Impuls für mehr Diversität in der Baukultur
Frauen in der Architektur sicht- und hörbar zu machen, ihnen eine Bühne zu geben, ihre Leistungen zu zeigen – das war das Anliegen des ersten Festivals Women in Architecture (WIA) Berlin 2021.Veranstaltet vom Berliner Netzwerk von Planerinnen n-ails e. V. und der Architektenkammer Berlin fanden während vier Wochen über 100 Veranstaltungen wie Ausstellungen, Filmreihen, Führungen, Symposien, Vorträge sowie Workshops an verschiedenen Orten in Berlin statt. Im Fokus standen die Themen Baustelle Gleichstellung, Paritätische Baukultur und Umbau Berufsbild. Mehr als 30 Institutionen waren beteiligt, ihre Festivalbeiträge verweisen auf die vielen Facetten weiblicher Baukultur.
Das jetzt erschienene Buch Women in Architecture Berlin – Facetten weiblicher Baukultur gibt einen Überblick über die Festivalbeiträge und berichtet von der Baustelle Gleichstellung, dem Ungleichgewicht in der Präsenz von Frauen und Männern in der Architektur und wie dem begegnet werden kann. Es bietet damit eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema Frauen in der Architektur und ist ein Impuls für mehr Diversität in der Baukultur.
Elke Duda, WIA-Koordinatorin, Mitglied und Mitgründerin von n-ails: „Wir richten mit dem Buch die Scheinwerfer auf Werke und Leistungen weiblicher Baukultur. Es ist eine Entdeckungstour, bei der die Welt mit anderen Augen erkundet werden kann, hin zu einem anderen (weiblicheren) Verständnis von Architektur als Gestaltung von Lebensräumen und Realitäten. Gemeinschaft, Teamwork und Partizipation sind häufig genannte aktive Prinzipien in den hier dokumentierten Beispielen der Stadt- und Architekturproduktion.“
Gabriele Fink, Vorstandsmitglied von n-ails, ergänzt: „Mehr weibliche Vorbilder für die Zukunft können nur durch mehr Publizität erreicht werden. Viele Bauwerke von Planerinnen werden noch immer in der breiten Öffentlichkeit und Forschung zu wenig beachtet. Daher ist deren Veröffentlichung und Dokumentation von zentraler Bedeutung. Nur so lassen sie sich in ihrer architektur- und stadthistorischen Bedeutung aufarbeiten und einordnen.“
Das Buch spiegelt den Status quo, die Bandbreite aktueller Diskussionen und den Wunsch nach mehr Diversität in der Baukultur wider. Es gliedert sich in die Themenblöcke Paritätische Baukultur, Präsenz, Kanon Baukultur sowie Perspektivwechsel und verknüpft sich im Themenblock International mit der internationalen Ebene. Die Blöcke werden mit Kurztexten und Essays inhaltlich eingeleitet und dokumentieren folgend die WIA-Beiträge der Festival-Teilnehmer:innen. Abschließend werden in Kurzprofilen und Statements alle WIA-Akteur:innen vorgestellt.
Theresa Keilhacker, Präsidentin Architektenkammer Berlin: „Nur ein Drittel der Mitglieder der Berliner Architektenkammer ist weiblich. Unter den ehrenamtlich Mitwirkenden dagegen findet sich mit 47 % männlichen und 53 % weiblichen Personen ein nahezu ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter. Unsere seit 2021 amtierende Vertreter:innenversammlung hat sich neben einer aktiven Berufspolitik für eine Bauwende auch zum Fokus Diversität bekannt. Denn die Baustelle Gleichstellung muss weiter beackert werden.“
Andrea Rausch, Vorstandsmitglied Architektenkammer Berlin, führt dazu aus: „Neben der Gründung des neuen Arbeitskreises Gleichstellung und Diversität finden zeitgleich die ersten Sondierungsgespräche für eine Wiederholung und Verstetigung des WIA-Festivals statt. Dieses hat letztes Jahr gezeigt, dass es für ein Problem meist mehr als nur einen Lösungsweg gibt. Und die Prozesse auf der Baustelle Gleichstellung machen deutlich: einen falschen gibt es nicht. Einige Akteur:innen des Festivals haben Ideen entwickelt, wie geschlechtergerechte Kommunikations-, Arbeits- und Baukultur aussehen kann.“
Das Buch ist der Bildhauerin und Architektin Marlene Poelzig (1894–1985) und der Garten- und Landschaftsarchitektin Prof. Herta Hammerbacher (1900–1985) gewidmet, in Erinnerung an das von ihnen 1930 entworfene und 2021 abgerissene Wohnhaus mit Garten in Berlin-Westend.
„Mit dem WIA-Festival und dem jetzt vorliegenden Buch haben wir Bilanz gezogen: Wer sind die starken Frauen von heute? Werden sie wahrgenommen? Wie steht es um die Gleichstellung in der Baukultur und den Umbau des Berufsbilds? Die Publikation zeigt auf, was Institutionen aus Politik, Lehre und Wirtschaft, was Chef:innen und Mitarbeiter:innen, Hochschulleiter:innen und Professor:innen tun können oder schon getan haben, damit es vorangeht auf der Baustelle Gleichstellung. Und es zeigt eindeutig, wozu Frauen fähig sind“, so Duda und Fink abschließend.
Women in Architecture Berlin – Facetten weiblicher Baukultur
n-ails e.V. (Hrsg.)
Berlin: Jovis, Nov. 2022
Broschur, 176 S., zahlr. farb. und s/w Abb.
Print 978-3-86859-763-9
E-Book 978-3-98612-010-8
35,00 Euro
https://www.jovis.de/de/buecher/women-in-architecture-berlin.html