Fraunhofer UMSICHT entwickelt leichte und lichtdurchlässige Dacheindeckung
Glasdächer wirken hell und leicht, sind aber tatsächlich schwer und verbrauchen viele Ressourcen. Die lichtdurchlässigen Überkopfverglasungen bestehen meist aus mehreren Scheiben Isolierglas. Das Fraunhofer UMSICHT forscht deshalb an folienbasierten Materialien, um Dächer lichtdurchlässig einzudecken. Im Projekt Light-Light-Roof entwickeln die Forschenden so ein innovatives, leichtes und modulares Leichtbausystem: eine Kombination aus Glas-Folien-Modulsystem und einem Innendach aus mobilem, lichtdurchlässigem und IR-reflektierendem Gewebe.
Architektur setzt auf ETFE-Folie
Das modulare System besteht aus ETFE-Folienbespannung (ETFE: Ethylen-Tetrafluorethylen-Copolymer) und Einscheibensicherheitsglas. ETFE lässt mittlerweile bis zu 95 % des Lichts durch. Die Materialien sind zum einen besser charakterisiert. Zum anderen konnten die Forschenden produktionstechnische Hemmnisse z. B. durch Verklebung und Verschweißung beheben. Insbesondere in der Architektur gewinnen diese Gebäudehüllen daher zunehmend an Bedeutung. So setzen z. B. die Allianz Arena in München und der Water Cube in Peking ETFE ein.
Gewicht sparen
Schwere Glasdächer wirken sich nachteilig auf die Gesamtkonstruktion, den Materialtransport sowie die Montage aus. „Durch den Aufbau und die Materialkombination sind Folie und Glas im Vergleich zu konventionellen Mehrscheiben-Glassystemen bis zu 75 % leichter. Und das bei gleichzeitig erhöhter Funktionalität“, erklärt Dr. Holger Wack, stellvertretender Abteilungsleiter Produktentwicklung. Hinzu kommen weitere, derzeit noch nicht quantifizierbare Einsparungen in der Gebäudekonstruktion: So könnten Architekten z. B. schlankere und leichtere Gebäude entwerfen, da das Tragwerk deutlich weniger Last und Schnee stemmen muss. Dadurch ist Light-Light-Roof neben dem Gartenbau und Pflanzenhandel auch für andere Bereiche interessant, etwa für die Planung und Errichtung von Gebäudefassaden.
Sonneneinstrahlung, Temperatur und Lichtmenge anpassen
Mit der zirkulierenden Luft zwischen Glasscheibe und Folie kann sich das System außerdem ideal mit der Gebäudeabluft kombinieren, z. B. im Winter durch Abtauen von Schnee- oder Eislasten oder zur Wärmedämmung. Darüber hinaus basiert das Innendach auf einem IR-reflektierenden Gewebe. Je nach Sonneneinstrahlung, Temperatur und Lichtmenge kann das Innendach bedarfsgerecht eingeregelt werden. Dafür entwickeln sie im Projekt eine gebäude- und nutzerbedarfsangepasste Mess-, Steuer- und Regelungstechnik (MSR). Diese integrieren sie im System und bereiten durch eine cloudbasierte Lösung die Digitalisierung vor.
Erster Einsatz im Altmarktgarten Oberhausen
Im Dachgewächshaus Altmarktgarten Oberhausen testen die Forschenden das Glas-Folien-Dach unter realen Einsatzbedingungen auf einer geplanten Dachfläche von 160 m2 im Ganzjahresbetrieb. In den Seminarräumen des seit 2019 betriebenen gebäudeintegrierten Dachgewächshauses will das Projektteam das Vorhaben branchenübergreifend vorstellen. So bereiten sie die wirtschaftliche Verwertung vor. Dabei adressieren sie insbesondere den expandierenden Markt von im urbanen Raum angesiedelten Produktionssystemen.