Kernpunkte der BAUINDUSTRIE zur Weiterentwicklung des Gebäudeenergiegesetzes
Klimaschutz im Gebäudebereich benötigt ein neues Fundament. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass der vorrangige Fokus auf die Energieeffizienz kaum mehr zu nennenswerten Einsparungen geführt hat. Im Gegenteil, die Klimabilanz unserer Gebäude stagniert. Für die BAUINDUSTRIE ist klar: Das Gebäudeenergiegesetz muss zu einem Gebäudeemissionsgesetz weiterentwickelt werden. Denn anstelle der Energieverbräuche sollten alle CO2-Emissionen über den Lebenszyklus betrachtet werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Klimabeschluss 2021 klargestellt, dass die öffentliche Hand verpflichtet ist, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Das Bundesklimaschutzgesetz konkretisiert dies und bestimmt einen Reduktionspfad, der regelmäßig verfehlt wird. Die BAUINDUSTRIE ist der Auffassung, dass das Gebäudeenergiegesetz (GEG) den aktuellen Herausforderungen der Treibhausgasreduktion nicht gerecht wird. Durch den starren Fokus auf Energieeffizienz werden kaum Anreize zur Optimierung von Bauprozessen, -materialien oder -konstruktionen gesetzt.
Weiterentwicklung des Gebäudeenergiegesetzes zum Gebäudeemissionsgesetz
Die BAUINDUSTRIE spricht sich deshalb für eine grundlegende Weiterentwicklung des Gebäudeenergiegesetzes hin zu einem Gebäudeemissionsgesetz aus – weg vom Fokus auf die Energieeffizienz hin zu einer Betrachtung des CO2-Fußabdrucks über den gesamten Lebenszyklus mit Zielwerten.
Für eine Bewertung des Einflusses von Bauwerken auf den Klimaschutz über die Betrachtung des CO2-Fußabdrucks sprechen folgende Gründe:
- Berücksichtigung vor- und nachgelagerter Prozesse des Bauens
Von der Baustoffherstellung über die Errichtung des Gebäudes bis hin zum Betrieb und dem Rückbau – über den gesamten Lebenszyklusansatz (LZA) eines Gebäudes besteht Potenzial für eine Emissionsreduktion. Erst durch die Berechnung des CO2-Fußabdrucks können Emissionen transparent und messbar gemacht werden. Das Ergebnis gibt Aufschluss über Steuerungsmöglichkeiten und dient als Entscheidungskriterium für die Auswahl CO2-emissionsarmer Baulösungen. - Technologieoffenheit als Hebel für gute Ideen
Das GEG fokussiert auf Einzelmaßnahmen. Wichtige, klimaschützende Potenziale bleiben ungenutzt und es bestehen kaum Anreize, alternative ingenieurtechnische Lösungsansätze einzubringen. Durch eine konsequente Ermittlung des CO2-Fußabdrucks und die Festlegung von Zielwerten (je nach Gebäudetyp) werden innovative, ingenieurtechnische Lösungen vorangebracht. - Investitionen in klimafreundliche Produkte anreizen
Der Fokus auf die Energieeffizienz im GEG führt heute dazu, dass klimafreundliche Produkteigenschaften (wie z. B. Emissionsreduktion und Ressourcenschonung) nicht wettbewerbsrelevant sind. Zielwerte für den CO2– Fußabdruck bieten hingegen einen marktwirtschaftlichen Anreiz, um die Verwendung von klimafreundlicheren Produkten zu stärken.
Ganzheitliche Emissionsbewertung – Klimaschutz von Anfang an mitgedacht
Die Berechnung des CO2-Fußabdrucks nach dem LZA ist zentral für eine ganzheitliche Betrachtung eines Gebäudes. Nur so können Wege gefunden werden, um die Klimaziele bis 2045 mit optimalem Ressourceneinsatz zu erreichen. Dieses Vorgehen wird in anderen europäischen Ländern seit Jahren praktiziert und
- steht für Transparenz in allen Lebenszyklusphasen,
- ist planbar für Planende, Ausführende und Betreiber,
- setzt Anreize für die Nutzung emissionsreduzierender, neuer Technologien, Baustoffe und Betriebskonzepte.
Vor diesem Hintergrund schlägt die BAUINDUSTRIE folgende Kernpunkte zur Weiterentwicklung des GEG hin zu einem Gebäudeemissionsgesetz vor:
- CO2 als Bewertungsmaßstab
Einführung einer CO2-Betrachtung im GEG und Überarbeitung des Referenzgebäudes hin zu einem CO2-Bewertungssystem unter Berücksichtigung verschiedener Gebäudetypologien und Bauarten (Neu-, Umbau und Sanierung) – Stichwort: CO2-Budgets im Bauordnungsrecht. - CO2-Reduktionspfad vorgeben
Um Emissionen sukzessive zu reduzieren, sollte bei Einführung eines CO2-Betrachtungssystems ein Reduktionspfad vorgegeben werden, an dem sich Hersteller, Planende, Bauausführende und Betreiber verbindlich orientieren können. Hierbei sollte die Devise gelten: Einfach beginnen und stetig reduzieren. - Datengrundlage und Bilanzierungsansatz verbindlich vorgeben
Als Grundlage für eine transparente und überprüfbare Ermittlung des CO2-Fußabdrucks sollten etablierte Datenbanken dienen. Die Berechnung des CO2-Fußabdrucks von Gebäuden kann auf bereits bestehenden Bilanzierungsregeln wie z. B. BNB, QNG oder Level(s) aufbauen.
Für die BAUINDUSTRIE ist eine Weiterentwicklung des GEG zu einem Gebäudeemissionsgesetz die zentrale Stellschraube, Bauen und Klimaschutz in jeder Phase des Lebenszyklus zusammenzubringen, und zwingend notwendig, um die Klimaziele zu erreichen.
Beispiel Dänemark
Um eine Baugenehmigung zu erhalten, muss bei allen Bauten ab 250 m2 seit 1. Januar 2023 eine LZA mit eingereicht werden. Pro m² werden max. 12 kg CO2eq/a zugelassen, wobei unterschiedliche Grenzwerte je nach Typologie bestimmt worden sind. Die Erreichung dieser Werte ist den Ingenieurinnen und Ingenieuren freigestellt. Gesetzlich vorgegebene technologische Lösungen existieren nicht, man setzt auf das Know-how der Bauwirtschaft. Zur fortlaufenden Emissionsreduktion hat Dänemark einen Reduktionspfad vorgegeben. Ab 2025 werden für Einfamilienhäuser max. 6,7 kg CO2eq/m²a zugelassen, ab 2029 5,4 kg CO2eq. Dieses Vorgehen ist transparent und für alle planbar!
Positionspapier
Vom Gebäudeenergiegesetz hin zu einem Gebäudeemissionsgesetz
https://www.bauindustrie.de/themen/artikel/vom-gebaeudeenergiegesetz-hin-zu-einem-gebaeudeemissionsgesetz