eine Bruchlandung besonders für kleine und mittlere Büros.
Folgende Schwierigkeiten resultieren aus den aktuellen Entwicklungen:
- Die fehlende Regelung verstärkt eine schwierige Tendenz. Berichtspflichtige Unternehmen und Banken bedienen sich individueller Fragebögen oder – noch schlimmer – kostenpflichtiger Dienstleister:innen, die nicht berichtspflichtige Geschäftspartner:innen zwingen, ebenfalls ihr Angebot zu nutzen.
- Durch eine fehlende Regulatorik können Unternehmen ihre Berichte nach eigenem Gutdünken verfassen – sowohl die, die es ernst meinen, als auch die, die sich besser darstellen wollen, als sie sind. Greenwashing droht.
- Für fast alle Unternehmen ist es neu, sich mit den ökologischen und sozialen Wechselbeziehungen ihres Handelns auseinanderzusetzen. Ohne eine anerkannte Roadmap, wie es ein Berichtsstandard bietet, fehlt ein Kompass, der durch den Prozess lenkt.
- Ja, für viele Büros und Betriebe kommt die Nachhaltigkeitsberichterstattung on top. Doch viele wollen sich auch mit dem Thema beschäftigen. Eine gesetzliche Pflicht baut den nötigen Druck auf und schafft eine Rechtfertigung dafür, sich strategisch mit dem existierenden Transformationsdruck zu befassen.
Was sollten kleine und mittlere Büros also tun?
Einatmen, ausatmen – und dann loslegen. Denn, es klang schon an, es gibt keine Pause-Taste bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung – und auch nicht für den Klimawandel, für die gesellschaftlichen sowie wirtschaftlichen Veränderungen.
Handeln ist also notwendig – nicht nur, um die Erde als Lebensgrundlage und das politische System als Stabilisator für unsere Gesellschaft zu erhalten. Doch auch wer nicht gleich die Welt retten will, sollte sich folgende Fragen stellen, um seinen Unternehmenserfolg langfristig zu sichern:
- Ist mein Angebot noch zeitgemäß und wird es auch in Zukunft nachgefragt werden? Ähnlich wie die Digitalisierung und die Globalisierung werden auch die aktuellen Veränderungen manche Geschäftsmodelle obsolet machen – sei es, weil die Kund:innen sie nicht mehr wünschen oder weil es bessere Alternativen gibt.
- Welche Folgen des Klimawandels bedrohen mein Unternehmen und wie kann ich es schützen? Hitze und Dürren, Starkregen und Überflutungen – die Kraft der Natur ist zerstörerisch. Hier eventuellen Risiken vorzubeugen, schützt nicht nur Hab und Gut, sondern auch die Mitarbeitenden.
- Wie gelingt der Generationswechsel und wie gewinne ich neue Mitarbeitende? Auch vor der Baubranche macht der demografische Wandel nicht halt. Für die Büros und Unternehmen bedeutet die Verabschiedung erfahrener Fachkräfte einen Verlust an Wissen, der möglichst klein ausfallen sollte. Gleichzeitig stellen jüngere Mitarbeitende heute andere Anforderungen.
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Nachhaltigkeit verschafft also auch wirtschaftliche Vorteile:
- Sie steigert die Attraktivität bei Geschäftspartner:innen, Bauherr:innen sowie bei Mitarbeitenden und Bewerber:innen.
- Sie sichert das Geschäftsmodell bzw. lässt neue Geschäftsmodelle erkennbar werden.
- Sie schützt das Unternehmen vor den Folgen des Klimawandels.
- Sie bietet Inhalte für eine glaubwürdige Unternehmenskommunikation
Doch wie geht man am besten vor?
Der VSME als Richtschnur für die Auseinandersetzung mit der eigenen Nachhaltigkeit
Eine erste Annäherung ist über die 17 SDGs, die Nachhaltigkeitsziele der UN, möglich. Auch der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) kann dafür genutzt werden. Allerdings können ab dem 1. Mai 2025 laut eigener Angaben keine Nachhaltigkeitsberichte mehr nach DNK-Standard über die Plattform https://www.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de/ erstellt werden. Der bisherige DNK wird dann durch eine ESRS-konforme Version abgelöst. Dennoch finden auch nicht berichtspflichtige Unternehmen auf der Seite viele Hilfsmittel wie z. B. Checklisten.
Kleine und mittlere Planungsbüros sind bereits mit der aktuellen Version des VSME gut beraten. Leider liegt sie bisher nur auf Englisch vor. Der Standard für freiwillige Berichte gibt einen guten Überblick über die strategischen Schritte ebenso wie über die relevanten Themenfelder, die durch die Nachhaltigkeitsaktivitäten behandelt werden sollten. Die aktuelle Version kann hier eingesehen und heruntergeladen werden: https://www.efrag.org/sites/default/files/sites/webpublishing/SiteAssets/VSME%20Standard.pdf
Der VSME-Standard besteht aus zwei Teilen, dem Basismodul für alle KMU und einem ergänzenden Modul für Unternehmen, die Auskunft gegenüber Banken und/oder Geschäftspartner:innen machen müssen.
Das Basismodul muss von allen berichtenden Betrieben ausgefüllt werden und enthält folgende Angaben:
- allgemeine Angaben zum Unternehmen wie Standort und Umsatz
- Energieverbrauch und direkter CO2-Ausstoß (Scope 1 und 2)
- Mögliche Verschmutzung von Luft, Erde und Wasser
- Mögliche Auswirkungen auf Biodiversität in Form von versiegelter Fläche und Flächennutzung
- Wasserverbrauch
- Ressourcen- und Abfallmanagement sowie Prinzipien der Kreislaufwirtschaft
- Angaben zu Mitarbeitendenzahl und -struktur
- Arbeitssicherheit
- Bezahlung und Weiterbildung von Mitarbeitenden getrennt nach Geschlecht
- Angaben zu möglichen Verurteilungen wegen Korruption und Bestechung
Für Büros mit bis zu zehn Mitarbeitenden sowie für alle Unternehmen, die aus eigenem Antrieb berichten, reicht das Basismodul aus. Büros und Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitenden müssen, sofern sie von einer Bank, Versicherung oder einem oder einer berichtspflichtigen Geschäftspartner:in aufgefordert werden, auch den zweiten Teil des VSME-Standards erfüllen.
Hier werden Angaben zu folgenden Themen abgefragt:
- Nachhaltigkeitsziele und Maßnahmen, diese zu erreichen – wenn vorhanden
- indirekte Treibhausgasemission (Scope 3), wenn nach GHG-Protokoll berichtet wird
- Klimaziele, wenn vorhanden, bzw. eine Erklärung, ob und wenn ja wann, ein Transformationsplan erstellt wird (für herstellende Betriebe und Baugewerke verpflichtend)
- Klimarisiken und entsprechende Schutzmaßnahmen, wenn definiert
- Angaben zu Geschlechterverhältnis in Führungspositionen (bei mehr als 50 Mitarbeitenden)
- Angaben zu freien Mitarbeitenden (bei mehr als 50 Mitarbeitenden)
- Angaben zum Code of Conduct in Bezug auf Menschenrechte – wenn vorhanden
- Angaben zum Beschwerdemanagement im Unternehmen – wenn vorhanden
- Eklatante Verstöße gegen Menschenrechte im eigenen Unternehmen bzw. in den Wertschöpfungsketten – wenn vorgekommen
- Geschlechterverhältnis im Vorstand/Aufsichtsrat, wenn vorhanden
Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex plant in 2025, abhängig von der finalen Version des VSME, die Entwicklung eines KMU-Moduls, mit dem kleine und mittlere Büros ihren Nachhaltigkeitsbericht möglichst einfach und digital unterstützt erstellen können.
Für alle, die nicht nur einen Bericht erstellen, sondern sich auf strategischer Ebene mit dem Thema Nachhaltigkeitsmanagement auseinandersetzen möchten, gibt es verschiedene Lernangebote, bspw. in der wir sind dran : akademie. Die Teilnehmenden erhalten dort nicht nur umfassendes Know-how zu Nachhaltigkeitsmanagement im Bauwesen, sondern können auch gemeinsam erste Schritte gehen – und das zugeschnitten auf die Baubranche. So macht Nachhaltigkeitsmanagement Spaß!
Autor:in
Geske Houtrouw, verband@wirsinddran.jetzt
wir sind dran, Hannover
www.wirsinddran.jetzt
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Geske Houtrouw ist Gründungsmitglied des wir sind dran : verband für Nachhaltigkeitsmanagement im Bauwesen e.V., Co-Initiatorin der wir sind dran : akademie und Expertin für Nachhaltigkeitsstrategie und -berichtserstattung. Sie arbeitet als Referentin für Nachhaltigkeit und Transformation an der Handwerkskammer Düsseldorf und als freie Dozentin.