Zusammenraufen oderTop-down

Im April hatte ich gehofft, dass wir bis zum Sommer einen gemeinsamen technischen Standard zur quantitativen Nachhaltigkeitsbewertung hinbekommen. Nun haben wir eine Reihe nicht zwangsweise konkurrierender Ideen, nur bis dato keinen gemeinsamen Weg. Da ist zum einen die Initiative Deutscher Nachhaltigkeitsstandard Bau DNA Bau , die auf dem aktuellen DGNB System beruht. Hierzu ist für September vom ZDB ein offener Workshop angekündigt, um die Kriterien der DGNB zu diskutieren, ggf. anzupassen und einen Kriterienkatalog zu verabschieden. Was jenseits ggf. nachfolgender Workshops noch fehlt, ist eine ordentliche Struktur und dass alle relevanten Player mitmachen. Knackpunkt sei die Befürchtung, DNA Bau würde von der DGNB dominiert und die Hürden blieben zu hoch. Einwände, die ernst genommen und offen diskutiert werden sollten, aber lösbar scheinen.

Aktuell wird ein einfaches System zur Bewertung und Steuerung nachhaltigen Bauens mit einem Arbeitskreis und dem Bündnis bezahlbarer Wohnraum erarbeitet. Das QNG Basis soll die Lücke schließen zwischen breit anwendbaren, aber oft monothematischen Nachhaltigkeitsanforderungen einzelner Gesetzgebungen oder Förderziele und den komplexeren Ansprüchen der umfangreicheren QNG Plus und QNG Premium . Es gibt eine modulare Struktur mit Kriterien-Baukasten und Kriterien-Sets, aus denen am Ende mehr werden könnte als nur QNG Basis , bspw. durch sukzessive Weiterentwicklung und Erhöhung der Verbindlichkeit. Heute scheint QNG Basis ein einfacher Standard für klimafreundliches Bauen zu werden. Und in Zukunft? Der Aufbau von Strukturen ist angekündigt.

Unterschied­liche Systeme machen Zertifizierung und Weiterbildung zeitaufwendig und teuer

Dann ist da noch die Initiative von Bundesarchitekten und -Ingenieurkammer, mit einem Bundesregister Nachhaltigkeit qualifizierte Ingenieurinnen und Architekten zu listen. Bisher gibt es Auditoren, Consultants, Professionals, Manager, Experten, Berater oder Konformitätsprüfer für DGNB, BNB, BNKIBNG, NaWoh, ESG oder Energieeffizienz. Die Auflistung ist unvollständig und Anfang 2025 kommen die Nachhaltigkeitskoordinatoren dazu, deren Qualifizierungsprofil gleichwohl bisher nicht öffentlich verfügbar scheint.

Dazu gibt es den Carbon Risk Real Estate Monitor CRREM , das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen des Bundes, dessen Überarbeitung BNB 2 wohl beauftragt wurde, die EU-Taxonomie oder neuerdings auch eigene Konzepte der Banken et cetera pp. Die Vielfalt der Initiativen und Ideen spiegelt erfreulichen Enthusiasmus für Nachhaltigkeit und ebenso gesunde Geschäftstüchtigkeit ­wider. Doch wird die Welt nicht allein mit Enthusiastischen und Geschäftstüchtigen verändert, ­sondern erst, wenn viele mitmachen. Das gilt umso mehr für die Bau- und ­Immobilienbranche mit großen Massen- und Energieströmen sowie vielen Skeptikern, die eher durch effektive Verfahren und klare Systeme zu gewinnen sind.

Wir brauchen dringend Weiterbildung von vielen Nachhaltigkeitsexpert:innen, unbestritten. Nur muss es diese Vielfalt an Qualifikationen sein? Eine gemeinsame Grundidee vom nachhaltigen Bauen und dessen Bewertung wäre vielleicht doch der Sache förderlich. Variierende Systeme erschweren nicht nur die Weiterbildung, sondern machen auch die Zertifizierung von Produkten und Bauwerken zeitaufwendig und teuer. Beides ist Wasser auf den Mühlen derer, die Klimaschutz und Nachhaltigkeit für teuer und nutzlos halten, maximal die Deiche etwas höher haben möchten. Schon heißt es, QNG Basis würde, wenn die Branche sich nicht einige, zu einem Vollsystem ausgebaut, aus dem sich alle anderen bedienen könnten oder müssten. Was an diesem Baukasten- und Set-Gedanken ließe sich eigentlich nicht auf DNA Bau übertragen? Am Ende heißen die Alternativen vielleicht zusammenraufen für ­einen gemeinsamen, aber flexiblen DNA Bau oder top-down einen staatlichen Kriterienkatalog QNG akzeptieren. Was wollen wir?

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