Klimafreundlich Städte dank künstlicher Intelligenz

Climate Change Center Berlin Brandenburg und TU Berlin: Berliner Kiezstruktur besonders klimafreundlich

Die CO2-Emissionen des motorisierten Individualverkehrs müssen stark gesenkt werden, um die Klimaziele zu erreichen. Ein großes Potenzial zur Einsparung von CO2-Emissionen im Transportsektor liegt in der Veränderung der urbanen Infrastruktur. Das zeigt der neueste Sachstandsbericht des Weltklimarats. Jedoch ist es bisher nicht klar, wie genau die Infrastruktur das individuelle Fahrverhalten und die damit verbundenen CO2-Emissionen beeinflusst.

Wissenschaftler:innen der TU Berlin entwickeln eine KI-gestützte Methode, um den Einfluss der gebauten Umgebung auf den motorisierten Stadtverkehr zu ermitteln und damit Grundlagen für eine klimafreundliche Stadtplanung zu schaffen. Eine Studie mit ersten Ergebnissen ihrer Untersuchungen haben sie soeben in der Fachzeitschrift Transportation Research veröffentlicht.

Die Studie des neu gegründeten Climate Change Centers Berlin Brandenburg (CCC), unterstützt vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC Berlin), zeigt: Vor allem die Ausdehnung der Stadt, aber auch die Entfernung zu lokalen Kiezzentren, können einen großen Einfluss auf die gefahrenen Pkw-Wegstrecken und auf die damit einhergehenden CO2-Emissionen haben. So wird deutlich, dass kurze Entfernungen zu Kiezzentren mit kürzeren Autofahrten einhergehen und dass, je weiter man sich vom Stadtzentrum entfernt, Wegstrecken und gekoppelte CO2-Emissionen exponentiell ansteigen. Dies betrifft in Berlin v. a. Stadtteile im Südosten (Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick) sowie im Südwesten (Steglitz-Zehlendorf, Spandau). Außerdem zeigt sich, dass vor allem Pkws aus Stadtteilen mit einkommensschwacher Bevölkerungsstruktur längere Pkw-Wegstrecken zurücklegen müssen. Das spreche, so die Wissenschaftler:innen, für Stadtplanungsstrategien, die auf eine Verdichtung der Innenstadt abzielen und gleichzeitig die Peripherien von der Abhängigkeit vom Auto befreien.

Lokale Subzentren sind wichtig für nachhaltige Mobilität

Prof. Dr. Felix Creutzig, wissenschaftlicher Koordinator des Climate Change Centers Berlin Brandenburg (CCC) und Koautor der Studie, betont die klimapolitische Bedeutung dieser neuen Methode: „Mit der Auswertung und Anwendung städtischer Big-Data-Komponenten können Stadtplaner:innen agil und schnell wünschenswerte Ziele wie die Klimafreundlichkeit einschätzen. Gerade in Zeiten des Personalmangels kann dieser Ansatz effektiv helfen, die Klimaschutzziele bis 2045 zu erreichen.“ Entsprechend treibe das CCC, die Berlin-Brandenburger Klima-Allianz unter Federführung der TU Berlin, mit Unterstützung des MCC Berlin die Entwicklung von klimaschutzrelevanten KI-Anwendungen weiter voran.

Die Ergebnisse zeigen auch, wie wichtig lokale Subzentren für eine nachhaltige Mobilität sind. Während die Studie von Felix Wagner einen ersten Ansatz darstellt, soll in weiteren Forschungen der Fokus noch mehr darauf gerichtet werden, den Einfluss zukünftiger Planungsstrategien auf Nachhaltigkeit vorherzusagen. Öffentlich zugängliche Daten auf Portalen wie daten.berlin.de können helfen, klimarelevante Stadtplanungsstrategien voranzutreiben. Dies könne die Senatsverwaltungen und Stadtplaner:innen unterstützen, Entscheidungen zu treffen, die den Klimaschutz stärker berücksichtigen.

Die Autor:innen der Studie haben für ihre Untersuchungen eine für den Kontext der Stadtplanung neu entwickelte KI-Methode sowie eine Stichprobe von 3,5 Mio. Autofahrten über ein Jahr lang und hoch aufgelöste Daten zur städtischen Bebauung verwendet. Die Ergebnisse zeigen, wie KI für klimaschutzrelevante Anwendungen eingesetzt werden kann. Das Potenzial von KI im Bereich der nachhaltigen Stadtplanung liegt darin, dass man stadtübergreifende Dynamiken wie auch lokale Details in einem Modell berücksichtigen kann.


Wagner, F.; Milojevic-Dupont, N.; Franken, L.; Zekar, A.; Thies, B.; Koch, N.; Creutzig, F. (2022) Using explainable machine learning to understand how urban form shapes sustainable mobility. Transportation Research Part D: Transport and Environment 111, 103442. https://doi.org/10.1016/j.trd.2022.103442

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