Lasst uns diskutieren, hart sogar, aber wertschätzend – so hatte ich das Editorial der nbau 5/2023 betitelt und war ganz offen und ehrlich auf die Causa Sobek/Finkbeiner eingegangen. Ich war und bin der Meinung, dass dies der richtige Weg ist, mit solchen Themen umzugehen – offensichtlich aber nicht der einfachste. Es gibt Freunde, die rufen an und fragen – danke. Und es gibt vermeintliche Kolleg:innen, die sich erst mal an mir persönlich abarbeiten und dann meinen, mit mir diskutieren zu wollen. Nein, so läuft das nicht. Natürlich halte ich die persönliche Diskreditierung aus. Aber ich bin schlicht nicht bereit, mit denen, die vermuten statt zu fragen und das dann auch mit einer gewissen Häme verbreiten, in den Diskurs zu gehen. Ich greife hier letztmalig öffentlich ein paar Punkte auf. Es ist mein Fehler, dass der Beitrag so veröffentlicht wurde. Dabei geht es ausschließlich um die Form, nicht aber um den fachlichen Inhalt, um den Kern der Kritik. Selbstverständlich darf jeder kritisiert werden, so auch Werner Sobek, aber ich will einen respektvollen Umgangston. Manche fanden den auch in Ordnung, ich jedoch nicht, zumindest nicht in der nbau. Etwas anderes ist ein direktes Gespräch oder der eigene Social Media Post. Ja, Werner Sobek hat sich bei mir gemeldet und seine Enttäuschung zum Ausdruck gebracht, mehr aber auch nicht. Er hat nicht gedroht oder irgendwelche Konsequenzen gefordert. Ehrlich, solche Gerüchte sind abstrus und beschreiben wohl eher diejenigen, die sie fantasievoll in die Welt setzen. ICH habe entschieden, die Verbreitung des Beitrags durch den Verlag, den ich hinter mir habe, zu stoppen. Natürlich befeuert das dann die Verbreitung von Schwarz-Weiß-Kopien, aber das ist etwas anderes. Die Diskussion zu Holz, Beton etc. darf, ja muss selbstverständlich weitergehen, gerne mit Jörg Finkbeiner und Werner Sobek und mit allen anderen, auch mit denen, die sich da im Hintergrund gehalten haben, nur eben bitte mit gegenseitiger Wertschätzung. Das ist mein Punkt.
Abriss und Neubau kosten oft genauso viel wie Umbau und Sanierung – die Ökobilanz noch nicht mit betrachtet
Jetzt aber zu dem, was ich eigentlich sagen wollte. Brauchen wir wirklich 20 neue Stadtteile in den gefragtesten Städten wie in den 1970er-Jahren? So hatte es Bundeskanzler Olaf Scholz kürzlich gefordert. Ja, wir brauchen bezahlbaren Wohnraum für alle. Der immer größer werdende Wohnraum pro Kopf ist dann noch ein anderes Thema. Aber Wohnen ist eine soziale Frage, die selbstverständlich auch Teil des Nachhaltigkeitsgedankens ist. Nur, sind die Lösungen von vor 50 Jahren auch die, welche uns heute weiterhelfen? Haben die eigentlich damals wirklich nachhaltig geholfen im Sinne von dauerhaft attraktiven und lebenswerten Wohnsiedlungen? Beides darf bezweifelt werden. Gut, unterstellen wir Olaf Scholz nicht Dinge, die er nicht explizit gesagt hat. Klar ist auch: ganz ohne Neubau wird es nicht gehen. Aber es müssen sicher nicht unbedingt die Großwohnsiedlungen am Rande der Stadt sein. Das würde vielerorts zu einer weiteren Donatisierung unserer Städte führen – dem Weiterbauen auf der grünen Wiese am Rande, während die inneren Stadtteile entvölkern und um Anschluss ringen. Die Stadt der kurzen Wege holt die Menschen zurück in die Zentren. Diese waren einst dicht bewohnt und lebendig – bis der heute wieder auf dem Rückzug befindliche stationäre Einzelhandel sich ausbreitete und nun nach Ladenschluss dort oft Tristesse vorherrscht. Auch gibt es nach wie vor eigentlich gut erschlossene Industriebrachen und Konversationsflächen in Stadtnähe – wie in Köln-Mülheim oder das Glasmacherviertel in Düsseldorf. Die Innenentwicklung muss Vorrang haben und ebenso die Umnutzung des Bestands. Nur, der Abrisswahn geht munter weiter. Es ist aber so, dass Abriss und Neubau oft genauso viel kosten wie Umbau und Sanierung – die Ökobilanz ist da noch gar nicht mit betrachtet. Aber die Planung im Bestand ist viel kleinteiliger, aufwendiger, ja anspruchsvoller und so mancher Bauherrenwunsch muss halt letztlich an die vorhandenen Möglichkeiten angepasst werden – nicht umgekehrt. Auch in der Ausführung ist es mitunter leichter, Tabula rasa zu machen und dann geschwind einen Neubau mit modernem Brandschutz und allem Pipapo hinzustellen – die Firmen sind schlicht seit Dekaden genau dafür aufgestellt. Hier muss meiner Meinung nach beim Planen, Genehmigen und Bauen ein Umdenken stattfinden. Denn der einfache Weg muss nicht der bessere sein.
Bernhard Hauke
nbau Chefredakteur