Innovationsbremse Regulatorik

Diskussion beim Baukongress 2024: Von Vorschriften zu Lösungen für effizientes und nachhaltiges Bauen

Der Baukongress 2024 in Aachen widmete sich in einer Fachsession der Innovationsbremse Regulatorik. Prof. Beate Wiemann, Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrieverbands NRW, moderierte die Fachsession und brachte die Aktualität des Themas auf den Punkt: „Die Zahl der Bauvorschriften, Vorgaben und technischen Normen ist in den letzten Jahrzehnten regelrecht explodiert. Diese überbordende Regulatorik trifft heute auf immense Bauaufgaben und neue Herausforderungen: Wir müssen schneller, nachhaltiger und günstiger bauen. Das gilt für Neubau und Sanierung von Wohnungen, für den Ausbau der Verkehrs- und Energieinfrastrukturen sowie für den Einsatz innovativer Baustoffe und Verfahren. Die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland hängt auch davon ab, wie gut es gelingt, die Regulatorik auf ein notwendiges und sinnvolles Maß zurückzuführen.“

Es besteht Handlungsbedarf

Die Teilnehmenden waren sich einig: Planung, Herstellung und Betrieb von Gebäuden werden immer teurer, auch weil zahlreiche gesetzliche Regelungen, Verordnungen und Bestimmungen auf EU-, Bundes- und Landesebene einzuhalten sind, die mitunter keinen Mehrnutzen bewirken, sondern vielfältige Aspekte unnötig verkomplizieren. Die Fachsession zeigte auch anhand von konkreten Beispielen aus dem Ausland, dass es anders und besser geht, und verdeutlichte den dringenden Handlungsbedarf in Deutschland.

Die Überarbeitungszeiten von Normen und Regularien betragen bis zu 15 Jahre und sind damit deutlich zu lang, so auch Prof. Josef Hegger vom Lehrstuhl und Institut für Massivbau, RWTH Aachen. Um praxisgerechte Normen schneller erarbeiten zu können, stellte er infrage, dass wir Ehrenamtliche in die internationalen und europäischen Normungsgremien entsenden, während andere Länder auf Hauptamtliche setzen. Durch die Professionalisierung könnten deutlich schnellere Überarbeitungszeiten erreicht werden.

Innovationsspielraum schaffen

Beim Umgang mit Normen und Regularien könnte eine stärkere Differenzierung zwischen Handlungsrahmen (Komfort- und Qualitätsanforderungen) und verbindlichen Vorschriften (Sicherheit für Leib und Leben) dazu beitragen, mehr Flexibilität und Innovationsspielraum zu schaffen – eine sog. Teilkasko-Regelung, beim Baukongress 2024 vorgestellt von Antonino Vultaggio von HPP Architekten Düsseldorf.

Überdenken und Überarbeiten von Haftungsregelungen – etwa unter bestimmten Bedingungen Abweichungen zuzulassen – könnte die Innovationsfreudigkeit erhöhen. Schließlich könnte es durch eine allgemein differenzierte Handhabung von Normen und Regulatorik gelingen, die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft zu stärken.

Einfluss auf den Bestand

Es steht außer Frage, dass eine Deregulierung des Baugenehmigungsverfahrens Prozesse vereinfachen und beschleunigen würde. Förderlich könnte zudem sein, wenn lokale Bauaufsichtsbehörden den vorhandenen Ermessensspielraum nutzen, bspw. bei Fragestellungen zum Bauen im Bestand.

Die von ABE-Vorsitzendem Dr. Hans-Jürgen Krause von Kempen Krause Ingenieure in die Diskussion eingebrachte Oldtimerregelung bedeutet, den Erhalt bestehender Bauwerke zu erleichtern, wenn nicht zwingend der Neubaustandard angewendet werden muss. Oft werden die allgemein anerkannten Regeln der Technik als Standard gesetzt – hier könnten verbindliche Mindeststandards u. U. zu Kostenersparnis führen.

Aus den gemeinsam erarbeiteten Ergebnissen wurde ein Vorschlagspapier erstellt, das nun von Bauindustrieverband und Ingenieurkammer-Bau NRW im Namen des Baukongresses an das Bauministerium übergeben wird.

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