Am 14. und 15. Juni fand das 2. Green Construction Excellence Forum in Frankfurt statt. Die zweitägige Veranstaltung war eine Mischung aus Keynotes, Best-Practice-Beispielen, Round Tables sowie immer wieder Möglichkeiten zum Austausch und für Vieraugengespräche.
Moderiert von Eva Herrmann ging es mit einer Keynote von Dr. Dina Barbian vom eco2050 Institut für Nachhaltigkeit los. Besonders einprägsam war Barbians Aussage, dass, wenn wir die Recyclingrate weltweit von gut 7 % auf 15 % sektorübergreifend verdoppeln würden, dies die Treibhausgasemissionen um 40 % senken würde.
Annelie Casper von der gefma hob die Bedeutung des Facility Managements für den klimafreundlichen Gebäudebetrieb hervor und erläuterte entsprechende Richtlinien. Parallel ging Heinz Scheve von B&O auf serielles Sanieren mit einem Energiesprong-Projekt ein, bei dem er Skalierung und eine Lernkurve für notwendig hält, um den Aufwand weiter zu reduzieren.
Fachjournalistin Eva Kafke ging auf vielfältige Fördermöglichkeiten zur Sanierung von Wohngebäuden ein. Ihr persönliches Fazit war, dass eine steuerliche Abschreibung am unkompliziertesten sei. Zeitgleich plädierte Helga Kühnhenrich, die beim BBSR für Forschung und Innovation zuständig ist, dafür, Forschungsergebnisse durch mehr Kooperation mit der Praxis weiter in die Breite zu tragen. Die Bauwende sei eine kulturelle Transformation.
IKEA Construction Manager Robert Charuza stellte das neue Einrichtungshaus am Westbahnhof in der Wiener Innenstadt vor. Besonderes Interesse galt der Möglichkeit, zukünftig auch bestehende Kaufhausgebäude umzunutzen. In einem weiteren Best-Practice-Vortrag ging Frank Steffens von Brüninghoff auf ein Wohnhochhaus in Holzbauweise in Amsterdam ein. Der Wettstreit zwischen CO2-Einsparung und Materialeffizienz führte u. a. zu Weiterentwicklungen bei den Decken- und Wandbauteilen sowie bei der Vorfertigung und der Logistik.
Vanja Schneider stellte den Moringa-Wohnkomplex in der HafenCity in Hamburg vor, der konsequent dem Cradle-to-Cradle-Prinzip folgt und auch soziale Aspekte berücksichtigt. Den Abschluss des ersten Tags machte Prof. Volker Quaschning, der einprägsam die Energie- und Wärmewende durchdeklinierte und den vermeintlichen Heizungshammer auseinandernahm.
Der zweite Tag startete mit einer Keynote von DGNB-Präsident Amandus Samsøe Sattler, der resümierte, das Bauen habe sich seit der Moderne zu einem systemischen Fehler für das Ökosystem unserer Erde entwickelt, und für eine zirkuläre Produktivität war. Als Vorbild sieht er Dänemark und zeigte Beispiele, dass Bauen mit wiederverwendeten Bauteilen auch in Deutschland möglich ist und eine ganz eigene Ästhetik hervorbringt.
Property-Manager Manuel Ehler von der Triodos Bank hinterfragte, ob das, was heute vielfach gebaut wird, in zehn Jahren noch die Finanzierungsvorgaben erfülle. Neben der harten Währung Euro und zunehmend auch dem CO2-Budget müsse auch die soziale Verantwortung in der Immobilienbranche zählen. Parallel ging Tilmann Jarmer auf einfachBauen sowie die alten und neuen Forschungshäuser in Bad Aibling ein. Eine Frage vom Vortag, ob der Gebäudebetrieb mit oder ohne Lüftungsanlage wirtschaftlicher sei, beantwortete er in der Gesamtbilanz von Kosten und Treibhausgas, basierend auf eigenen Untersuchungen, zugunsten von Lowtech.
Emma Kanz und Bernd Glückert von Werner Sobek Frankfurt zeigten Möglichkeiten optimierter Tragstrukturen auf, beginnend mit CO2-reduzierten Betonrezepturen über leichte Decken mit Gradientenbeton oder reduzierte Stützenquerschnitte bis hin zu mehr Vorfertigung. Zeitgleich erläuterten Prof. Patrick Teuffel von der TU Eindhoven und Circular Structural und der Ingenieur Peter Jähne Forschungsergebnisse zum reuse von Betonelementen sowie praktische Erfahrungen in Cottbus, was anschließend weit in die Kaffeepause hinein diskutiert wurde. Jannick Höper von List Eco zeigte auf, wie mit BIM-basierten Methoden die Berechnung von Gebäudeökobilanzen maßgeblich vereinfacht werden kann. Strohbau-Enthusiast Michael Burchart vom Norddeutschen Zentrum für Nachhaltiges Bauen erläuterte eindrucksvoll, dass es beim nachhaltigen Bauen mit schnell nachwachsenden Rohstoffen weniger technische, sondern vielmehr soziale und interdisziplinäre Herausforderungen bei der Breitenanwendung gäbe.
In der abschließenden Podiumsdiskussion mit nbau Chefredakteur Dr. Bernhard Hauke ging es um die Zukunft der Bau- und Immobilienbranche. Moringa-Geschäftsführer Vanja Schneider konkludierte: „Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, geht das nur, indem wir unsere Bauweisen und den energetischen Betrieb von Gebäuden konsequent an CO2-Reduktion und Ressourcenschutz ausrichten. Dabei sollten wir davon wegkommen, uns immer wieder zu fragen, was uns das (zusätzlich) kostet. Vielmehr müssen CO2-Einsparungen und Rohstoffrestwerte einen wesentlichen ökonomischen Wert bekommen.“ Und Dr. Dina Barbian ergänzte: „Kreislaufwirtschaft und Digitalisierungsind der Schlüssel. Herausforderungen sind die hohen Rohstoffpreise, die Treibhausgasreduktion und auch der sich verschärfende Fachkräftemangel. Große Potenziale haben die konsequente Umsetzung der Kreislaufwirtschaft mit Wieder- bzw. Weiterverwendung und Recycling von Baustoffen sowie die Nutzung regionaler und natürlicher Rohstoffe. Mit digitalen Methoden kann der Einsatz von Energie und Rohstoffen optimiert werden.“