Zielführendste Sanierungsvariante für Einfamilienhäuser in Bezug auf das Global Warming Potential finden

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Für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels rückt zunehmend die Baubranche in den Vordergrund. Zieht man den Bericht der International Energy Agency in Betracht, sind Gebäude weltweit für 38 % der CO2-Emissionen verantwortlich [1]. Folglich wurden in der Vergangenheit Gesetze erlassen, die die Reduzierung der Emissionen im Gebäudesektor verfolgten. Die regelmäßige Verschärfung der Gesetzgebung führt zu immer effizienteren Gebäuden. Die Herausforderung liegt jedoch darin, die Bestandsgebäude, die vor 1918 bis 1979 erbaut worden sind, zu sanieren. Diese Wohngebäude machen rd. 65 % aller Wohngebäude in Deutschland aus [2, 3].

Ganzheitliche Betrachtung

Die Verschärfung der Gesetze und der prozentual hohe Anteil der Treibhausgasemissionen an den Gesamtemissionen im Gebäudesektor sind maßgeblich daran beteiligt, dass die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Bauprojekten in den Vordergrund rückt. Hierbei sind die benötigten Materialien und Energien während der Herstellungs-, Betriebs- und Recyclingphase zu berücksichtigen. Zusätzlich stellt sich die Frage, welche Sanierungsmaßnahmen für Einfamilienhäuser zielführend sind, um das Global Warming Potential zu reduzieren und das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten.

Funktionsweise

Hier wird ein Excel-Werkzeug vorgestellt, welches auf der Veröffentlichung Entwicklung eines Flächenschätzverfahrens zur Abschätzung von Bauteilflächen als Grundlage für die energetische Bewertung von Wohngebäuden, dem Periodenbilanzverfahren der DIN V 4108-6 und der Veröffentlichung Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohngebäudebestand aufbaut [4–6].

Mithilfe der Flächenabschätzung werden zunächst die Bauteilflächen und Maße des zu untersuchenden Einfamilienhauses bestimmt. Anschließend kann eine Berechnung für den benötigten Endenergiebedarf für Heizung und Trinkwasser sowie elektrischen Hilfsenergiebedarf durchgeführt werden. Befindet sich im Bestand eine PV- oder Solarthermieanlage, fließt die Erzeugung ebenfalls in die Berechnungen mit ein. Mittels der Datenbank von ÖKOBAUDAT, dem Gebäudeenergiegesetz und GEMIS kann der Anwender des Excel-Werkzeugs passende Treibhausgasemissionsfaktoren wählen [7–9]. Anschließend lassen sich die Treibhausgasemissionen aus dem Betrieb berechnen. Das Excel-Werkzeug stellt die Möglichkeit bereit, verschiedene Sanierungsvarianten zu simulieren. Für die Jahre 2023–2045 stehen dem Anwender folgende Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung: Sanierungsmaßnahmen der thermischen Hülle, Austausch der bestehenden Heizungs- und Trinkwasseranlage, Anpassung des CO2-Faktors für Heizung, Trinkwasser und Strom und die Installation einer PV- oder Solarthermieanlage. Zusätzlich kann der Wärmebrückenzuschlag angepasst werden. Bei der Wahl einer geeigneten Sanierungsmaßnahme berechnet das Werkzeug automatisch die anfallenden grauen Emissionen. Die Treibhausgasemissionen aus Betrieb und grauen Emissionen werden für jedes Jahr berechnet und vom CO2-Budget für Wohngebäude in Deutschland abgezogen. Bis 2045 dürfen durchschnittlich 6,5 kg CO2/m² pro Jahr ausgestoßen werden.

Anwendung

Bild 1 zeigt beispielhaft ein Einfamilienhaus mit drei unterschiedlichen Sanierungsvarianten. Die Sanierungsvarianten werden im Folgenden genauer erläutert:

  1. Sanierungsvariante (schwarz-gelb): Sanierung der Außenwand (16 cm EPS WLG 035 Dämmung), Fenster mit Zweifachverglasung, Dach bzw. oberste Geschossdecke (20 cm Mineralwolle WLG 035), Änderung des Wärmebrückenzuschlags, Fernwärme für Heizung und Trinkwasser und Änderung des CO2-Faktors
  2. Sanierungsvariante (grau): PV-Anlage (Leistung 7500 kWh/a, Fläche 35 m²), Solarthermieanlage (Leistung 750 kWh/a, Fläche 5 m²), Außenluftwärmepumpe und Änderung des CO2-Faktors für Heizung und Trinkwasser auf Strommix (GEMIS)
  3. Sanierungsvariante (blau): Sanierung der Außenwand (20 cm EPS WLG 035 Dämmung), Fenster mit Dreifachverglasung, Dach bzw. oberste Geschossdecke (20 cm Holzfaserdämmung WLG 035), Änderung des Wärmebrückenzuschlags, Außenluftwärmepumpe und Änderung des CO2-Faktors für Heizung und Trinkwasser auf Strommix (GEMIS)
Bild 1 Grafische Darstellung des Ursprungszustands sowie unterschiedlicher Sanierungsvarianten für ein Einfamilienhaus; bei Unterschreitung von 0 kg CO2/m² ist das Budget aufgebraucht

Zusammenfassung

Dem Anwender stehen unterschiedliche Maßnahmen zur Verfügung, um die zielführendste Sanierungsvariante in Bezug auf das Global Warming Potential unter Berücksichtigung des 1,5-Grad-Ziels zu finden. Bei der Wahl einer geeigneten Sanierungsmaßnahme berechnet das Werkzeug automatisch die anfallenden grauen Emissionen und die Treibhausgasemissionen aus dem Betrieb. Diese Emissionen werden für jedes Jahr berechnet und vom CO2-Budget abgezogen.

Literatur

[1] Weidner, S.; Mrzigod, A.; Bechmann, R.; Sobek, W. (2021) Graue Emissionen im Bauwesen – Bestandsaufnahme und Optimierungsstrategien. Beton- und Stahlbetonbau 116, H. 12, S. 969–977. https://doi.org/10.1002/best.202100065

[2] Statistisches Bundesamt (2022) Wohngebäude nach Baujahr. Ergebnisse der Gebäude und Wohnungszählung 2011 [online]. Wiesbaden: Destatis. https://www.statistikportal.de/de/wohngebaeude-nach-baujahr [Zugriff am: 8. September 2022]

[3] Podewils, C. (2021) Deutschland unter Strom. Unsere Antwort auf die Klimakrise. München: C. H. Beck. S. 19 ff.

[4] Loga, T.; Diefenbach, N.; Knissel, J. (2005) Entwicklung eines
Flächenschätzverfahrens zur Abschätzung von Bauteilflächen als Grundlage für die energetische Bewertung von Wohngebäuden
. Bauphysik 27, H. 2, S. 102–116. https://doi.org/10.1002/bapi.200590017

[5] DIN V 4108-6 (2003) Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden. Berlin: Beuth.

[6] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie; Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (2020) Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohngebäudebestand [online]. S. 5 ff. Köln: Bundesanzeiger. https://www.bundesanzeiger.de/pub/publication/qzQUGd8A3unSCCbVMcf/content/qzQUGd8A3unSCCbVMcf/BAnz%20AT%2004.12.2020%20B1.pdf?inline

[7] Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden vom 08.08.2020.

[8] Internationales Institut für Nachhaltigkeitsanalysen und -strategien (2022) Globales Emissions-Modell Integrierter Systeme – Version 5.0.

[9] Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen [Hrsg.] (2022) Ökobaudat (online). https://oekobaudat.de [Zugriff am: 24. August 2022]

Marvin Wach
marvin.wach@gmx.de
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