Warum die klassische Planungsaufgabe vor dem Aus steht

Valentin Ege<br><sup>Quelle: hipp | art and design</sup>
Valentin Ege
Quelle: hipp | art and design

Die Baubranche ist im Wandel – diesen Satz hört man oft. Und er stimmt. Die Gründe dafür sind vielfältig: Klimawandel, begrenzte Ressourcen und strengere Vorgaben für nachhaltiges Bauen verlangen neue Herangehensweisen. Gleichzeitig eröffnet der technologische Fortschritt, insbesondere der Einsatz von künstlicher Intelligenz und Machine Learning, völlig neue Möglichkeiten für Planung und Umsetzung. Die bisherige statische und isolierte Planungsaufgabe reicht nicht mehr aus, um den aktuellen Herausforderungen und Problemen der Branche zu begegnen. Stattdessen rückt Kommunikation – sowohl zwischen Menschen untereinander als auch zwischen Menschen und Maschinen – als Kernkompetenz in den Vordergrund. Durch die massive Beschleunigung der Planungsprozesse bei gleichzeitig höherer Präzision verändert sich zwangs­läufig die Zusammenarbeit der am Projekt beteiligten Personen. Anstelle von entkoppelten Planungsprozessen rückt nun also eine echte Kollaboration in den Mittelpunkt.

Die Bauwende als Treiber für Nachhaltigkeit

Die Bauwende steht für eine grundlegende Transformation in der Bauwirtschaft. Nachhaltigkeit, Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft und der bewusste Umgang mit Ressourcen sind die zen­tralen Pfeiler dafür. Gebäude müssen nicht nur den aktuellen ­Anforderungen entsprechen, sondern auch zukunftsfähig und nachhaltig sein. Dazu gehört es, Materialien wiederzuverwenden, CO2-Emissionen zu reduzieren und energieeffiziente Lösungen zu integrieren. Komplexe Ziele, die eine enge Zusammenarbeit von Architekten, Planern, Energieexperten und Ingenieuren über Bauunternehmen bis hin zu Behörden, Politik und späteren Nutzern erfordern.

In dieser neuen Realität ist es nicht mehr ausreichend, einmalige Planungen zu erstellen und diese step by step abzuarbeiten. Vielmehr muss der gesamte Bauprozess flexibel und dynamisch gestaltet werden. Änderungen, Anpassungen, Verfeinerungen und Optimierungen sind während des gesamten Projektverlaufs nötig, um den Anforderungen gerecht zu werden. Hier zeigt sich, wie entscheidend Kommunikation für den Erfolg eines Bauprojekts ist.

KI als Schlüsseltechnologie für die Bauwende

Für eine erfolgreiche Bauwende liefert künstliche Intelligenz effiziente Lösungsansätze. KI-gestützte Software kann enorme Mengen an Daten analysieren, die für nachhaltiges Bauen relevant sind: Materialdaten, Energieverbräuche und -bedarfe, Kosten, Abläufe und Lieferketten oder ganze Lebenszyklusanalysen. Durch die Vernetzung dieser Daten können Planer fundiertere Entscheidungen treffen und nachhaltige Alternativen frühzeitig in den Bauprozess integrieren.

Doch KI unterstützt nicht nur bei der Bereitstellung und Analyse von Daten, sondern auch bei bestimmten Planungsaufgaben. Beispielsweise kann KI Designvorschläge für die Architektur geben, bei energetischen Simulationen unterstützen, etwa wie sich ein Gebäude im Laufe seiner Nutzungszeit optimieren lässt oder welche Kreislaufstrategien am effizientesten sind.

Hier wird die klassische Planungsaufgabe zur koordinierenden Kommunikationsaufgabe: Planer müssen nicht nur verschiedene Informationen dzusammenführen, sondern auch zwischen den Empfehlungen der KI und den Anforderungen der Beteiligten oder Auftraggeber vermitteln.

Eine neuer Player in der Kommunikation: Mensch und KI im Dialog

Die Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI steht im Zentrum der neuen Bauwelt. KI liefert wertvolle Erkenntnisse, doch diese müssen von Planern, Bauleitern und Handwerkern verstanden, und v. a. interpretiert und umgesetzt werden. Die Kommunikation mit KI-Systemen erfordert klare Fragestellungen und ein tiefes Verständnis für die Funktionsweise dieser Systeme und des jeweiligen Fachgebiets.

Planer müssen lernen, mit KI zu sprechen: Welche Parameter sind für eine nachhaltige Lösung relevant? Wie können mögliche Konflikte zwischen Nachhaltigkeit, Kosten und Zeitplan gelöst werden? KI liefert Vorschläge, identifiziert Probleme oder berechnet optimale Abläufe. Die finale Entscheidung und die Umsetzung obliegen aber weiterhin dem Menschen.

Ein Beispiel hierfür sind intelligente Planungstools, die automatisiert verschiedene Szenarien durchspielen und ihre Ergebnisse visualisieren. Planer können dank KI mehrere Alternativen auf einen Blick vergleichen, anstatt verschiedene Optionen händisch zu berechnen. Die Kommunikation zwischen Mensch und KI wird dadurch zur Grundlage für fundierte Entscheidungen, die den Anforderungen der Bauwende gerecht werden. Grundsätzlich sollte man Ergebnisse einer KI niemals ohne eigene Interpretation und fachliche Prüfung hinnehmen und umsetzen. KI wird also die menschliche Fachexpertise nicht ersetzen, sondern sie ist ein Tool für eine effizientere und nachhaltigere Arbeitsweise.

Kollaboration durch digitale Vernetzung

Die Vernetzung durch digitale Tools geht über die Mensch-KI-Kommunikation hinaus. Bauprojekte erfordern eine durchgängige und interaktive Zusammenarbeit aller Beteiligten – von der ersten Idee bis zur Fertigstellung und darüber hinaus. Cloudbasierte Plattformen und Building Information Modeling (BIM) schaffen einen digitalen Raum, in dem alle Informationen zentral gespeichert und zugänglich sind. Planer, Ingenieure, Bauleiter und Handwerker können jederzeit auf aktuelle Pläne, Modelle und Analysen zugreifen.

Der digitale Austausch ermöglicht es, Probleme frühzeitig zu erkennen, Lösungen gemeinsam zu entwickeln und den Bauprozess kontinuierlich zu optimieren und zu beschleunigen. KI kann automatisch Informationen filtern und priorisieren. So bleibt die Kommunikation effizient, auch wenn die Datenmenge wächst.

Nachhaltiges Bauen erfordert flexibles Denken

Die Bauwende erfordert nicht nur technologische Innovationen, sondern auch ein Umdenken in den Köpfen der Beteiligten. Die Zeiten, in denen ein starrer Bauplan vom ersten bis zum letzten Schritt umgesetzt wurde, sind vorbei. Flexibilität, Agilität und die Bereitschaft zur kontinuierlichen Kommunikation und Verbesserung sind entscheidend für den Erfolg nachhaltiger Bauprojekte.

Planer müssen heute nicht nur technische Experten sein, sondern auch Vermittler, Moderatoren und strategische Denker. Sie koordinieren die Kommunikation zwischen verschiedenen Gewerken, zwischen Mensch und Maschine und zwischen den Zielen der Bauwende und den praktischen Anforderungen der Baustelle.

Fazit: Kommunikation als Grundstein für die Zukunft

Die klassische Planungsaufgabe steht vor dem Aus, weil sie den komplexen Anforderungen der modernen Bauwelt nicht mehr gerecht wird. An ihre Stelle tritt eine dynamische Kommunikationsaufgabe, die Digitalisierung, Vernetzung und KI integriert.

KI ist dabei nicht nur ein Werkzeug, sondern ein Partner im Planungsprozess. Die Fähigkeit, mit KI-Systemen zu kommunizieren und deren Vorschläge effektiv umzusetzen, wird also zu einer Schlüsselkompetenz. Wer diesen Wandel versteht und aktiv gestaltet, wird die Zukunft des Bauens mitbestimmen.


Autor:in

Valentin Ege, valentin.ege@berta-rudi.com
Board Member berta & rudi, Böblingen
berta-rudi.com

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