Propan-Wärmepumpen im Bestand

Über die Eignung von Mehrfamilienhäusern für den Umbau auf Propan-Wärmepumpen

Wärmepumpen sind eine Schlüsseltechnologie für die Dekarbonisierung der Heizsysteme im deutschen Gebäudebestand. Noch umweltfreundlicher als herkömmliche Wärmepumpen sind solche, die Propan anstelle der bisher verwendeten synthetischen Kälte­mittel als Arbeitsmittel einsetzen. Die Modernisierung von Mehr­familienhäusern mit Propan-Wärmepumpen bietet neue Herausforderungen und Chancen.

1 Allgemeines

Im Wohnungsneubau ist das Heizen mit Wärmepumpen längst etabliert. Hier liefern Wärmepumpen bereits über 75 % der Heizenergie [1]. Auch im Gebäudebestand zeigen zahlreiche erfolgreich durchgeführte Modernisierungen, dass sich selbst Bau­werke, die nicht umfassend energetisch saniert sind, ohne Komforteinbußen mit Wärmepumpen heizen lassen.

Forschungsbedarf gibt es jedoch beim Einsatz von Propan-Wärmepumpen in Bestands-Mehrfamilienhäusern. Da es für dieses Einsatzgebiet bislang wenige marktverfügbare Produkte gibt, stehen sowohl Wärmepumpenhersteller als auch die Wohnungswirtschaft vor Herausforderungen. Aus diesem Anlass führt das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg in Kooperation mit Unternehmen der Wärmepumpenindustrie und Wohnbaugesellschaften das Forschungsprojekt LCR290 zur Entwicklung von Propan-Wärmepumpen für Bestands-Mehrfamilienhäuser durch. Die Beteiligung verschiedener Interessengruppen befördert die Realisierung praxisnaher, in der Masse umsetzbarer Lösungen. Das Projekt ist gefördert durch die Bundesrepublik Deutschland (Zuwendungsgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags, Förderkennzeichen 03EN4046).

2 Gebäudebestand in Deutschland

Der Bestand an Mehrfamilienhäusern in Deutschland ist äußerst heterogen und weist große Unterschiede hinsichtlich der Gebäudegröße und -typologie, der geografischen Lage und des Baualters auf. Umbauten und energetische Sanierungen trugen im Laufe der Zeit weiter zur Differenzierung des Bestands bei. Die meisten Mehrfamilienhäuser in Deutschland wurden zwischen 1949 und dem Ende der 1970er-Jahre gebaut [2]. In dieser Zeit gab es noch keine gesetzlichen Mindestanforderungen an die Wärmedämmeigenschaften der Gebäudehülle. Aufgrund des schlechten Energiestandards wurden die Wohngebäude überwiegend von Heizsystemen mit hohen Vorlauftemperaturen beheizt. Diesen Baujahren entstammt noch immer ein Großteil des Wohnungsbestands.

Betrachtet man die statistische Verteilung der Heizsysteme genauer, so wird ersichtlich, warum es einer Vielzahl verschiedener Lösungen bedarf, um die Heizungsanlagen zu dekarbonisieren. Die Aufteilung der Heizsysteme in Mehrfamilienhäusern in Struktur und Energieträger ist in Bild 1 dargestellt.

Auffällig ist die starke Dominanz fossiler Brennstoffe als Energieträger. Neben den daraus resultierenden Treibhausgasemissionen und Luftschadstoffen führt das auch zu einem ökonomischen Problem: In Gebäuden, die mit Öl- oder Gasheizungen beheizt werden, sind künftig steigende Kosten aufgrund der CO2-Bepreisung zu erwarten [4]. Umso dringlicher erscheint die Notwendigkeit, einfach umzusetzende Lösungen für den Einbau umweltfreundlicher und langfristig kostengünstiger Wärmeerzeuger zu entwickeln.

3 Propan-Wärmepumpen

Die Funktionsweise von Wärmepumpen basiert auf einem Kältekreis, in welchem ein Kältemittel zirkuliert. Das Kältemittel ver dampft bei der Aufnahme von Umweltwärme, wird anschließend unter Stromzufuhr von einem Kompressor verdichtet und so auf ein höheres Temperaturniveau gehoben. Die so gewonnene Wärme wird an das Heizsystem oder Trinkwarmwasser abgegeben. Der Kältekreis in Wärmepumpen ist ein geschlossenes System, bei der Wartung, während des Rückbaus oder im Schadensfall kann es jedoch zu einem ungewollten Kältemittelaustritt in die Umgebung kommen.

Ein Großteil der bisher eingebauten Hauswärmepumpen enthält im Kältekreis synthetische Kältemittel aus Fluorkohlenwasserstoffen. Diese unterliegen aufgrund ihres hohen Treibhauspotenzials einer schrittweisen Reduzierung der Marktverfügbarkeit bis zu einem Komplettverbot im Jahr 2050. Geregelt wird das in der EU-Verordnung 2024/573 (F-Gas-Verordnung) [5]. Die in der F-Gas-Verordnung geregelte Verknappung synthetischer Kältemittel führt dazu, dass diese künftig immer schwerer zu beschaffen sind und dadurch auch teurer werden. Nicht von dieser Verordnung betroffen ist Propan (R290), ein natürliches Kältemittel, welches ungiftig ist und ein sehr niedriges Treibhauspotenzial (GWP) von 0,02 aufweist. Zum Vergleich: Das bislang am häufigsten eingesetzte Kältemittel R410A hat ein GWP von 2088 und somit ein über 2000-mal höheres Treibhauspotenzial als CO2[6]. Zudem gehört R410A zur Gruppe der Per- und Polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS), die in der Herstellung sehr energieintensiv sind und aufgrund ihrer Eigenschaft als Ewigkeitschemikalien möglicherweise bald weiteren Verboten unterliegen werden [7]. Angesichts ihrer deutlich besseren Klima- und Umweltbilanz sowie der Zukunftsfähigkeit hinsichtlich der künftigen Marktentwicklung liegt der große Vorteil natürlicher Kältemittel auf der Hand. Für den Umbau von Bestandsgebäuden bieten Propan-Wärmepumpen zudem den Vorteil, dass sie sich aufgrund der thermodynamischen Eigenschaften von Propan gut für hohe Vorlauftemperaturen eignen. Aus diesem Grund fokussiert sich der Markt aktuell stark auf die Entwicklung von Propan-Wärmepumpen.

Es gibt bereits eine große Anzahl marktverfügbarer Propan-­Wärmepumpen, die bislang jedoch einen eingeschränkten Anwendungsbereich abdecken. Reichlich vorhanden sind diese ­Wärmepumpen für kleine bis mittlere Leistungsbereiche, die in Einfamilienhäusern eingesetzt werden können. Mehrfamilienhäuser benötigen jedoch Wärmepumpen mit größeren Leistungen: Eine überschlägige Abschätzung der Gebäudeheizlast des deutschen Mehrfamilienhausbestands verdeutlicht den Bedarf von Wärmepumpen im Leistungsbereich zwischen 10 kW und 80 kW (Bild 2). Als Ergänzung zum bereits marktverfügbaren Sortiment werden im Forschungsprojekt LCR290 kaskadierbare Wärmepumpen mit 30–35 kW Leistung entwickelt.

Eine weitere Forschungslücke liegt beim Ersatz dezentraler Heizungssysteme durch Wärmepumpen. In 14 % der Wohngebäude wird die Wärme dezentral von Gasetagenheizungen bereitgestellt. Der Einbau einer zentralen Wärmepumpe ist zwar möglich, aber mit größeren Umbauten wie der Erneuerung der Heizleitungen und dem Bau eines Heizungsraums verbunden. Es besteht also der Bedarf an Propan-Wärmepumpen, welche die Gasetagenheizungen ersetzen können. Auch hierfür gibt es bislang keine etablierte und flächendeckend erprobte Marktlösung.

Doch worin unterscheiden sich Propan-Wärmepumpen von herkömmlichen Wärmepumpen mit synthetischen Kältemitteln? Warum lassen sich bewährte Anlagenkonzepte nicht direkt übertragen? Der größte Unterschied ergibt sich aus der Brennbarkeit von Propan. Im Falle eines ungeplanten Austritts aus dem Kältekreis kann sich Propan, das schwerer als Luft ist, in Bodennähe sammeln und ab einer bestimmten Konzentration durch externe Zündquellen entzündet werden. Vor allem bei Arbeiten am Kältekreis können Kältemittelaustritte auftreten. Um das Risiko eines Brands zu reduzieren, sind in den gültigen Normen maximale Füllmengen von R290 in technischen Anlagen angegeben. Auch die Wärmepumpenhersteller reagieren durch das Vorgeben von Sicherheitskonzepten, die sich je nach Anwendungsfall unterscheiden.

Für außen aufgestellte Luft-Wasser-Wärmepumpen (Monoblocks) werden herstellerseitig meist Sicherheitsabstände von 1 m rings um das Gerät vorgegeben. Innerhalb dieses Sicherheitsabstands dürfen sich keine Zündquellen, elektrischen Anlagen oder Gebäudeöffnungen befinden, um im Falle einer Leckage die Entzündung und einen Propaneintritt ins Gebäude zu vermeiden. In der Praxis bedeutet das ein Betretungsverbot für diesen Bereich, um auch Gefahrenquellen wie glühende Zigaretten auszuschließen.

In Innenräumen dürfen Wärmepumpen ohne weitere Sicherheitsmaßnahmen bis zu 150 g Propan enthalten, marktverfügbare Wärmepumpen haben deutlich größere Kältemittelmengen im Kältekreis. Das Fraunhofer ISE entwickelte für diesen Anwendungsfall im Forschungsprojekt LC150 Prototypen von Propan-Wärmepumpen mit einer maximalen Füllmenge von 150 g bei 8–10 kW thermischer Leistung [9]. Auf Erkenntnissen dieser Forschungsarbeit baut auch das Projekt LCR290 auf.

Ab einer Füllmenge > 150 g Propan müssen in Innenräumen ­weitere Sicherheitsanforderungen erfüllt werden. Beispielsweise dürfen die Kältekreise unter Einhaltung bestimmter Mindestraumgrößen, einer geregelten Raumbelüftung oder Zutritts­beschränkungen für Unbefugte größere Kältemittelmengen enthalten. Auch technische Lösungen wie hermetisch geschlossene Gehäuse und Gassensoren erlauben eine Erhöhung der Füll­menge.

Alles in allem sind die aus Propan resultierenden Herausforderungen lösbar, erfordern jedoch ein gewisses Umdenken. Etablierte Einbaukonzepte müssen auf den Prüfstand gestellt werden, um den propanbedingten Sicherheitsanforderungen Rechnung zu tragen.

4 Beispielgebäude

Wie der Umbau von Bestandsheizungen auf Propan-Wärmepumpen aussehen kann, wird im Projekt LCR290 an verschiedenen Mehrfamilienhäusern untersucht, drei Beispiele werden im Folgenden dargestellt. Sie unterscheiden sich hinsichtlich des Siedlungskontexts, der Gebäudegröße und des Heizungssystems und dienen im Projekt als Beispielgebäude. Die hier beschriebenen Modernisierungen sind fiktiver Natur, wurden also nicht umgesetzt.

Für Wärmepumpen stehen im Wesentlichen die Wärmequellen Außenluft, Wasser und Erdreich zur Verfügung. Jede der Quellen hat Vorteile hinsichtlich ihrer Verfügbarkeit, Effizienz und Auswirkungen auf die Umgebung. In dicht bebauten Siedlungen – also der Umgebung von Mehrfamilienhäusern – ist ein geringer Platzbedarf ein wichtiges Kriterium für die Wahl der Wärmequelle. Ein weiterer entscheidender Aspekt sind die Erstellungs- und Verbrauchskosten. Die Baupreisentwicklung der jüngeren Zeit führte dazu, dass Luft-Wasser-Wärmepumpen einen deutlichen Preisvorteil gegenüber erdgekoppelten Wärmepumpen erfuhren. Trotz ihrer etwas schlechteren Effizienz und sich daraus ergebender höherer Verbrauchskosten sind Luft-Wasser-Wärmepumpen momentan auch auf längere Sicht eine günstige Alternative – etwa aus Sicht der Bauzeit, die i. d. R. kurz und die Montage verhältnismäßig unkompliziert ist. Hier werden darum nur Modernisierungsvarianten mit Luft-Wasser-Wärmepumpen vorgestellt, obgleich sich auch andere Wärmequellen eignen könnten.

4.1 Energetisch saniertes Wohngebäude, zentral beheizt

Das viergeschossige Wohngebäude mit Flachdach wurde 1968 nahe Mönchengladbach gebaut und ähnelt vielen Wohngebäuden aus dieser Bauzeit (Bild 3) (Tab. 1). Es befindet sich in einer kleinstädtischen Siedlungsstruktur mit einer durchlässigen, von Grünraum durchzogenen Bebauung.

Baujahr1968
Wohnfläche1365 m²
Wohnungen24
Energieverbrauch98 kWh/m²a
Gebäudeheizlast75 kW / 55 W/m²
EnergieeffizienzklasseC
HeizungÖlzentralheizung
Trinkwarmwasserelektrische Durchlauferhitzer, dezentral
Vorlauf-/Rücklauftemperatur90/70 °C
Tab. 1 Eckdaten des Gebäudes

Im Außenbereich ist ausreichend Platz für das Aufstellen einer Luft-Wasser-Wärmepumpe als Monoblock vorhanden. Die notwendigen Abstände zu den Nachbargebäuden zur Einhaltung aller Schallschutzanforderungen können eingehalten werden.

24 Wohnungen auf insgesamt 1365 m² Wohnfläche werden von einer Ölzentralheizung beheizt. Die Warmwasserversorgung erfolgt in den Wohnungen dezentral mit Elektro-Durchlauferhitzern. Im Zuge einer energetischen Sanierung wurden Dach und Außenwände wärmegedämmt und die Fenster ersetzt. Mit einem Energieverbrauch von 98 kWh/m²a erreicht das Gebäude so die Energieeffizienzklasse C.

Aktuell ist das Heizsystem auf eine sehr hohe Vorlauftemperatur von 90 °C ausgelegt. In Bild 4 bildet jeder Punkt die Nennleistung eines Heizkörpers bei einer bestimmten Vorlauftemperatur und dessen notwendige Heizleistung gemäß der raumweisen Heizlastberechnung im Auslegungsfall ab. Heizkörper rechts der Diagonalen sind nominell überdimensioniert, Heizkörper links davon zu gering bemessen. Der Vergleich der installierten Heizkörperleistung mit der zu erreichenden zeigt, dass ein Absenken der Vorlauftemperatur auf 75 °C in jedem Raum möglich ist. Bei einer Reduktion der Vorlauftemperatur auf die für den Wärmepumpeneinbau angestrebten 55 °C müssen rechnerisch zwei Drittel der Heizkörper durch Heizkörper mit einer größeren Heizleistung ersetzt werden.

Die Auslegung der Luft-Wasser-Wärmepumpe ergibt eine Leistung von 85 kW bei 2 °C Außenlufttemperatur, einer maximalen Vorlauftemperatur von 55 °C und einem Bivalenzpunkt von –7 °C (Tab. 2). Ersten Gebäudesimulationen zufolge sind unter diesen Voraussetzungen Jahresarbeitszahlen um die 4,0 zu erwarten. Dieser für Bestandsgebäude gute Wert ist neben den günstigen Gebäudeparametern darauf zurückzuführen, dass die bestehende Erwärmung des Trinkwarmwassers mit Durchlauferhitzern beibehalten wird, da im Gebäude keine Leitungen für eine zentrale Warmwassererwärmung und -zirkulation installiert sind. Die Wärmepumpe muss so nur die Wärme für die Heizung zur Verfügung stellen, was sich positiv auf die Effizienz auswirkt.

Leistung Wärmepumpe85 kW (A2/W55)
Pufferspeicher Heizung1,22 m³
Normaußentemperatur Auslegung–8 °C
Bivalenzpunkt–7 °C, darunter Einsatz Elektroheizstab
Tab. 2 Annahme neues System

Dieses Gebäude verfügt über gute Bedingungen für den Austausch der Heizungsanlage. Das kompakte Bauvolumen, die energetisch sanierte Gebäudehülle, vorhandene Heizungsräume und das großzügige Grundstück erlauben eine Aufstellung der Wärmepumpe sowohl im Keller als auch im Außenraum.

4.2 Zeilenbau aus den 1970er-Jahren, dezentral beheizt

In Mönchengladbach befindet sich diese im Jahr 1962 erbaute Zeilenbebauung (Bild 5) (Tab. 3). Das zweigeschossige Gebäude umfasst acht Wohnungen mit insgesamt 517 m² Wohnfläche. Ein angrenzender dreigeschossiger Gebäudeteil wird hier nicht betrachtet. Die Bebauung besteht aus vier reihenhausähnlichen Einheiten, die als ein Gesamtgebäude behandelt werden.

Baujahr1962
Wohnfläche517 m²
Wohnungen8
Energieverbrauch95 kWh/m²a
Gebäudeheizlast23 kW / 45 W/m²
EnergieeffizienzklasseC
HeizungGasetagenheizung
TrinkwarmwasserGasetagenheizung
Vorlauf-/Rücklauftemperaturunbekannt
Tab. 3 Eckdaten des Gebäudes

Die Gebäudehülle wurde 2015 mit einem ambitionierten Standard energetisch saniert. Gasetagenheizungen stellen die Wärme für die Heizung und das Trinkwarmwasser bereit. Sie befinden sich größtenteils in den Küchen und Bädern der Wohnungen.

Der Umgang mit dem bestehenden dezentralen Heizsystem stellt eine Herausforderung dar, für den es trotz des großen Bedarfs nur wenig erprobte Umbaubeispiele gibt. Die Heizleitungen sind für die dezentrale Versorgung mit Gasetagenheizungen installiert, ein Umbau auf ein zentrales System ginge mit dem Nachrüsten der Heizungsperipherie einher. Die Idee ist es darum, dass kleine wohnungsweise Wärmepumpen die bisherigen Etagenheizungen ersetzen (Tab. 4).

Leistung Wärmepumpe5 kW (A2/W55)
Speicher Trinkwarmwasser1,40 m³
Normaußentemperatur Auslegung–8 °C
Bivalenzpunkt–7 °C, darunter Einsatz Elektroheizstab
Tab. 4 Annahmen neues System

Die Bäder und Küchen in den Wohnungen sind oft klein, sodass der vorhandene Raum nach Wunsch der Wohnungsbaugesellschaften möglichst erhalten bleibt. Daher besteht die Zielsetzung darin, dass die Wärmepumpe inkl. Speicher nicht mehr als den Platz der bisherigen Gasetagenheizung einnimmt. Unter der Vo­raussetzung dieses Platzangebots können Wärmepumpen mit Speichergrößen zwischen 65 l und 120 l Volumen eingebaut werden. Für Haushalte mit ein bis zwei Personen ist dies als Trinkwarmwasserspeicher ausreichend, ab drei Personen werden gemäß der Berechnungen nach VDI4645 jedoch größere Volumina empfohlen.

Das Umbaukonzept des Wohngebäudes wird wie folgt angenommen: Eine außen aufgestellte Ventilatoreinheit überträgt die Umgebungstemperatur auf ein Wasser-Glycolgemisch. Diese Sole­flüssigkeit zirkuliert in einem Quellnetz mit einem Anschluss an jede Wohnung und dient den dezentral in den Wohnungen installierten Wärmepumpen als Wärmequelle. Das Quellnetz kann – sofern Platz ist – in bestehenden Schächten oder aber vor der Fassade angebracht werden. Dank des hohen Dämmstandards reicht selbst bei einer Absenkung der Vorlauftemperatur auf 55 °C die Heizleistung aller Heizkörper aus (Bild 6). Die wohnungsweisen Wärmepumpen für die rd. 60 m² großen Wohnungen lassen eine Jahresarbeitszahl für Heizung und Warmwasser von 3 erwarten. Im Leistungsbereich um die 5 kW können die Geräte mit geringen Füllmengen bis 150 g betrieben werden, mit Sicherheitseinschränkungen ist darum nicht zu rechnen.

Die hier erläuterte Umbauvariante mit wohnungsweisen Wärmepumpen und einem nachträglich an der Fassade geführten Wärmequellnetz hat den Vorteil, dass die Baumaßnahme nicht zeitgleich in jeder Wohnung erfolgen muss. Vielmehr können die Wohnungen nach und nach – mit dem Ausscheiden der alten Heizung – an das Quellnetz angeschlossen werden. Ein Nachteil ist die Wartungsintensität. Ist bei einem zentralen System nur eine Wärmepumpe zu warten, beläuft sich die Wartung auf ein Gerät pro Wohnung.

4.3 Urbaner Gründerzeitbau

Das Gründerzeitgebäude von 1915 markiert die Ecke eines Blockrands in einem dicht bebauten Potsdamer Stadtviertel (Bild 7) (Tab. 5). Die Grundstücksfläche ist im Verhältnis zur Nutzfläche des Gebäudes sehr klein. In dem Mehrfamilienhaus befinden sich 18 Wohn- und Gewerbeeinheiten. Bislang wird das Gebäude von einer Gaszentralheizung beheizt. Die Gebäudehülle ist nicht energetisch saniert. Dieses Gebäude vereint die Problematik einer schlecht wärmegedämmten Gebäudehülle mit einer großen Heizlast und nur wenig nutzbarer Fläche für die Erschließung von Umweltwärme als Wärmequelle.

Baujahr1915
Wohnfläche1075 m²
Wohnungen18
Energieverbrauch172 kWh/m²a
Gebäudeheizlast93 kW / 87 W/m²
EnergieeffizienzklasseF
HeizungGaszentralheizung
TrinkwarmwasserGaszentralheizung
Vorlauf-/Rücklauftemperatur90/70 °C
Tab. 5 Eckdaten des Gebäudes

Es gibt einen kleinen Innenhof, der für die Aufstellung einer Wärmepumpe genutzt werden kann. Die Schallschutzanforderungen sind jedoch mit einem Monoblock nur schwer einzuhalten. Um die Schallemissionen im Außenraum zu verringern, wird im bisherigen Heizungskeller eine Sole-Wärmepumpe aufgestellt. Im Innenhof steht nur noch die relativ geräuscharme Ventilatoreinheit, welche die Wärme der Außenluft auf einen Solekreis überträgt und der Sole-Wärmepumpe als Wärmequelle dient. Die Simulationsergebnisse lassen Jahresarbeitszahlen von 3,2 für das Gesamtsystem inkl. der Warmwassererwärmung erwarten (Tab. 6).

Leistung Wärmepumpe80 kW (A2/W55)
Pufferspeicher Heizung1,16 m³
Speicher Trinkwarmwasser1,40 m³
Normaußentemperatur Auslegung–14 °C
Bivalenzpunkt–7 °C, darunter Einsatz Elektroheizstab
Tab. 6 Annahmen neues System

Aufgrund der Innenaufstellung der Wärmepumpe ist den propanbedingten Sicherheitsanforderungen im Innenraum Rechnung zu tragen. Eine Zutrittsbeschränkung stellt sicher, dass keine Bewohner:innen den Heizungskeller betreten. Für den Fall eines Propanlecks kann der bestehende Abluftkamin in Kombination mit der Zuluftöffnung für den notwendigen Luftaustausch sorgen.

Der unsanierte Gebäudezustand spiegelt sich im Diagramm der Heizkörperleistung wider. Im Gegensatz zu den zuvor gezeigten energetisch sanierten Gebäuden sind einzelne Heizkörper selbst mit der sehr hohen Vorlauftemperatur des Bestandszustands zu klein dimensioniert. Bei einer Vorlauftemperatur von 55 °C müssen nahezu alle Heizkörper ausgetauscht werden, um die Räume ausreichend mit Wärme zu versorgen (Bild 8).

Bild 8 Leistung der installierten Heiz­körper bei verschiedenen Vorlauftemperaturen
Bild 8 Leistung der installierten Heiz­körper bei verschiedenen Vorlauftemperaturen
Quelle: Berechnungen Fraunhofer ISE

Mehrfamilienhäuser ähnlicher Bauweise sind tausendfach in ­Innenstädten zu finden. In vielen Fällen ist der energetische Standard der Gebäudehülle eher schlecht – oft aus Gründen des ­Denkmalschutzes oder zum Schutz und Erhalt der aufwendig gestalteten Schmuckfassaden. Wie dieses Beispiel zeigt, kann selbst in so einem Fall der Umbau auf eine Wärmepumpe eine Option sein – jedoch unter der Prämisse des Heizkörpertauschs. Eine sinnvolle Alternative für solch ein dicht besiedeltes Stadtviertel wäre der Anschluss an ein Wärmenetz, anstatt Insellösungen für jedes Gebäude zu entwickeln.

5 Fazit

Die drei hier vorgestellten Wohnhäuser repräsentieren nicht den gesamtdeutschen Bestand an Mehrfamilienhäusern. Einige typische Aspekte, die bei einer Modernisierung auftauchen, können sie jedoch abbilden. Es zeichnet sich ab, dass der Umbau des Heizsystems auf Propan-Wärmepumpen bei einer Vielzahl der Mehrfamilienhäuser möglich ist. Die Sicherheitsanforderungen, die mit der Nutzung von Propan als Kältemittel einhergehen, sind gut beherrschbar und machen Propan-Wärmepumpen zu einer sicheren Technologie.


Literatur

  1. Statistisches Bundesamt (2024) Knapp zwei Drittel der 2023 errichteten Wohngebäude heizen mit Wärmepumpen. Pressemitteilung Nr. N025 vom 4. Juni 2024 [online].
    Wiesbaden: Destatis. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/06/PD24_N025_31_51.html [Zugriff am: 10. Juni 2024]
  2. Loga, T.; Stein, B.; Diefenbach, N.; Born, R. (2015) Deutsche Wohngebäudetypologie. Beispielhafte Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von typischen Wohngebäuden [online]. Darmstadt: Institut Wohnen und Umwelt. https://www.iwu.de/fileadmin/publikationen/gebaeudebestand/episcope/2015_IWU_LogaEtAl_Deutsche-Wohngebäudetypologie.pdf [Zugriff am: 10. Juni 2024]
  3. Statistisches Bundesamt (2021) Gebäude und Wohnungen. Bestand an Wohnungen und Wohngebäuden [online]. Wiesbaden: Destatis. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Wohnen/Publikationen/Downloads-Wohnen/fortschreibung-wohnungsbestand-pdf-5312301.pdf ?__blob=publicationFile [Zugriff am: 10. Juni 2024]
  4. Meyer, R.; Fuchs, N.; Thomsen, J.; Herkel, S.; Kost, C. (2024) Heizkosten und Treibhausgasemissionen in Bestandsgebäuden – Aktualisierung auf Basis der GEG-Novelle 2024 . Kopernikus-Projekt Ariadne. Potsdam Institute for Climate Impact Research. https://doi.org /10.48485/pik.2023.028
  5. Umweltbundesamt (2024) EU-Verordnung über fluorierte Treibhausgase [online]. Dessau-Roßlau: UBA. https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/fluorierte-treibhausgase-fckw/rechtliche-regelungen/eu-verordnung-ueber-fluorierte-treibhausgase#aktuelles [Zugriff am: 7. Juni 2024]
  6. Becker, C.; Gloel, J.; Moie, J.; Timm, E.; Hutz, P.; Koch, F.; Lützkendorf, C. (2022) Hauswärmepumpen mit natürlichen Kältemitteln. HEAT GmbH, Königstein; Deutsche Umwelthilfe, Berlin. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt.
  7. Umweltbundesamt (2023) Regulierung von PFAS unter REACH, CLP und Stockholm Konvention [online]. Dessau-Roßlau: UBA. https://www.umweltbundesamt.de/regulierung-von-pfas-unter-reach-clp-stockholm [Zugriff am: 10. Juni 2024]
  8. Deutsche Energieagentur (2019) Vorbereitende Untersuchungen zur Erarbeitung einer langfristigen Renovierungsstrategie nach Art. 2a der EU-Gebäuderichtlinie RL 2018/844 (EPBD). Ergänzung zum Endbericht – 16. September 2019.
  9. Methler, T.; Schnabel, L.; Morawietz, K.; Dankwerth, C.; Fugmann, H.; Sonner, C. (2023) Performance and safety analysis of charge reduce brine to water heat pumps using R290. Presentation-Paper 14th IEA Heat Pump Conference. Chicago, May 15–18, 2023.
  10. Uhl, A. (2024) Propan-Wärmepumpen in Bestands-Mehrfamilienhäusern: Eine interdisziplinäre Betrachtung [Masterarbeit]. Fraunhofer ISE, Freiburg; FernUniversität, Hagen.

Autor:innen

Dipl.-Ing. Annette Uhl, M.Sc., annette.uhl@ise.fraunhofer.de

Bruno Bavia Bampi, M.Sc., bruno.bavia.bampi@ise.fraunhofer.de

Dipl.-Ing. (FH) Björn Nienborg, M.Sc., bjoern.nienborg@ise.fraunhofer.de

Dr.-Ing. Peter Engelmann, peter.engelmann@ise.fraunhofer.de

Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme, Freiburg
www.ise.fraunhofer.de

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