Post-Fossil Construction for Game Changers
Dass die Baubranche in Summe einen weit größeren Anteil an der Klimakrise hat als bis vor wenigen Jahren gedacht, hat inzwischen wohl jeden, der Augen und Ohren hat, erreicht – und auch, dass wir nun schnell umsteuern müssen beim Bauen. Das nennt sich Bauwende und die Entscheider der Bauwirtschaft, aber auch Politik und Verwaltung sowie Immobilienwirtschaft und Finanzierende haben einen entsprechend großen Hebel. Diese Menschen will The Real Deal erreichen, um aufzuzeigen, wie ein postfossiler Bausektor entscheidend zur Abwendung des Klimanotstands beitragen und gleichzeitig mit neuen, digitalen Ansätzen weitere Geschäftsfelder erschließen kann.
Soweit zur großen Zielstellung des Buchs. Wie funktioniert das? Eine richtige Struktur ist nicht sofort ablesbar. Also mal reinblättern in die vielen verschiedenen, meist recht kurzen Fachbeiträge und zahlreichen Interviews mit diversen Akteuren der Branche. Da gibt es immer wieder was Kurzes zu Bauen mit Stroh, Lehm oder Holz, zu Wiederverwendung oder Umbau, zu Digitalisierung und Vorfertigung, zu Urban Mining, Zeit oder Kosten, viele Statistiken und gut aufbereitete Grafiken.
Materialempfehlungen zu mehr oder weniger nachhaltig, klimafreundlich oder gesund sind in Teilen der Branche sicher ob ihrer Einfachheit sehr beliebt und grundsätzlich ja auch nicht falsch. Aber Materialpyramiden vereinfachen am Ende doch übermäßig und führen dann öfter als erwünscht zum Gegenteil des mit viel Enthusiasmus Angestrebten. Allgemein anerkanntes Werkzeug ist und bleibt ein Ökobilanzierung über den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken. Hier springt das Buch zu kurz. Es fehlt vielleicht ein bisschen Peter Drucker, denn nur was man messen kann, kann man auch managen. Sollten nicht die Entscheider angesprochen werden?
Zielsetzungsgemäß ist das Buch eine breite Übersicht zu verschiedenen, in der Branche wohlbekannten Ansätzen mit zahlreichen, oft ebenso bekannten Grafiken und Fotos. The Real Deal ist damit ein auf Sichtbarkeit bedachtes Lesebuch im inhaltlichen Zeitschriftenformat. Es ist handlich und lässt sich prima in der S-Bahn schmökern. Ansprechen will es offenbar all diejenigen, die auf dem Weg vom klassischen Bauen hin zur notwendigen Bauwende noch zögern oder sich dahin ein bisschen festgefahren haben, Inspiration und Motivation bedürfen. Dafür ist es ein sehr empfehlenswertes Buch. Für Konkreteres gibt es andere Bücher.
The Real Deal
Post-Fossil Construction for Game Changers
Fabian Hörmann [Hrsg.]
Berlin: Ruby Press (2023)
240 S., Softcover, 24 Euro