Architektur der Bescheidenheit

Vortrag des Dramaturgen und Autors John von Düffel auf dem BDA-Tag in Chemnitz: Die Party ist vorbei

Ein paar Gedanken zu einer Architektur der Bescheidenheit und dem Weg der Reduktion.

Die Vorrede

Vortrag des Dramaturgen und Autors John von Düffel auf dem BDA-Tag in Chemnitz
Quelle: Till Budde/BDA

Das Wenige und das Wesentliche heißt das Buch, dem ich diese ungewöhnliche Einladung zum BDA-Tag nach Chemnitz verdanke. Es ist der Versuch einer Umdeutung und Umwertung des Begriffs der Askese vom Negativen ins Positive – so wie Sie es hier auf dieser Tagung mit dem Begriff einer Architektur der Bescheidenheit versuchen. Eine solche Neubewertung ist aus vielen Gründen geboten, aber alles andere als leicht. Mindestens genauso schwer ist der Versuch einer Transformation der Askese der Vergangenheit – dem religiös motivierten Akt des Verzichts – in eine Askese der Zukunft, die Teil eines anders gelebten, weltlichen Alltags sein will im Umgang mit dem Zuviel an Konsum und Ressourcenverbrauch. Das Wenige und das Wesentliche ist kein Essay, sondern ein persönlicher, verdichteter Text, der der Frage nachgeht: Wie lebe ich richtig? Es ist erzählende Philosophie, die nicht absieht von der Zeit und dem Raum eines Gedankens, von seiner Herkunft. Sie abstrahiert und generalisiert nicht ohne Ansehen der Person, sondern beschreibt immer auch den eigenen Standpunkt: die Umstände des Denkens und ihre Wechselwirkungen mit dem, was gedacht wird. Ein solcher Gang durch die Räume und Landschaften ist immer auch ein Gedankengang durch die Stunden eines Tages mit ihrer spezifischen Stimmung und Wahrheit. In diesem Sinne handelt es sich um ein Stundenbuch. Zu Beginn des Buchs stelle ich mir die grundsätzliche Frage: „In welcher Geschichte bin ich?“ Im Text sage ich ICH, weil mir Bücher suspekt sind, die umstandslos WIR sagen. Wenn ich hier und heute vor Ihnen WIR sage, dann nur, weil klar ist, wer damit gemeint ist: SIE, die Sie hier sitzen, und ich, der ich vor Ihnen stehe. Sie haben anschließend Gelegenheit, mir zu widersprechen, Fragen zu stellen, Bemerkungen zu machen. Insofern rede ich von einem WIR, das kein abstraktes ist, sondern hoffentlich in einem vielstimmigen Gespräch stattfindet. Nun also …

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