Gebäude werden in Deutschland meist ohne eine systematische Einbindung des späteren Objektbetriebs geplant und gebaut. Zahlreiche Probleme beim späteren Objektbetrieb und Einschränkungen in der Nutzung eines Gebäudes haben ihren Ursprung in diesem Versäumnis. Das planungs- und baubegleitende Facility Management (pbFM) schließt diese Lücke und ergänzt ein Bauprojekt durch eine frühzeitige und systematische Integration der relevanten Themen des späteren Betriebs und der Nutzung und stellt damit einen wertvollen Beitrag zum nachhaltigen Bauen und Betreiben dar.
1 Die Problematik von Bauprojekten ohne pbFM
Traditionell werden in Deutschland Bauprojekte als in sich abgeschlossene Projekte angesehen und entsprechend organisiert. In sich abgeschlossen in dem Sinne, dass meist keine systematische Einbindung des späteren Objektbetriebs vorgesehen ist. Ein Bauprojekt endet üblicherweise mit der Abnahme und Übergabe des Gebäudes an den Nutzer. Planer und Baubeteilige haben daher den Planungs- und Bauprozess im Blick, nicht aber den späteren Betrieb oder die spätere Nutzung des Gebäudes. Dies wäre in etwa vergleichbar mit der Entwicklung eines Formel-1-Rennwagens, ohne jemals einen Fahrer mit einzubeziehen.
Während des Betriebs tauchen dann Probleme und Einschränkungen auf, die vom Gebäudebetrieb erst mal als gegeben hingenommen werden müssen. Da diese Probleme aber erst später, d. h. in der Nutzungsphase auftreten, sind sie den Planungs- und Baubeteiligten meist nicht bekannt und nicht bewusst, da sie ja nach der Abnahme bereits wieder mit neuen Projekten beschäftigt sind und die weitere Entwicklung in dem fertiggestellten Gebäude außerhalb ihrer Wahrnehmung verläuft. Was fehlt, ist eine Verzahnung von Bauprojekt und Betrieb/Nutzung.
Das Planungs- und baubegleitende Facility Management (pbFM) schließt diese Lücke und ergänzt ein Bauprojekt durch eine frühzeitige und systematische Integration der relevanten Themen des späteren Betriebs sowie der späteren Nutzung. In Deutschland ist dieses Thema verhältnismäßig neu, es gibt sehr wenig Knowhow dazu, so gut wie keine Literatur und kein definiertes Leistungsbild für pbFM. Unsere Nachbarn in der Schweiz hingegen verfügen bereits seit 2010 über die SIA Empfehlung 113 FM-gerechte Bauplanung und Realisierung [1], die auch als Schweizer Norm NS 508 113 veröffentlicht wurde.
Damit sich dies in Deutschland ändert, arbeitet aktuell ein länder- und verbandsübergreifender Arbeitskreis im deutschsprachigen Raum an einem Leitfaden pbFM, der neben dem Facility Management Planern, Eigentümern und sonstigen an Bauprojekten Beteiligten ein Leistungsbild sowie eine Leitlinie für die rechtzeitige Berücksichtigung der relevanten pbFM-Themen an die Hand gibt. Der Leitfaden soll Anfang 2023 durch die beteiligten Verbände GEFMA (Deutschland), IFMA (Schweiz) sowie FMA (Österreich) veröffentlicht werden. Er umfasst neben einem erläuternden Textdokument auch eine Tabelle aller relevanten pbFM-Themen, zugeordnet den verschiedenen Leistungs- und Projektphasen sowie den verschiedenen Funktionen und Rollen im Bauprojekt, sodass die Projektbeteiligten entsprechend ihren Anforderungen und dem Projektablauf die Themen filtern und zuordnen können.
2 Die pbFM-Themen
Was sind nun die wichtigsten pbFM-Themen? Beispielhaft sollen hier einige Themen hervorgehoben und kurz dargestellt werden:
- Bedarfsermittlung und Entwicklung eines Anforderungsprofils, z. B. nach DIN 18205 [2]
- Vorgaben von Strukturen, insbesondere zum Daten- und Dokumentenmanagement
- Einbeziehung der pbFM-Themen in die Planer- und Errichterverträge
- Entwicklung eines Betriebskonzepts für das Objekt
- Begleitung und Steuerung des Übergangs vom Bauprojekt in den Betrieb (Abnahme, Inbetriebnahme, Übergabe usw.)
2.1 Bedarfsermittlung
Die Bedarfsermittlung sollte am Anfang eines jeden Bauprojekts stehen und die Vorgabe für den Entwurf des Architekten sowie die Planungen der Fachplaner darstellen. So selbstverständlich wie dies klingt, so selten wird dies systematisch vor der Erstellung des Entwurfs praktiziert. Häufig sind die Bauherren hier nicht informiert, dass vor der Grundlagenermittlung des Architekten nach HOAI-Phase 1 die Erstellung eines Anforderungsprofils stehen sollte. Der Architekt selbst hat an und für sich eher ein geringes Interesse, sich Vorgaben unterzuordnen, die ihn einengen; viel lieber erstellt er diese selber. Damit entsteht aber schon der erste Interessenskonflikt.
Für die Bedarfsermittlung eines Bauprojekts gibt es bereits seit 1996 mit der DIN 18205 Bedarfsplanung im Bauwesen eine hilfreiche Richtlinie, die aber in der Praxis weithin unbekannt ist und entsprechend selten eingesetzt wird. Im Zentrum steht dabei das Nutzerbedarfsprogramm, in dem die quantitativen Anforderungen und die quantitativen Bedürfnisse des zukünftigen Nutzers festgehalten werden. Es umfasst z. B.
- Funktions- und Flächenprogramm, Flächenbedarf in Abhängigkeit von der Funktion inkl. qualitative Anforderungen an die Flächen,
- Qualität und Ausstattung der Räume, inkl. Beleuchtung, Geräte, Möblierung, Kommunikationssysteme,
- organisatorische und betriebliche Randbedingungen wie Transportwege und sonstige funktionale Bezeichnungen,
- technische und gesetzliche Randbedingungen (z. B. Strahlenbelastung, Schallschutz) sowie
- finanzielle und terminliche Randbedingungen.
2.2 Strukturen
Einheitliche Strukturen für ein Bauprojekt zu vereinbaren und diese auch konsequent einzusetzen, erleichtert allen Beteiligten die Arbeit und ist die Voraussetzung für eine qualitativ wertige Dokumentation sowie eine Digitalisierung des späteren Gebäudebetriebs. Zu solchen Strukturvorgaben zählen
- Bezeichnungsstrukturen, z. B. für Gebäudebauteile, Räume, Türen, technische Anlagen, Dokumente und Daten, sowie
- Ablagestrukturen im Projekt-Datenraum bzw. Common Data Environment (CDE) sowie für die an den Betrieb zu übergebende Baudokumentation.
Darüber hinaus ist die Strukturierung des Datentransfers aus dem Bauprojekt in den Betrieb zu klären. Dieser kann entweder kontinuierlich im Verlauf des Projekts oder aber in (ggf. mehreren) konkreten Schritten nach vorher festgelegten und im Projektterminplan fixierten Terminen erfolgen.
Wichtig sind auch klare Strukturen für den Aufbau und die Gliederung der Gebäudedokumentation, dies umfasst sowohl Dokumente wie Pläne, Genehmigungsunterlagen, Zulassungsbescheinigungen und Protokolle der Inbetriebnahme als auch Gebäudebestandsdaten wie Stammdaten technischer Anlagen.
2.3 Dokumentationsrichtlinie
Vorgaben zum Daten- und Dokumentenmanagement werden sinnvollerweise in einer Dokumentationsrichtlinie zusammengefasst. Eine solche Dokumentationsrichtlinie ist i. d. R. kein projekt-, sondern ein unternehmensbezogenes Dokument, d. h., sie wird nicht nur bei einzelnen Bauprojekten oder in einzelnen Gebäuden, sondern unternehmensweit und projektübergreifend über den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden angewandt.
Bei BIM-Projekten kann sich eine Dokumentationsrichtlinie ein Stück weit mit der Auftraggeber-Informationsanforderung (AIA) überschneiden. Während die AIA vornehmlich projektspezifisch erstellt und verwendet wird, ist die Dokumentationsrichtlinie eher unternehmensspezifisch und findet auch im Betrieb und bei weiteren bestehenden Gebäuden Anwendung. In einer solchen Dokumentationsrichtlinie werden alle relevanten Vorgaben zusammengefasst und erläutert, wie z. B. die oben erwähnten Strukturvorgaben für Bezeichnungen, Ablagen sowie weitere inhaltliche und Formate betreffende Vorgaben.
2.4 Verträge mit Planern und Errichtern
Zahlreiche FM-spezifische Themen müssen in den Verträgen mit Planern und Errichtern verankert werden. Dazu zählt bspw. die Einhaltung der Dokumentationsrichtlinie und der darin festgelegten Vorgaben zu Umfang und Inhalt der zu übergebenden Daten und Dokumente. Wichtig ist auch, die Übergabezeitpunkte für die Dokumentation verbindlich festzulegen und in den Verträgen zu verankern. Darüber hinaus ist es meist sinnvoll, mit den Planern und Errichtern Leistungen zu vereinbaren, die über die in der HOAI vorgesehenen Grundleistungen hinausgehen, wie z. B. die erfolgreiche Durchführung einer Wirkprinzipprüfung als Voraussetzung für die Abnahme der Leistungen, die Erstellung einer gewerke- und anlagenübergreifenden Funktionsbeschreibung für komplexe Gebäudetechnik, die inhaltliche Prüfung der Gebäudedokumentation durch den Fachplaner oder eine detaillierte und umfassende Beauftragung der Gewährleistungsverfolgung.
2.5 Betriebskonzept
Für den späteren Betrieb des Gebäudes sollte ein Betriebskonzept erstellt werden, welches die im Betrieb zu erbringenden Leistungen beschreibt. Das Betriebskonzept umfasst auch die Anforderungen an die Leistungen in Bereichen wie Reinigung, Sicherheit, Entsorgung, Logistik, Energie usw. Aus dem Betriebskonzept wiederum ergeben sich möglicherweise weitere Anforderungen an das Gebäude, wie z. B. Putzmittelräume, Lagerflächen, Funktionsflächen für das Facility Management oder auch die Anforderung der Zugänglichkeit z. B. für die Instandhaltung oder auch für die Reinigung. Aus diesen Rückkopplungseffekten auf die Bedarfsanforderungen wird deutlich, dass mit der Erstellung des Betriebskonzepts frühzeitig begonnen werden sollte.
Das Betriebskonzept ist somit ein Dokument, welches im Laufe des Projekts in mehreren Phasen entwickelt und fortgeschrieben werden muss. Es definiert die Anforderungen an die im Gebäude zu erbringenden Leistungen und Services und bildet damit auch die Grundlage für das später durch die Betriebsorganisation zu erstellende Servicekonzept, welches die Umsetzung dieser Anforderungen im Rahmen der Betriebsorganisation beschreibt.
Die Erstellung eines Betriebskonzepts ist auch als Entwicklungsprozess wichtig, weil während der Erarbeitung die späteren Betriebsabläufe durchdacht und planerisch ausgestaltet werden. Dabei sind zwei Effekte hervorzuheben: Erstens werden durch die systematische Entwicklung des Betriebskonzepts die relevanten Themen und Prozesse in ihrem ganzheitlichen Zusammenhang durchdacht und es entsteht somit ein vollständiges Bild des späteren Betriebs. Zweitens zeigen sich bei der Planung der Betriebsprozesse immer wieder Detailanforderungen an das Gebäude, die im Planungs- und Bauprozess noch berücksichtigt werden können, sodass eine ganzheitliche Verzahnung von Planen, Bauen und Betreiben entstehen kann.
2.6 Übergang zum Bau in den Betrieb
Eine strukturierte Steuerung der Phase des Übergangs vom Bauprojekt in den Betrieb ist ebenfalls ein wichtiges Thema im Rahmen des pbFM. Diese Phase wird traditionell stark aus Sicht des Bauprojekts gestaltet. Aus dieser Sicht steht v. a. im Vordergrund, die Abnahmen der Bauleistungen in den einzelnen Gewerken zügig und termingerecht zu absolvieren, um so die Voraussetzungen zu schaffen, das Bauprojekt möglichst weitgehend abschließen zu können und möglichst wenig noch abzuarbeitende Mängel in die Phase des Betriebs zu übernehmen, da dies Nachlaufarbeiten bei den Planern und v. a. bei den Errichtern zur Folge hat, die diese gerne vermeiden würden.
Aus Sicht des Betriebs steht in dieser Phase hingegen im Vordergrund, ein möglichst uneingeschränkt funktionsfähiges und mängelfreies Gebäude übernehmen zu können und die definierten Voraussetzungen für den Betrieb und die Nutzung möglichst ohne Einschränkungen vorzufinden. Dazu gehört auch eine vollständige und korrekte Objektdokumentation, bestehend aus Dokumenten sowie strukturierten Daten.
Der größte Teil dieser Daten und Dokumente ist für den Gebäudebetrieb relevant und muss dem Betrieb rechtzeitig vorliegen, damit der Betrieb vorbereitet und auch rechtssicher durchgeführt werden kann. Die gängige Praxis, dass erst einmal fertig gebaut und dann die Objektdokumentation später erstellt wird, oft erst Monate nach Inbetriebnahme des Gebäudes, stellt den Betrieb vor große Probleme und macht einen rechtssicheren Betrieb zunächst unmöglich.
Beispielsweise benötigt das Betriebsteam zur Vorbereitung des Betriebs die Herstellerdokumentation und die Abnahme- und Erstinbetriebnahmedokumentation der technischen Anlagen, um die Vorgaben für Wartungen und wiederkehrende Prüfungen sowie einen ordnungsgemäßen Betrieb umsetzen zu können. Sollen die Facility-Serviceleistungen extern vergeben werden, benötigt der Betreiber ein vollständiges Massengerüst der zu vergebenden Leistungen. Dazu dienen sowohl eine Aufstellung der technischen Anlagen und wartungsrelevanten Bauteile mit den kalkulationsrelevanten Attributen als auch eine Aufstellung der zu bewirtschaftenden Flächen, z. B. für die Reinigung, die Pflege und Reinigung von Außenanlagen sowie den Winterdienst. Diese Informationen müssen deutlich vor Beginn des Betriebs vorliegen, damit eine Ausschreibung der benötigten Leistungen noch rechtzeitig vor Inbetriebnahme erfolgen kann.
Generell ist erkennbar, dass die pbFM-Themen nicht nur inhaltlich korrekt bearbeitet werden sollten, sondern dass es auch relevant ist, dass sie rechtzeitig angestoßen und bearbeitet werden. Dazu ist es wichtig, diese Themen im Projektablaufplan zu integrieren und mit allen Projektbeteiligten verbindlich zu vereinbaren.
3 Der FM-Koordinator
Neben der Frage, welche Themen zu welchem Zeitpunkt in einem Bauprojekt zu berücksichtigen sind, ist die organisatorische Verankerung der Themen im Projekt ebenso wichtig. Dazu wird es erforderlich, eine Funktion des FM-Planers oder -Koordinators (FMK) zu installieren und organisatorisch im Projekt zu verankern (Bild 1).
Der FM-Koordinator nimmt die meist fehlende Funktion wahr, die pbFM-Themen in das Bauprojekt rechtzeitig einzubringen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Bauherr die Notwendigkeit hierfür erkennt und diese Funktion frühzeitig beauftragt und im Projekt implementiert.
Ein Teil dieser Funktion ist die eines Koordinators, d. h., er hat die pbFM-Themen zum richtigen Zeitpunkt ins Projekt einzubringen, die entsprechenden Funktionsträger damit zu konfrontieren und eine rechtzeitige Abarbeitung sicherzustellen. Insofern ähnelt diese Funktion in Teilen der des Projektsteuerers, konzentriert sich aber auf die betriebs- und nutzungsrelevanten Themen. Da die FM-Themen in Bauprojekten traditionell nicht oder selten durch die Planer eingebracht werden, ist es erforderlich, hierfür einen Verantwortlichen zu beauftragen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, die FM-Koordinationsfunktion in einer separaten Rolle zu verankern und nicht einem bereits im Projekt vorhandenen Planer mit zu beauftragen. Dies würde zwangsläufig zu Rollenkonflikten führen. Der FM-Koordinator hat z. B. in Teilen die Anforderungen an die Planung zu formulieren. Wenn dies etwa der Architekt selbst machen würde, würde er seine eigenen Vorgaben erstellen und stände somit in einem klaren Rollenkonflikt, den er naturgemäß versucht wäre, im Interesse seiner Hauptrolle – der des Architekten – zu lösen.
Durch das bewusste Gegenspiel von FM-Koordinator und Planer entsteht eine gewollte Spannung im Projekt, im Umfeld derer die pbFM-Themen durch Diskussion und Abwägen geklärt und entschieden werden. Dabei gilt es meist, Kompromisse zu finden. Wichtig dabei ist, dass die zugrunde liegenden Entscheidungen bewusst und auf Basis transparent gemachter Rahmenbedingungen und Folgen getroffen und auch nachvollziehbar dokumentiert werden.
Eine weitere Funktion des FM-Koordinators oder -Planers ist die der Planung und Entwicklung von pbFM-Themen. Häufig sind die pbFM-Themen nicht nur anzustoßen, sondern auch inhaltlich zu entwickeln, wie z. B. bei einem Anforderungsprofil, einem Nutzungskonzept, Dokumentationsvorgaben usw. Die inhaltliche Erarbeitung dieser Themen muss nicht zwingend durch dieselbe Person erfolgen, die die Koordinationstätigkeiten übernimmt, sie kann auch durch vorhandenes FM-Personal oder durch einen externen Berater entwickelt werden.
Wie lauten nun die Anforderungen an einen FM-Koordinator? Wer kann eine solche Funktion übernehmen? Zu nennen ist hier zuallererst die fachliche Kompetenz. Der Koordinator muss mit den pbFM-Themen vertraut sein und alle Themenbereiche fachlich beurteilen können. Dann sollte er über eine langjährige Berufserfahrung verfügen. Denn Bauprojekte laufen nicht immer gleich ab und es gibt bei jedem Projekt wieder neue Situationen und Überraschungen, bei denen eine souveräne Beurteilung der Situation durch den FMK erforderlich ist.
4 Der Bauprojektablauf
Der Ablauf eines Bauprojekts wird in Deutschland üblicherweise nach den Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure HOAI gegliedert. Dabei hat bereits die Erfahrung der vergangenen Jahre gezeigt, dass vor der Leistungsphase 1 Grundlagenermittlung bereits eine Reihe von Klärungen erfolgen muss und Entscheidungen getroffen werden müssen. In der Praxis hat sich dafür der Begriff der Phase 0 etabliert, obwohl diese nicht in der HOAI vorkommt. In dieser Phase 0 müssen die meisten Strukturen, Standards und Methoden entschieden und aufgesetzt werden, damit das spätere Projekt darauf aufbauen kann.
In Bild 2 werden die deutschen HOAI-Phasen den Schweizer Phasen nach SIA gegenübergestellt. Hier zeigt sich, dass unsere Nachbarn dieser ersten Phase bereits Beachtung schenken und in ihrer Gliederung auch den Betrieb bereits im Blick haben.
5 BIM und pbFM
Was passiert nun mit dem pbFM bei BIM-Projekten (Building Information Modeling)? Erübrigt sich das Thema pbFM hier? Sind die Themen bei BIM bereits integriert? Die Antwort ist ein klares Nein. Der Unterschied von BIM-Projekten zu konventionellen Projekten hinsichtlich der pbFM-Themen besteht lediglich darin, dass die BIM-Methode einen hohen Grad an Strukturierung in ein Projekt einbringt und es dadurch leichter wird, die pbFM-Themen zu integrieren.
BIM per se enthält aber noch kein pbFM. pbFM stellt aber eine ideale Ergänzung zu BIM dar, weil beide Methoden von einer konsequenten Strukturierung und einer übergreifenden, ganzheitlichen Sichtweise geprägt sind. Beide Methoden bauen darauf, Informationen nur einmal zu erstellen und diese über den Lebenszyklus einer Immobilie verfügbar und nutzbar zu machen. Durch BIM hat es das pbFM zukünftig leichter, in ein Planungs- und Bauprojekt integriert zu werden, dabei unterstützt das pbFM auch die BIM-Methode in ihrem ganzheitlichen Ansatz, insbesondere bei der Verbindung von Planung, Bau und Vertrieb.
6 Leitfaden planungs- und baubegleitendes Facility Management
Der Leitfaden planungs- und baubegleitendes FM (pbFM), der aktuell durch den länder- und verbandsübergreifenden Arbeitskreis unter Beteiligung von GEFMA Deutschland, FMA Österreich und IFMA Schweiz entwickelt wird, wird die relevanten Themen des pbFM zu einem Leistungsbild zusammenfassen. Dadurch wird es für Bauherren möglich, die Beauftragung eines FM-Koordinators oder-Planers auf einer fundierten Basis durchzuführen. Außerdem erhalten die am Bauprojekt Beteiligten, wie Architekten, Fachplaner, Projektsteuerer usw., eine Übersicht und eine Richtschnur über die sie betreffenden FM-Themen, die während des Projekts zu adressieren sind. Zu guter Letzt erhält der FM-Koordinator (FMK) eine filterbare und anpassbare Aufstellung infrage kommender Themen als Arbeitsmittel, mit dessen Hilfe er die erforderlichen Themen identifizieren kann, die Hintergründe erläutert bekommt und die richtigen Zeitpunkte für die Bearbeitung identifizieren kann. Damit kann er seine Aufgaben im Projekt systematisch strukturieren, einbringen und bearbeiten.
Das planungs- und baubegleitende Facility Management (pbFM) leistet einen wertvollen Beitrag zum nachhaltigen Planen und Bauen, weil es durch die Verbindung von Planungs-, Bau- und Betriebsphase und die gesamtheitliche Betrachtung des Gebäude-Lebenszyklus eine Schonung und Optimierung von Ressourcen bei gleichzeitiger Optimierung des Nutzens verfolgt. Damit wird neben den sonst eher vorrangig betrachteten Aspekten der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit eine organisatorische und letztendlich auch wirtschaftliche Nachhaltigkeit ermöglicht.
Literatur
- Empfehlung SIA 113 (2010)/Schweizer Norm SN 508 113 FM-gerechte Bauplanung und Realisierung. Zürich: Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein.
- DIN 18205:2016-11 (2016) Bedarfsplanung im Bauwesen. Berlin: Beuth. Ausgabe Nov. 2016.
Autor
Andreas Seibold, andreas.seibold@ascconsulting.de
asc consulting GmbH, Hohenschäftlarn