Back to the future – von der Vergangenheit lernen
HORTUS in Allschwil bei Basel ist ein Leuchtturmprojekt der Nachhaltigkeit. Ein zukunftsorientierter Investor, ein bekanntes Architekturbüro und ein innovatives Ingenieurbüro haben für dieses Bürogebäude gemeinsam ein Konzept entwickelt, das darauf abzielt, bereits nach rd. 30 Jahren eine energiepositive Bilanz auszuweisen. Dies heißt, dass das Gebäude die für seine Erstellung benötigte (graue) Energie innerhalb einer Generation durch die hauseigene, regenerative Energiegewinnung mittels Photovoltaik (PVA) zurückzahlen wird. Der Weg führt über den Einsatz von traditionellen, regional vorhandenen Naturmaterialien, die in einem spezifisch entwickelten Konstruktionsverfahren neu interpretiert werden. Zentrales Element der Konstruktion sind neuartige Holz-Lehm-Decken. Sie wirken sich nicht bloß günstig auf die ökologische Gesamtbilanz aus, sie leisten auch einen wichtigen Beitrag zum Wohlbefinden der künftigen Nutzerinnen und Nutzer.
1 Einleitung
HORTUS ist das lateinische Wort für Garten. Bei diesem Projekt hat es als Akronym eine weitere Bedeutung. Es steht für House Of Research Technology Utopia and Sustainability – Haus der Forschung, Technologie, Utopie und Nachhaltigkeit. Hinter dem Projekt stehen drei Schweizer Unternehmen: die Entwicklerin Senn Resources AG aus St. Gallen, das renommierte, weltweit tätige Architekturbüro Herzog & de Meuron aus Basel und ZPF Ingenieure als Tragwerksplaner, ebenfalls aus Basel. Das Team von Lehm Ton Erde um Martin Rauch aus Schlins unterstützte zudem in der Frühphase des Projekts mit seiner Lehmbauexpertise. HORTUS, aktuell im Bau, geplante Fertigstellung Ende 2024, wird Teil von BaseLink, einem neuen Gewerbegebiet in der Vorortgemeinde Allschwil, das sich direkt an der Landesgrenze zwischen der Schweiz und Frankreich entlangzieht. BaseLink bezeichnet sich als Ökosystem für die Life-Science- und Biotech-Branche, für Start-ups und seine Forscherinnen und Forscher (Bild 1).
Eine Gesamtnutzfläche von knapp 13.000 m2 verteilt sich in dem nicht unterkellerten Gebäude auf fünf Geschosse, die einen begrünten Innenhof mit einem natürlichen Biotop einfassen. Auf die Mietparteien warten bezugsbereite Flächen. Außerdem haben sie Anteil an Gemeinschaftsbereichen auf den betreffenden Geschossen. Das Eingangsgeschoss wird als große, von der Betreiberin aktiv bediente Begegnungszone konzipiert. Dort wird auch ein hauseigenes Café ohne Konsumationspflicht eingerichtet. Das angewendete Nutzungsprinzip lautet: Access over Ownership, was auf Deutsch so viel heißt wie Nutzen statt Besitzen.
Zum Basisangebot für die bezugsbereit mietbaren Flächen gehören die Raumoberflächen, die Grundversorgung mit Kunstlicht, Lüftung, Heizung, Kühlung, ein adäquater Schallschutz sowie Anschlüsse von elektrischem Strom und LAN für jeweils 10 m². Die Ausstattung und die Versorgung des Gebäudes orientieren sich vollständig an den folgenden drei Nachhaltigkeitszielen, die auch für die Baustruktur gelten:
- geringstmöglicher Energieverbrauch, sowohl in der Erstellung als auch im Betrieb – die Zielwerte des Effizienzpfads Energie (SIA 2040) für Bürogebäude werden nicht nur eingehalten, sondern deutlich unterschritten,
- höchstmögliche Wiederverwend- und einfache Rückbaubarkeit der Materialien nach dem Prinzip des Design for Disassembly und
- die eingangs genannte energiepositive Bilanz nach rd. 30 Jahren Betrieb.
HORTUS will kein Luxus-Ökobau sein. Fakt ist, dass die Ansätze des nachhaltigen Bauens zur Erreichung der Klimaziele (Europäisches Klimagesetz, Netto-Null bis 2050) auch über die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit der eingesetzten Systeme in die Breite getragen werden müssen, um eine entsprechende Hebelwirkung zu erzielen. Einzelne Leuchtturmprojekte begeistern Fachleute und Laien gleichermaßen, regen zur Nachahmung an und sensibilisieren unsere Gesellschaft für die Problematik im Allgemeinen. Als Einzelobjekte sind sie jedoch nicht in der Lage, einen nominell spürbaren positiven Effekt auf die Treibhausgasemissionen zu erzielen.