Stuttgarter Nachhaltigkeits­stammtisch

Dranbleiben – um ­zirkuläres Bauen zur Norm zu machen

Am 31. Juli fand die fünfte Live-Ausgabe des Stuttgarter Nachhaltigkeitsstammtischs wieder an gewohnter Stelle auf der Dachterrasse des Ingenieurbüros knippershelbig in Stuttgart statt (Bild 1). Über 70 Teilnehmende konnten den interessanten Vorträgen von Célia Küpfer, Doktorandin am Structural Xploration Lab der EPFL, und Viktor Poteschkin, Koordinator für Holzarchitektur und Holzwerkstoffe am t-lab der RPTU, folgen und nahmen spannenden Input zum Thema Circular Construction mit. Das zirkuläre Bauen beschäftigt uns im Nachhaltigkeitsstammtisch schon von Anfang an, ist es doch neben dem emissions- und ressourceneffizienten Bauen die wichtigste Planungsstrategie, um nachhaltig zu bauen. Um die Möglichkeiten zu verstehen, wie wir zirkuläre Bauwerke planen können, hilft die Einteilung in die zwei zeitlich getrennten Konzepte einer Wieder­verwendung im Pre-use oder im Post-use unseres Entwurfs.

Das Pre-use-Konzept bezeichnet unseren heutigen Beitrag zur Kreislaufführung und wird angewandt, wenn wir die Wiederverwendung von gebrauchten Bauteilen in unseren Entwürfen einplanen. Célia Küpfer konnte dazu mit ihrem Vortrag das große Potenzial aufzeigen, das darin auch in der Wiederverwendung von Stahlbetonbauteilen liegt. Sie untersuchte, wie einzelne Ortbetondecken aus Rückbauprojekten ausgeschnitten und als einachsig spannende Deckenplatten auf Unterzügen wieder eingesetzt werden können.

Mit dem Post-use-Konzept bezeichnet man dagegen den Entwurf für eine potenzielle zukünftige Wiederverwendung durch kreislaufgerechtes Konstruieren. Wie durch reversible Konstruktionsmethoden in Verbindung mit standardisierten Bauelementen ein komplett zirkulärer Holzbau entstehen kann, zeigte Viktor ­Poteschkin im zweiten Vortrag am Beispiel der Werk- und Forschungshalle Diemer­stein. Hier wird einerseits durch eine Elementierung in standardisierte Bauteile eine Wiederverwendung der Halle als Ganzes ermöglicht, während andererseits auch die einzelnen Bauteilschichten wie Tragschicht, Dämmschicht und Verkleidung voneinander trennbar sind, um eine Reparatur je nach Austauschzyklus zu ermöglichen.

Im Anschluss an die beiden Vorträge ergaben sich einmal mehr fruchtbare Diskussionen und es freut zu sehen, dass diese Veranstaltung immer wieder neue Gesichter aus verschiedenen Fachdisziplinen vereint und über Bürogrenzen hinaus einen offenen Austausch fördert. Die beiden Vorträge gingen inhaltlich tief auf konstruktive Lösungen ein und stießen damit auf großes Interesse bei der überwiegend in der Planungspraxis tätigen Zuhörerschaft. Und trotzdem war auch dieses Mal wieder zu spüren: Es gibt noch eine große Lücke zwischen Forschungsprojekten und der Realisierung von zirkulären Bauten im Status quo der Baupraxis.

Die Veranstaltung schafft es immer wieder, neue Ideen und Motivation zu geben, um das Thema Nachhaltigkeit im alltäglichen Projektbetrieb nicht aus den Augen zu verlieren. Dennoch scheint viele Teilnehmende ein Gedanke zu vereinen: Was haben wir bisher erreicht? Immerhin handelte es sich, die monatlich stattfindenden Online-Veranstaltung eingeschlossen, um den 50. Nachhaltigkeitsstammtisch. Viele müssen konstatieren – noch in viel zu wenigen Projekten können wir den gewonnenen Input umsetzen. Viele Ideen, viele konkrete Vorschläge, aber selten kommt es zu einer Umsetzung.

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