Finalist der DGNB Sustainability Challenge 2024 Forschung
Um den Gebäudebestand möglichst klimaneutral umzubauen, ist es wichtig, den aktuellen Zustand genau zu erfassen. Nur so lässt sich das Verbesserungspotenzial erkennen und sinnvolle Sanierungsmaßnahmen planen. Bislang erfolgt die Bestandsaufnahme oft manuell, was sehr aufwendig und daher mit hohem Zeitaufwand und erheblichen Kosten verbunden ist. Das Forschungsprojekt Pointclouds2LCA am Lehrstuhl für Computergestützte Modellierung der Technischen Universität München entwickelt eine automatisierte Lösung dafür. Dabei werden 3D-Punktwolkendaten genutzt, um den Gebäudebestand digital zu erfassen.
Mit dieser Methode lässt sich der Zustand ganzer Gebäudeportfolios schnell und präzise analysieren. So können Eigentümer und Verwalter von Immobilienbeständen die Einsparpotenziale bei Energie und Kosten zuverlässig ermitteln. Darauf aufbauend können sie geeignete Sanierungsmaßnahmen für ausgewählte Gebäude planen und umsetzen. Durch den Einsatz moderner Technologien wird der Prozess der Bestandsaufnahme deutlich effizienter. Das erleichtert den Weg vom Neubau hin zur klimafreundlichen Sanierung des vorhandenen Gebäudebestands.
In diesem Forschungsprojekt wird eine vollautomatische Methode entwickelt, um den Gebäudebestand digital zu erfassen und Sanierungsszenarien zu berechnen. Hierfür können unterschiedliche Datenquellen genutzt werden: sowohl Laserscans aus Befliegungen (ALS – Airborne Laser Scanning), Straßenbefahrungen (MLS – Mobile Laser Scanning), konventionelle Drohnenbefliegungen (UAV – Unmanned Aerial Vehicle) und anschließende 3D-Rekonstruktion mittels Fotogrammetrie als auch generell öffentlich verfügbare 3D-Datenquellen wie bspw. Mesh-Modelle aus Google Maps.
Der Prozess der entwickelten Methode gliedert sich in mehrere Schritte:
1. Zunächst wird aus den Rohdaten ein 3D-Oberflächenmodell des Gebäudes erstellt.
2. Anschließend werden die einzelnen Oberflächen semantisch klassifiziert, also nach ihrer Funktion (z. B. Wände, Fenster, Dächer) gegliedert. Dabei werden auch Informationen zum Baualter genutzt, um die verwendeten Materialien grob abzuschätzen.
3. Zusätzlich werden 2D-Fassadenbilder analysiert, um die Geometrie und Eigenschaften der Fenster genauer zu erfassen. Auch hier können verschiedene Eingangsdaten genutzt werden, bspw. aus Google Street View oder gezielt mit dem Smartphone aufgenommen, um Fenstergeometrien und zukünftig auch Oberflächenmaterialien zu erkennen.
4. Alle diese Informationen werden dann in einem semantisch angereicherten 3D-Gebäudemodell zusammengeführt.
5. Auf Basis dieses digitalen Modells können schließlich verschiedene Sanierungsszenarien berechnet werden – wodurch man deren Auswirkungen auf den Energieverbrauch und die Ökobilanz analysieren kann.
Im Vergleich zur konventionellen manuellen Erfassung ist dieser Ansatz deutlich effizienter. Er ermöglicht es, den Gebäudebestand großer Portfolios schnell und kostengünstig zu digitalisieren. Bestandshalter wie Immobilienunternehmen, Kommunen oder Wohnungsgenossenschaften können so die Sanierungspotenziale ihrer Gebäude zuverlässig ermitteln und datenbasierte Entscheidungen treffen. Auch Energieberater können von den Forschungsergebnissen profitieren und die Sanierungsberatung auf eine solide digitale Grundlage stellen. Insgesamt trägt das Projekt so dazu bei, den Weg vom Neubau hin zur klimafreundlichen Bestandssanierung zu ebnen.
Weitere Infos unter www.cee.ed.tum.de/cms/research/research-groups/knowledge-representation-and-reasoning/sanierungspotenziale-mithilfe-intelligenter-punktwolkenverarbeitung