Neue Version des QNG schränkt Datengrundlage unnötig ein

Das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) liegt mit Datum vom 1. März 2023 als neue Version vor; die Einschränkungen der Datengrundlage für die Ökobilanzen sind allerdings unverständlich

Zur Erinnerung: Das QNG fordert, dass sowohl die Treibhausgasemissionen (THG) als auch der Primärenergieverbrauch von Gebäuden bestimmte Maximalwerte einhalten. Diese Indikatoren werden auf Grundlage von Ökobilanzen bestimmt, welche wiederum auf den entsprechenden Datensätzen für einzelne Bauprodukte aufbauen. Bisher galt für diese Datensätze nur die Anforderung, dass diese aus der Version 2020-II der ÖKOBAUDAT, der entsprechenden Datenbank des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, stammen mussten. Dies stellte schon eine fragwürdige Einschränkung der verwendbaren Datensätze dar, da bspw. Umweltproduktdeklarationen (EPDs) für neue und innovative oder sogar speziell für ein Projekt entwickelte Produkte nicht berücksichtigt werden können, obwohl diese vom IBU verifiziert und ordnungsgemäß in die ÖKOBAUDAT übertragen wurden.

Mit der neuen Version wird die Auswahl der verfügbaren Datensätze weiter auf vom BMWSB vorgeschriebene Rechenwerte eingeschränkt. Diese basieren fast ausschließlich auf den generischen Daten der ÖKOBAUDAT und weisen konservative Annahmen auf. Sie erlauben es bis auf Weiteres überhaupt nicht, ökobilanzielle Vorteile, die sich aus der Auswahl eines spezifischen Produkts ergeben, in der QNG-Zertifizierung mit aufzunehmen. Ein wesentlicher Grund scheint darin zu liegen, dass die Datengrundlage für das QNG erst noch von der alten EPD-Norm EN 15804 + A1 auf die aktuelle Version EN 15804 + A2 umgestellt werden soll. Dabei besteht offensichtlich die Sorge, dass es hierbei zu signifikanten Verzerrungen kommen kann, wenn Datensätze nach A2 in die Berechnung mit einfließen. Diese Sorge ist unbegründet:

  • Das QNG berücksichtigt nur die Indikatoren Primärenergieverbrauch und Treibhausgasemissionen.
  • Für den Primärenergieverbrauch unterscheiden sich die Normen nicht, hier besteht also grundsätzlich keine Gefahr der Verzerrung.
  • Für die Berechnung des Indikators für Treibhausgasemissionen wird in EN 15804 + A2 ein neuerer Sachstandsbericht des Intergouvernemental Panel on Climate Change (IPCC) referenziert. Die für die Ökobilanzierung wesentliche Änderung betrifft dabei die Anhebung des globalen Erwärmungspotenzials von Methan: hier gibt es eine Erhöhung um 12 %, d. h., 1 kg Methan entspricht nach EN 15804 + A2 28 kg Kohlendioxid (CO2) und nicht mehr 25 kg Kohlendioxid wie in EN 15804 + A1. Daraus folgen zwei wichtige Erkenntnisse:
  1. Das Treibhausgaspotenzial aus der Herstellung eines Bauprodukts wird nach der Norm EN 15804 + A2 durchgehend höher liegen als nach EN 15804 + A1.
  2. Da das Treibhauspotenzial von Bauprodukten i. d. R. von CO2-Emissionen dominiert wird, wird der Unterschied in den meisten praxisrelevanten Fällen im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen. Eine interne Untersuchung des IBU bestätigt diese Folgerung: In einem systematischen Vergleich aller EPDs, die nach beiden Versionen der Norm berechnet und veröffentlicht wurden, zeigt sich, dass die Werte für das Treibhauspotenzial zwischen 0,0 % und 4,6 % höher liegen. Berücksichtigt wurden dabei EPDs für etwa ein Dutzend Produktfamilien, die alle wichtigen Bauproduktgruppen abdecken, von mineralischen Bauprodukten (Dachziegel, Zement) über holzbasierte (Paneele aus Holzzement) und verschiedene Dämmprodukte bis hin zu metallischen Bauprodukten (Zink), wodurch die Ergebnisse als abgesichert gelten können.
Aktuelle Daten sind Grundlage für eine exakte Gebäudebewertung
Quelle: IBU

Man kann also mit Sicherheit ausschließen, dass man allein durch die Verwendung von Datensätzen nach EN 15804 + A2 seine Primärenergie- und Treibhausgasbilanz schönrechnen kann. Es wäre daher sinnvoll, die Nutzung von EPDs nach beiden Normen im Rahmen des QNG zu erlauben. Der damit verbundene Anreiz zur Optimierung der Materialauswahl würde deutliche Reduktionspotenziale freisetzen und damit einen wichtigen Schritt hin zu einer klimaverträglich gebauten Umwelt darstellen. Es wäre auch ein deutliches Zeichen an die Hersteller, die beim IBU momentan weit über 1500 EPDs (davon etwa 600 nach EN 15804 + A2) veröffentlicht haben, dass ihre Anstrengungen sowohl im Bereich der Transparenz als auch der ökologischen Optimierung ihrer Produkte angemessen gewürdigt werden. Das BMWSB weist darauf hin, dass nach der Umstellung auf die neue Normengrundlage auch EPDs wiederverwendet werden können; mit Blick auf die Dringlichkeit des Problems Klimawandel bleibt zu hoffen, dass dies möglichst schnell umgesetzt wird.

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