BDB-Präsident Christoph Schild über den Maßnahmenkatalog des Bündnisses für bezahlbares Wohnen
Das Schaffen von mehr Wohnraum und das klimagerechte Planen und Bauen sind zwei Herausforderungen, die nicht isoliert voneinander, sondern zusammen betrachtet und angegangen werden müssen. Warum? Weil ein einfaches Mehr beim Neubau auf den ersten Blick vielleicht den Mangel an genügend bezahlbaren Wohnungen beheben könnte, jedoch unabsehbare negative Folgen für die Klimabilanz des Gebäudebereichs zur Folge hätte. Um die weitgehende Klimaneutralität des Gebäudebestands zu erreichen, ist ein konsequentes Umdenken erforderlich, das unsere Gewohnheiten, wie wir Städte und Bauwerke planen, bauen und (um-)nutzen, wie wir Behaglichkeit definieren und Suffizienz betrachten, grundlegend infrage stellt. Das stellt auch die Architekt:innen, Ingenieur:innen sowie Stadtplaner:innen vor massive Herausforderungen. Gemeinsam mit ihnen und vielen weiteren Akteur:innen ist hier auch die Politik gefragt, bereits vorhandene kreative Lösungen endlich in die Tat umzusetzen.
65 Seiten umfasst das Anfang Oktober von Bundesbauministerin Klara Geywitz vorgestellte Papier des Bündnisses für bezahlbares Wohnen. Es beinhaltet viel Richtiges und Gutes, außerdem vieles, das lang gefordert wurde, und auch ein paar neue, innovative Dinge. Der Maßnahmenkatalog ist v. a. vom Umfang und vom zeitlichen Rahmen her gesehen sehr ambitioniert.
Er ist jedoch bezogen auf einige wichtige Punkte auch eine Enttäuschung.
Da wäre zum einen das Thema Suffizienz. Es ist hinlänglich bekannt, dass wir die Probleme beim nachhaltigen Wohnungsbau mit einer reinen Effizienzbetrachtung allein nicht lösen werden können. Im Papier des Bündnisses fehlt es mir an Maßnahmen und Anweisungen, wie der Verbrauch an Wohnfläche reduziert werden kann und die Wohnfläche pro Kopf nicht weiterwachsen wird.
Wenig steht auch im Maßnahmenkatalog zur Nutzung bzw. Umnutzung des Gebäudebestands. Dabei ist aus meiner Sicht – und der vieler anderer Akteur:innen der Branche – die (Um-)Nutzung und Ertüchtigung des baulichen Bestands nicht nur der Schlüssel zur Erreichung der Ziele im Wohnungsbau, sondern auch der Klimaziele. Hier muss Bauplanung ansetzen, und zwar lieber heute als morgen.
Ebenfalls hätte ich mir gewünscht, dass das Thema Kreislaufwirtschaft stärker in den Maßnahmenkatalog eingeflossen wäre. Warum formulieren wir nicht einmal ein mutiges Ziel? Ein solches wäre es gewesen, hätte man sich auch im Wohnungs(neu)bau vorgenommen, eine Recyclingquote von 100 % der wiederverwertbaren Bau- und Abbruchmaterialien zu erreichen. Damit wäre auch hier ein Zusammendenken der Wohnungsfrage und der Klimafrage gelungen.
Schließlich fehlt es aus meiner Sicht an konkreten Handlungsanweisungen für Planer:innen, Bau- und Wohnungswirtschaft und Kommunen. Was wird bspw. gefordert, wenn es um Nachweise für nachhaltiges Planen und Bauen im Wohnungsneubau geht? Eine Arbeitsgruppe im BDB arbeitet gerade an diesem Thema und wird alsbald entsprechende Vorschläge vorlegen. Da die Zeit immer mehr drängt, müssen diese Vorgaben möglichst einfach aufgestellt und in der Praxis leicht handhabbar sein. Sie sollten ohne aufwendige Zertifizierungen und ohne Zertifizierungsinstitute auskommen. Ich traue unseren Architekt:innen und Ingenieur:innen zu, dass sie das selbst schaffen können.