Dem Wohnraummangel ökologisch begegnen

Sanieren im Bestand ist Schlüssel für mehr bezahlbaren Wohnraum und Klimaschutz

Der Präsident des Umweltbundesamts (UBA) Prof. Dirk Messner hat ein Positionspapier der Kommission Nachhaltiges Bauen am UBA (KNBau), wie dem Wohnungsmangel ökologisch begegnet werden kann, gestern an Bundesbauministerin Klara Geywitz und Bundesumweltministerin Steffi Lemke in Berlin übergeben. Im Kern geht es darum, wie sich mehr bezahlbare Wohnungen schaffen lassen, ohne dabei Umwelt und Gesundheit unnötig zu schaden. Demnach ist die wichtigste Stellschraube für mehr Umweltschutz beim Wohnraumbau, dass der vorhandene Gebäudebestand wo immer möglich erhalten bleibt oder sinnvoll umgebaut und umgenutzt wird. Klimaemissionen und unnötig hohe Rohstoffverbräuche lassen sich so am einfachsten vermeiden.

Überblick über die zentralen Forderungen von UBA und KNBau
Quelle: Umweltbundesamt

Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Wasserknappheit und Hitze infolge der Klimakrise setzen unsere Städte und ihre Bewohner:innen unter Stress. Was wir brauchen, sind klimaresiliente Städte mit einer klug geplanten blauen und grünen Infrastruktur aus Wasser und Stadtgrün zur Erholung von Natur und Mensch. Beim dringend benötigten Wohnraum können wir gleichzeitig Umwelt und ⁠Klima⁠ schützen: Angesichts des enormen Ressourcenbedarfs im Bauwesen müssen wir Wohnraumschaffung, Ressourcenschonung und Klimaanpassung zusammendenken. Wenn neuer Wohnraum in erster Linie in Innenstädten und auf Siedlungsbrachen entsteht und Bestandsgebäude saniert und umgebaut werden, spart das Energie, Abfälle und Treibhausgase und senkt den Flächenverbrauch.“

Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: „Bauen und ⁠Klimaschutz⁠ müssen immer zusammen und sozial gedacht werden. Heute beim Bauen – ob Umbau, Aufstockung oder Neubau – auf Klimastandards zu verzichten, ist schon auf kurze Sicht unrentabel und schadet nachfolgenden Generationen. Wir brauchen eine Neuausrichtung. Dafür müssen wir weg von der Fokussierung auf den ⁠Primärenergieverbrauch⁠ hin zu einer Lebenszyklusbetrachtung von Neubau und Bestand, die die gesamte Treibhausgasbilanz in den Blick nimmt. Mit dem QNG-Siegel setzen wir das bereits um. Mit der anstehenden kommunalen Wärmeplanung als wichtigen Bestandteil der Wärmewende und der anstehenden großen Baugesetzbuchnovelle, die viele Forderungen aus dieser Studie aufgreifen wird, planen wir weitere notwendige Schritte auf dem Weg zum Dreiklang Bauen – Klimaschutz – Sozial.“

⁠UBA⁠-Präsident Prof. Dr. Dirk Messner: „Neben dem dringend nötigen Neubau müssen wir vor allem den Umbau und die Umnutzung bestehender Gebäude stärker in den Fokus rücken. Sonst werden wir unsere Klima- und Ressourcenschutzziele im Gebäudesektor krachend verfehlen. Die sozialökologische Transformation unserer Städte braucht einen Paradigmenwechsel. Neuer Wohnraum im Bestand spart Rohstoffe und schützt die freie Landschaft vor weiterer Zersiedlung. Außerdem müssen wir viel mehr Baustoffe recyceln und im Kreislauf führen.“

Dr. Matthias Lerm, Leiter des Stadtplanungsamts Magdeburg und gemeinsam mit Prof. Christa Reicher Leiter der KNBau: „Wir plädieren auch dafür, in der Stadtplanung das neue Leitbild der dreifachen Innenentwicklung festzuschreiben. Das bedeutet, dass die Stadtplanung der Zukunft die drei Säulen kompaktes Bauen, gesundes Stadtgrün und nachhaltige Mobilität nicht gegeneinander ausspielen darf: Wenn heutige Parkplatzhöfe wieder zu Hausgärten werden, muss dies einhergehen mit passenden Mobilitätsalternativen, also einem erweiterten ÖPNV- und Sharing-Angebot sowie zusätzlichen Fahrradstraßen und Fußgängerflächen. Und wenn statt kleinteilig und aufgelockert künftig verstärkt kompakt und flächensparend gebaut wird, dann sind auch intensiv nutzbare Spielplätze und klimawirksame Grünzüge in die Projekte aufzunehmen.“

Um die Klimaemissionen und den Rohstoffverbrauch beim Bau zu senken, empfiehlt die KNBau, die Musterbauordnung und verschiedene Landesbauordnungen anzupassen. Sie sollten sich künftig an ambitionierten Nachhaltigkeitskriterien orientieren und bspw. Ressourcenschonung sowie den Vorrang des Bestandsschutzes vor Neubau vorsehen. Auch fördernde Rahmenbedingungen für den Einsatz besonders ökologischer Baustoffe wären dort zu verankern, ebenso wie reduzierte Mindestabstände für Photovoltaikanlagen auf Dächern zuzulassen. Zusätzlich sollten Rechtsgrundlagen in Landesbauordnungen so erweitert werden, dass auch Standards für die Vorsorge vor Gefahren für Gesundheit und Umwelt vorgeschrieben werden können.

Umwelt und Klima schützen – Wohnraum schaffen – Lebensqualität verbessern

Empfehlungen von UBA und KNBau für einen nachhaltigen Wohnungs- und Städtebau:
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/2023_uba_pos_wohnraum_bf.pdf

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