Als Johannes Kreißig 2022 in der nbau feststellte, dass die Gebäudeenergieeffizienz ausgequetscht sei, war das sicher kein Allgemeinplatz, aber auch keine Sensation unter Fachleuten. Seit Dekaden machen wir unsere Gebäude möglichst energieeffizient, um den Primärenergiebedarf zu senken. Damit sind wir weit gekommen. Null- oder gar Plusenergiehäuser sind heute technisch machbar. Ziel erreicht? Leider nicht! Die reine Energiebetrachtung hat mehrere Lücken. Erstellung oder Nachrüstung energieeffizienter Gebäudehüllen ist noch immer ressourcenintensiv und teuer. Auch erreichen wir Klimafreundlichkeit nur, wenn wir statt der Primärenergie die CO2-Emissionen effektiv reduzieren – und zwar über den gesamten Lebenszyklus von mindestens 50 Jahren. Diesen Sommer forderte Daniel Föst, MdB/FDP in der nbau mit Emissionseffizienz statt Energieeffizienz ein auf den CO2-Emissionen über den Lebenszyklus beruhendes überarbeitetes Gebäudeenergiegesetz GEG. Im Herbst plädierte Michael Kießling, MdB/CSU für mehr Pragmatismus beim Bauen mit verlässlicher Förderpolitik und steuerlichen Anreizen sowie Baukostensenkung durch maximal EH-55-Anforderungen als Fördervoraussetzung im Neubau und EH 85 bei der Bestandssanierung. Kürzlich legten die FDPler um Daniel Föst nach und fordern nun die Bepreisung von CO2-Emissionen auf Basis produktscharfer CO2-Daten sowie das Auslaufen der dann vermeintlich obsoleten EH-Anforderungen, QNG oder GEG. Die Förderprogramme sollen auf dieser Basis ebenso konsequent auf eines für Entwickler und ein zweites für Private eingedampft werden. Auch Bundesbauministerin Klara Geywitz, SPD ist das GEG nun zu komplex, sie möchte CO2-Einsparung als Zielvorgabe oder gleich CO2-Budgets für Bauphase und Betrieb. Mit dem Neubaustandard EH 55 hätten alle ihren Frieden geschlossen, den wolle sie nicht weiter steigern und die Bilanzierung über den gesamten Lebenszyklus würde dazu führen, dass aufwendiges Dämmen weniger lohne. Julia Verlinden, MdB/Grüne hielt dagegen, das GEG sei auch wegen zahlreicher Ausnahmen und Sonderwünsche von SPD und FDP kompliziert. Und Kassem Taher Saleh, MdB/Grüne argumentierte, Energieeffizienz von Gebäuden sei notwendig, weil nur auf Emissionen zu blicken die Bezahlbarkeit ignoriere und die energetische Sanierung Voraussetzung für niedrige Heizkosten sei. Für eine soziale Wärmewende brauche es auch Energieeffizienz, aber keine staatlichen Vorgaben zu den Raumtemperaturen. Dazu kam dann Mitte November das Klimamanifest fünfer Hochschullehrer und des GdW mit der Forderung nach einem Praxispfad zur CO2-Reduktion im Gebäudesektor mit emissionsfreier Wärmeversorgung, maßvoller Sanierung, effizienter Wärmepumpennutzung, einem Emissionsminderungspfad sowie Bestandserhalt und Kreislaufwirtschaft. Die Initiative fand viel positives Feedback, aber auch deutliche Kritik von Christine Lemaitre und Anna Braune die nicht viel Neues darin sehen.
Einfach muss nicht verkehrt sein, aber übermäßige Simplifizierung ist der komplexen Aufgabe klimafreundlicher Gebäude nicht dienlich
Positiv ist, dass der Gebäudesektor nun in den Fokus der Klimaschutzdebatte rückt, Ökobilanzierung als Messgröße über den Lebenszyklus für Neubau und Bestand endlich Standard werden soll und wir vom Vorschreiben kleinteiliger Maßnahmen hoffentlich zu innovationsfördernden Zielvorgaben kommen. Einfach muss dabei nicht verkehrt sein, aber übermäßige Simplifizierung ist der komplexen ökologischen, ökonomischen und sozialen Aufgabe klimafreundlicher Gebäude auch nicht dienlich. Die wenigsten Probleme sind monokausal: zum nachhaltig bauen gehören ebenso Themen wie Ressourcenschonung, Biodiversität oder Baubiologie sowie essenziell das Soziale u. v. m. Beim Klimaschutz geht es auch um die Balance vieler Handlungsfelder, die sich je nach Kontext, Nutzung und Situation unterscheidet. Treibhausgas oder Energie ist also nicht die Frage.