Ressourcenwende beim Bauen

Bernhard Hauke
Foto: Stefan Haehnel

Das Impulspapier Kreislaufwirtschaft für Wertschöpfung, Souveränität und Nachhaltigkeit der Allianz für Transformation hat erneut festgestellt, dass Hoch- und Tiefbau enorme Ressourcen verbrauchen, 480 Mio. t Rohstoffe jährlich, und gleichzeitig 200 Mio. t Bauabfälle verursachen. Einschließlich der Herstellung von Baustoffen trägt der Gebäudesektor zu etwa 40 % der Emissionen bei. Der Bau- und Gebäudebereich spielt also eine zentrale Rolle bei der Erreichung der Klima- und Nachhaltigkeitsziele. Konsequenterweise fordert das Impulspapier endlich die Potenziale der Kreislaufwirtschaft im Bausektor zu heben. So will Baustaatssekretär Dr. Rolf Bösinger Kreislaufwirtschaft in konkreten, Erfolg versprechenden Projekten, die skalierbar für die gesamte Bauwirtschaft sind, denken und so Deutschland zum Vorreiter der Transformation im Baubereich machen.

Wir haben also grundsätzlich kein Erkenntnisproblem, aber eines mit der Umsetzung. Unsere Abfallwirtschaft ist noch weit entfernt von einer echten Kreislaufwirtschaft. Momentan fängt das meist erst mit dem Rückbau an, und dann reden wir immer noch überwiegend über Abfall und Entsorgung statt über Weiterverwendung. Zirkularität beginnt aber vorne, nämlich mit der Planung des Bauwerks, mit recycelbaren Baustoffen und wiederverwendbaren Bauprodukten sowie mit am Ende wieder demontierbaren und sortenrein trennbaren Konstruktionen. Wichtig ist dabei ein angemessener Aufwand, ohne unnötige Zerstörung und Verunreinigung – darum muss das ja auch ordentlich geplant werden. Im Moment fehlen noch überall die Anreize, durchgängige Strukturen und oft auch der Rechtsrahmen. Die meisten Bestandsbauwerke wurden weder für den Rückbau noch für eine hochwertige Verwertung konzipiert. Damit ist Urban Mining heute meist noch deutlich teurer als die Verwendung von Primärmaterial. Entsprechend werden nach wie vor deutlich zu viele nicht erneuerbare Primärmaterialien eingesetzt und ein Design for Recycling findet kaum statt. Auf der anderen Seite beträgt der Anteil der CO2-Emissionen der Bauwerksherstellung inzwischen 30–50 % bezogen auf den üblichen Lebenszyklus von 50 Jahren, ist also – anders als vor Jahren gerne argumentiert – heute keineswegs vernachlässigbar.

Wir brauchen ein deutliches politisches ­Signal in ­Richtung einer ­echten Kreislaufwirtschaft und eine ­durchgängige Regulatorik

Wir brauchen ein deutliches politisches Signal in Richtung einer echten Kreislaufwirtschaft und eine durchgängige Regulatorik dazu. Die neue Mantelverordnung kann nur ein erster Schritt sein, der wohl vorerst sogar einer in die falsche Richtung war. Die Energiewende ist in aller Munde. Was wir aber brauchen, ist eine umfassendere Betrachtung, eine Ressourcenwende, die für das Bauen z. B. Bestandserhalt und Umbau, Wiederverwendung und Urban Mining umfasst. Eine Ressourcenwende beim Bauen bietet große Chancen für innovative Geschäftsideen und Businessmöglichkeiten für Baustoffindustrie, Bauproduktehersteller, Baufirmen, Planer und clevere Dienstleister, indem die Produkte kreislauffähig gestaltet sowie Aufbereitung und Verwertung viel stärker industrialisiert werden. Ein Teil der Lösung ist der lange angekündigte digitale Ressourcenpass für Gebäude und am besten auch gleich für Infrastrukturbauwerke. Bei Gebäuden wäre auch eine Zusammenführung mit dem Energieausweis denkbar, um so eine Vielzahl von verschiedenen Dokumenten zu vermeiden. Ebenso förderlich wäre eine Zielquote für erneuerbare Baustoffe, um rasch von den Leuchtturmprojekten der Kreislaufwirtschaft zur ­Massenanwendung zu kommen. Realistisch ist vielleicht zuerst eine Quote von einem Drittel erneuerbaren Baustoffen, die dann ansteigt. Das können zum einen nachwachsende Baustoffe aus dem biologischen Kreislauf sein, aber genauso gut auch Sekundärmaterialien oder -bauteile aus dem technischen Kreislauf – Technologieoffenheit ist unumgänglich. Und alle eingesetzten Baumateria­lien und Baukonstruktionen sollten kreislauffähig, also wieder demontierbar, trennbar, rezyklierbar sein. Die deutsche Bundesregierung will im Frühjahr 2024 eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie mit verbindlichen Zielen und Maßnahmen bis 2045 verabschieden. Die Ressourcenwende beim Bauen muss ein essenzieller Teil dieser Kreislaufwirtschaftsstrategie sein.

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