Sieger der DGNB Sustainability Challenge 2024 Forschung
Der moderne Holzbau zeichnet sich durch seine ökologischen Vorteile aus, wie den geringen Energie- und Ressourcenverbrauch sowie die Fähigkeit, Kohlenstoff zu speichern. Diese Eigenschaften verleihen ihm ein erhebliches Klimaschutzpotenzial. Um den Klimaschutzzielen gerecht zu werden, ist es essenziell, den Fokus auf die zirkuläre Bauweise im Holzbau zu legen.
Das Forschungsprojekt circularWOOD – Paradigmenwechsel für eine Kreislaufwirtschaft im Holzbau hat die Anwendung zirkulärer Prinzipien umfassend untersucht. Es analysiert den aktuellen Forschungsstand, identifiziert Hindernisse, entwickelt zukunftsorientierte Szenarien und erarbeitet praxisnahe Handlungsempfehlungen mit besonderem Augenmerk auf hochwertige stoffliche Nachnutzung. Durch einen systematischen Ansatz zielt das Projekt darauf ab, bestehende Lücken in der Kreislaufwirtschaft des Holzbaus zu schließen. Dabei untersucht es die Herausforderungen des kreislauffähigen Holzbaus und integriert theoretisches sowie praktisches Wissen mit Fokus auf Hemmnisse und Potenziale. Grenzüberschreitende Stakeholderanalysen und Expert:inneninterviews sowie Erfahrungen aus Umsetzungsprojekten in Deutschland und der Schweiz gewährleisten die Berücksichtigung nationaler Unterschiede in den Rahmenbedingungen und deren Einfluss auf die Skalierbarkeit.
Ein kreislauffähiger Holzbau zeichnet sich durch seine Langlebigkeit und Funktion als Materiallager und temporärer Kohlenstoffspeicher aus. Die Einzelkomponenten bestehen aus nachwachsenden Rohstoffen, die schadstofffrei, trennbar und wiederverwendbar sind. Das verwendete Holz stammt aus nachhaltiger Waldwirtschaft, wobei künftig auch geringere Holzqualitäten zum Einsatz kommen. Am Ende des Lebenszyklus eines Gebäudes ist eine zerstörungsfreie Demontage und Trennung der Bauteile in ihre Komponenten gewährleistet. Der vorgefertigte Holzbau bietet hierfür optimale Voraussetzungen: Sein hoher Vorfertigungsgrad, die Elementierung und die Logik der Fügung großer Bauteile ermöglichen es, Bauteile, Bauelemente und Einzelkomponenten zerstörungsfrei zu lösen und wiederzuverwenden. Diese Rückbaubarkeit und hochwertige stoffliche Nachnutzung wird durch den Einsatz reversibler Verbindungen gefördert. Neben formschlüssigen Verbindern dienen Holz-Holz-Verbindungen als belastbare, nachhaltige und rückbaubare Alternativen im Holzbau. Präzise Fertigungsmethoden mittels CNC-Technologie unterstützen die Verwendung natürlicher Materialien und minimieren den Bedarf an Verbindungselementen aus Metall oder Kunststoff. Um solche Wiederverwendungsszenarien zu etablieren, sind ökonomisch und ökologisch sinnvolle Umsetzungspraktiken erforderlich, die auf entsprechenden Geschäftsmodellen basieren. Ein weiterer Schritt zur breiten Einführung kreislauffähiger Holzbauten ist der Abbau bestehender Hemmnisse. Dies erfordert die Anpassung rechtlicher Rahmenbedingungen und die Transformation von Geschäftsmodellen hin zu kreislauffähigen Konzepten. Ansätze reichen von Rücknahmeverpflichtungen über die Dokumentation von Verfügbarkeiten bis hin zur Etablierung von Wiederverwendungskonzepten.
Für eine zukunftsorientierte Entwicklung muss die Holzbaubranche die Aspekte der Kreislaufwirtschaft intensiv analysieren. Eindeutig definierte Bewertungskriterien und umfassende Dokumentationsstandards sind unerlässlich. Ein offenes, neutrales und lizenzfreies Materialkataster ist hierfür eine notwendige Grundlage. Holzbaubranche und Forschung müssen spezifisches Know-how einbringen, um die Umsetzung kreislauffähiger Prinzipien zu gewährleisten und starre Strukturen zu hinterfragen. Die Schaffung geschlossener Materialkreisläufe im Holzbau erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Forschung, Holzbaubranche und Industrie. circularWOOD bietet einen umfassenden Überblick über aktuelle Erkenntnisse und ermöglicht eine fundierte Einordnung des Holzbaus in den Kontext der Kreislaufwirtschaft.
Das Projekt circularWOOD zeigt, dass der Holzbau ein enormes Potenzial zur Umsetzung kreislauffähiger Gebäude besitzt, die langfristig Ressourcen schonen, als Rohstofflager dienen und maßgeblich zum Klimaschutz beitragen. Durch den konsequenten Einsatz innovativer Techniken und die Optimierung bestehender Methoden kann der Holzbau eine führende Rolle in der kreislauffähigen Architektur übernehmen. Dies bietet nicht nur ökologische Vorteile, sondern fördert auch wirtschaftliche und soziale Innovationen.
Weitere Infos: www.circularwood.net
Autorinnen
Dr.-Ing. Sandra Schuster
Architektin und Forschungsdirektorin am Lehrstuhl für Architektur und Holzbau der TU München, seit 2019 Leiterin des Forschungsverbunds TUM.wood
Dr.-Ing. Sonja Geier
Architektin und stellvertretende Leiterin des Kompetenzzentrums Typologie & Planung in Architektur (CCTP) an der Hochschule Luzern
Forschungsbericht
Der Bericht ist verfügbar unter: https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/bbsr-online/2023/bbsr-online-15-2023.html
doi.org/10.14459/2023md1725475
Förderung
Das Forschungsprojekt circularWOOD wurde gefördert vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) aus Mitteln des Innovationsprogramms Zukunft Bau.