Nachhaltig: Betonbewehrung aus Edelstahl ­Rostfrei

Anzeige

Beton ist einer der ältesten und weltweit am meisten verwendeten Baustoffe. Laut DGNB entsteht rund ein Drittel aller Treibhausgasemissionen eines Gebäudes bei Herstellung und Errichtung. Der im Beton enthaltene Zement nimmt dabei herstellungsbedingt eine unrühmliche Rolle ein. Strenge Nachhaltigkeitsanforderungen gelten heute für Bauweise, Bauteile und Nutzungsdauer der eingesetzten Materialien. Diese Nachhaltigkeit ist nicht nur bei Neubauprojekten oberstes Gebot für Planung, Betrieb, Wartung und Recycling. Auch bei Bestandsbauten senken lange Nutzungsdauer, regelmäßige Wartung und erforderliche Reparaturen oder Sanierungen mit zukunftssicherer Aufrüstung der verbauten Einzelbestandteile die CO2-Bilanz. Großes Potenzial bietet hierfür eine Betonbewehrung. Überall dort, wo Stahl als Bewehrungsmaterial durch Chloridbelastung oder Karbonisieren des Betons an seine Grenzen kommt, spielen nichtrostende Stähle ihre Stärke aus: Mit auf die konkreten Anforderungen exakt ausgelegten Legierungsanteilen und intelligentem Einsatz in kritischen Bereichen machen sie Stahlbaukonstruktionen dauerhaft nachhaltig (Bild 1).

Beton kann hohe Druckkräfte, jedoch nur wenig Zugspannung aufnehmen. Um seine Tragkraft durch Aufnahme von Zug- und Biegezugkräften zu erhöhen, erhält er eine Bewehrung. Das am häufigsten verwendete Bewehrungsmaterial ist Stahl in Form von Stäben, Matten, Bügeln oder Ankern – gerippt oder profiliert für eine optimale Verzahnung von Beton und Bewehrung. Häufig wird er mit korrosionshemmenden Beschichtungen wie Feuerverzinkung oder Epoxidharz versehen. Der im Beton enthaltene Zementstein schützt den Stahl durch ein alkalisches Milieu mit einem pH-Wert zwischen 12 und 14 zunächst vor Korrosion. Im Laufe der Zeit nimmt Beton jedoch Kohlensäure aus der Luft auf, karbonisiert und sein pH-Wert sinkt auf etwa 9. Ab einem pH-Wert von unter 10 ist der Schutz vor Korrosion bei Stahl nicht mehr gegeben. Die Folgen sind Rost und damit einhergehende Volumenvergrößerung bis hin zum Absprengen der Betonüberdeckung. Aggressive Umweltbedingungen wie Chloridkonzentrationen durch Meeresnähe, Autoabgase, Tausalz oder Chemiewerke lösen in Bewehrungen aus Baustahl zudem Lochfraßkorrosion aus. Von außen nicht sichtbar, führt durch Chlorid induzierte Korrosion zu Materialverlust, sodass der Stahlquerschnitt reduziert wird. Dadurch wird die Stabilität der Tragstrukturen von Brücken und Tunnelelementen gefährdet.

Bewehrung aus Edelstahl

Nichtrostende, bauaufsichtlich durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) zugelassene Stähle trotzen Feuchtigkeit, Kohlensäure und Chloriden. Erreicht wird dies durch Legierungsanteile, die exakt auf die zu erwartenden Umweltbedingungen und den konkreten Einsatzzweck ausgelegt sind. Eine zusätzlich zum gewählten Legierungsgehalt gebeizte Oberfläche erhöht die Be­ständigkeit gegen Lochfraßkorrosion noch weiter. Nichtrostende hochlegierte Stähle enthalten mindestens 10,5 % Chrom und max. 1,2 % Kohlenstoff. Bauaufsichtlich im Bereich Betonstahl zugelassen und empfohlen sind die ferritische Basissorte Sorte 1.4003 sowie die Sorten 1.4571, 1.4362 und 1.4482. Der austenitische nichtrostende Edelstahl 1.4571 ist auch nach dem Schweißen gegen interkristalline Korrosion beständig. Die austenitische Sorte 1.4362 ist ein Lean-Duplex-Stahl, der aufgrund seiner hohen Streckgrenzen dünnere Wandstärken erlaubt. Die Sorte 1.4482 ist ein nichtrostender Lean-Duplex-Stahl mit austenitisch-ferri­tischem Gefüge. Duplex-Stähle kommen dort bevorzugt zum ­Einsatz, wo besondere Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit ­gefordert sind. Für entmagnetisierte Bauteile, bspw. bei Forschungszentren oder für MRT-Räume in Kliniken, stehen zudem ausgewählte Werkstoffgüten als nichtrostender Bewehrungsstahl zur Verfügung. Zum Verbinden oder Flechten nichtrostender Bewehrungsstähle ist auch rostfreier Bindedraht erforderlich. Edelstahlbewehrungen sind durch die höheren Legierungsanteile teurer als üblicher Baustahl. Über die Lebensdauer betrachtet, wird der anfängliche Mehrpreis jedoch durch höhere Korrosionsbeständigkeit und damit erheblich längere Haltbarkeit mehr als ausgeglichen. Deshalb sind nichtrostende Bewehrungsstähle für Stahlbetonkonstruktionen, bei denen mit Korrosion aufgrund von Karbonisieren oder Chlorideintrag zu rechnen ist, stets erste Wahl (Bild 2). Das gilt auch für Objekte, wo Instandsetzungsarbeiten zu wirtschaftlich relevanten Beeinträchtigungen führen würden, für Bauwerke mit eingeschränkter Inspizierbarkeit sowie zur Vermeidung von Rostfahnen an Sichtbeton-Konstruktionen. Duplex-Stähle erlauben außerdem durch ihre hohe Festigkeit schlankere und leichtere Konstruktionen mit dünnerer Betondeckung.

Bild 1 Edelstahl Rostfrei macht Stahlbetonkonstruktionen dauerhaft nachhaltig (®)
Bild 2 Nichtrostende Bewehrungsstähle sind für Stahlbetonkon­struktionen, bei denen mit Korrosion aufgrund von Karbonisieren oder Chlorideintrag zu rechnen ist, stets erste Wahl
Quelle: WZV/Scheibinox

Hohe Korrosionsgefahr für Brücken

Besonders korrosionsgefährdete Konstruktionen sind Brücken, Tunnel, Parkhäuser sowie Bauwerke in maritimer Umgebung. Bei Brücken sind insbesondere Brückenkappen, Konsolenköpfe, Mittelpfeiler und Überbauten stark belastet. Hauptursache für Schäden an Brücken ist neben der mechanischen Belastung durch ein deutlich höheres Verkehrsaufkommen, als bei ihrem Bau zugrunde gelegt wurde, chloridinduzierte Bewehrungskorrosion durch massiven Tausalzeinsatz.

Gefährliche Korrosionsangriffe auf Tunnel

Tunnelkonstruktionen sind enormen Korrosionsangriffen ausgesetzt: Hauptgefährder sind chloridhaltige Taumittel, hohe Schwefeldioxidgehalte durch Autoabgase und Spannungsrisskorrosion durch dynamische Belastungen. Insbesondere Portale, Innenwände, Stützmauern, Decken und Notgehwege sind betroffen.

Korrosionsschäden an Parkhäusern und Tiefgaragen

Korrosion durch chloridhaltiges Schmelz- und Spritzwasser ist auch bei Parkhäusern und Tiefgaragen der häufigste Schadensfall. Risse und Abplatzungen beeinträchtigen nicht nur das Erscheinungsbild, sondern können auch die Tragfähigkeit und damit die Sicherheit gefährden. Besonders belastet durch eindringende Chloride und mechanische Beanspruchung sind gepflasterte Parkflächen oder Rampen. Der durchlässige Belag lässt Tausalz über das Spritzwasser bis zur Bewehrung vordringen.

Lebensdauerberechnungen und Mischbewehrung

Betonbewehrungen aus anwendungsbezogen legiertem Edelstahl gewährleisten in aggressiven Umgebungen jahrzehntelangen Korrosionsschutz für kritische Komponenten. Dabei ist eine kostengünstige Mischbewehrung ohne Risiko einer Kontaktkorrosion im gleichen Bauteil möglich: Chloridbelastete Bereiche werden durch nichtrostende Stähle in objektbezogener Legierung bewehrt, während in weniger kritischen Bereichen üblicher Betonstahl zum Einsatz kommt. Ein entsprechend intelligent erstellter Bewehrungsplan wirkt sich positiv auf die Baukosten und Baustoffmengen aus, ohne die Korrosionsbeständigkeit zu beeinträchtigen. Nichtrostende Stähle erschließen durch ihre hohe Festigkeit und die dadurch gegebene Möglichkeit einer weniger dicken Betondeckung nahezu unbegrenzte Konstruktionsvielfalt. Zugleich ermöglichen sie im Vergleich zu üblicher Stahlbewehrung erhebliche Kostensenkungen, wenn nicht nur die Anschaffungskosten, sondern auch die gesamten Betriebskosten während der angestrebten Lebensdauer eingerechnet werden. Durch das Zusammenspiel von Dauerhaftigkeit, geringerem Materialeinsatz und damit auch geringerem Transportvolumen leistet nichtrostende Betonbewehrung nicht zuletzt einen wichtigen Beitrag zu nachhaltigem Bauen.

www.wzv-rostfrei.de

Jobs

ähnliche Beiträge

Vorbereitung der Wiederverwendung von Bauprodukten des Holz- und Stahlbaus

Leitfaden zur Wiederverwendung tragender Bauteile.

Warum die klassische Planungsaufgabe vor dem Aus steht

Die Baubranche im Wandel: KI und Machine Learning fördern nachhaltiges Bauen durch neue Herangehensweisen, Kommunikation und Kollaboration.

Recyclingbeton

Recyclingbeton spielt eine zentrale Rolle in der nachhaltigen Bauwirtschaft. Erfahren Sie von innovativen Projekten und aktuellen Normen für eine grünere Zukunft.