Reihe Neues Europäisches Bauhaus Teil 11
Am 4. Juli fand in Frankfurt in der Reihe Neues Europäisches Bauhaus die 11. Veranstaltung statt, diesmal zu Suffizienzstrategien im Bauwesen. Die Reihe wird von Aachen Building Experts (ABE) und Schüco International organisiert; die nbau ist seit diesem Jahr Medienpartner.
Eingangs zitierte nbau Chefredakteur Dr. Bernhard Hauke, der die Veranstaltung moderierte, aus John von Düffels Rede auf dem diesjährigen BDA-Tag in Chemnitz: „Das Asketische und das Akkumulative sind zwei gegensätzliche Logiken. Die asketische Denkweise ist ausgerichtet auf das richtige Maß, die akkumulative Denkweise auf das Maximum. Die Steigerungslogik strebt nicht nach einem Gleichgewicht, weder sozial noch ökologisch. Alle Relationen enden an den absoluten Grenzen des Planeten. Adorno: Es gibt keinen richtigen Weg im falschen. Dies scheint im realen Dilemma des Berufsalltags oft wahr zu sein. Aber es gibt im Falschen eine richtige Richtung. Die Richtung ist entscheidend – wie bei jedem Weg.“
In der Askese der Zukunft
[…]
Geht es nicht ums Verzichten
Es geht darum zu erkennen
Wie wenig ich brauche.
(John von Düffel)
Im ersten Vortrag ging Anja Bierwirth vom Wuppertal Institut auf Größe und Qualität von Wohnungen ein. Eingangs zeigte sie das bekannte Diagramm mit seit Jahren sinkendem Wärmebedarf pro Fläche und gleichzeitig steigender Wohnfläche pro Kopf, sodass daraus quasi ein konstanter Wärmebedarf pro Kopf resultiert. Viele Menschen können sich aber vorstellen, in eine kleinere Wohnung zu ziehen (31 %), ihr Haus umzubauen, um weitere Personen aufzunehmen (26 %), oder gemeinschaftlich zu wohnen (51 %). Bei der Wohnqualität sind Privatsphäre und Gemeinschaft nahezu gleich bewertet, was für ein qualitatives statt eines quantitativen Wohnungswachstums spricht. Oft möchten Menschen eigentlich mit Weniger besser leben.
Nachfolgend ging Dr. Lars-Arvid Brischke vom Institut für Energie- und Umweltforschung ifeu darauf ein, wie man bauen muss, um suffizient zu wohnen. Dafür stellte er fünf Thesen auf:
- Es gibt genug Wohnraum, dieser ist nicht bedarfsgerecht verteilt
- Ertüchtigung im Gebäudebestand ist der Königsweg
- Anpassbarkeit von Gebäuden und einfache Bauweisen erfordern neue Standards
- Sparsames Verhalten durch Information, Preissignale und Technik ermöglichen
- Suffizientes Wohnen mit Mobilität, Arbeit, Nahversorgung und Freizeit verknüpfen
Weiter stellte er eine aktuelle BBSR-Studie sowie verschiedene Heidelberger Wohnprojekte vor.
Last but not least stellte die Architektin Anne Kettenburg von werk.um ebenfalls vier Thesen auf und untermauerte diese mit eigenen Projekten.
- Struktureller Umbau von Bestandswohnungen kann Flächen sparen und Wohnzufriedenheit erhöhen: Beispiel Berliner Viertel Rüsselsheim mit kompakten Wohneinheiten und viel Gemeinschaftsfläche.
- Gezielte Nachverdichtung im Quartier reduziert „Fehlbelegungen“: Beispiel Antoniterstraße Hanau – ermöglicht mit Aufstockung und Baulückenbebauung bedarfsgerechte Angebote für altansässige Bewohner:innen im Quartier.
- Bezahlbarer, nachhaltiger und anpassbarer Wohnraum ist möglich: Beispiel K 75 in Darmstadt mit reduzierter Massivbaustruktur, leichtem Ausbau für Anpassbarkeit, je einmal Kaltwasser und Strom pro Wohnung, Infrarotheizung und Durchlauerhitzer mit PV, sodass Wohnungsteilung und -zusammenlegung gut möglich sind.
- Modulares und mobiles Bauen ermöglicht zeitweise Nutzung von Standorten: Beispiel Modulschule Kreis Bitburg-Prüm während verschiedener Schulsanierungen.
Zum Abschluss konkludierte Bernhard Hauke, dass suffizientes Wohnen wenig mit Verbot und Verzicht zu tun hat und ganz viel mit mehr Wohn- und Lebensqualität, was ein Thema für positive Kommunikation ist.