Wir sind reicher an Rohstoffen als allgemein bekannt – nur sind dies eben Sekundärrohstoffe. Noch nie zuvor gab es in den Gebäuden und Städten der Industrieländer mehr Metalle, Kunststoffe, ölbasierte Verbundstoffe oder Mineralien. Wir müssen diese nur als riesiges Rohstofflager begreifen und in den Kreislauf zurückführen. Der Atlas Recycling will aufzeigen, wie das immense Rohstoffvorkommen im Gebäudebestand aktiv gehalten werden kann. Die Wiedergewinnung von Baumaterialien und Wertstoffen aus der gebauten Stadt heraus erfordert die Trennung von Materialströmen. So gilt es, die Rückbaubarkeit und Wiederverwertung durch Konstruktion und Materialwahl bereits beim Entwurf mitzudenken. Urban Mining will eine effiziente Rohstoffnutzung über den Produktzyklus hinaus erreichen. Zirkuläre Wirtschaftsprozesse, gezielte Auswahl der Materialien oder die Lösbarkeit von Verbindungen: Die Instrumente für diesen Paradigmenwechsel im Bauen gibt es bereits, und das Detailwissen dazu will der Atlas Recycling liefern.
Das Autorenteam zeigt Strategien und Potenziale des ökoeffizienten Bauens z. B. mit Ressourcen vor Ort auf, analysiert digitale Methoden zur Optimierung von Stoffkreisläufen oder diskutiert Recycling in Bewertungssystemen. In Teil B wird auf Materialien und Konstruktionen eingegangen. Besonders interessant sind hier mehrere Kostenvergleiche konventioneller und recyclinggerechter Konstruktionen. So wird z.B. für ein zweigeschossiges Bürogebäude eine Bauweise mit Stahlbeton und Kalksandsteinmauerwerk betrachtet und mit einem Stahlskelettbau mit Trapezblechdecken und Fassaden aus Edelstahlsteckpaneelen verglichen. Die Baukosten liegen beim Stahlskelettbau fast 50 % höher, die Instandsetzungskosten betragen jedoch lediglich ein Drittel. Und werden Rückbau- und Entsorgungskosten (Barwert) für Instandsetzungen und Rückbau nach 50 Jahren ebenfalls berücksichtigt, dann betragen die Gesamtkosten für den Stahlskelettbau nur noch 68 % im Vergleich zum Beton-Kalksandsteinbau. Eine interessante Rechnung.
In einem Detailkatalog des Teils C wird eine Vielzahl von Positivbeispielen im Urban-Mining-Design gezeigt. Die Konstruktionen sind rückbaubar und die Materialien ermöglichen geschlossene Stoffkreisläufe. Das Kreislaufpotenzial wird teilweise auch quantitativ ermittelt. Detailliert betrachtet werden drei verschiedene Stahlskelettkonstruktionen sowie diverse Holzbauweisen und abschließend zwei Nassräume, jeweils wieder in einem Stahlskelettbau. Dargestellt werden jeweils mögliche Bauteilanschlüsse im Zusammenhang mit einer Gesamtkonstruktion, ergänzt um Erläuterungen zu den Berechnungsmethoden des Kreislaufpotenzials sowie Ausschreibungsaspekten.
Abgerundet wird der Atlas Recycling mit der Darstellung von 21 gebauten Beispielen in Teil D. Hier sind unter Technischer Kreislauf: Urban Mining Stahl- und Metallbauprojekte zu finden. So z. B. tragende und nichttragende Fassaden aus wetterfestem Stahl oder Innenbekleidungen aus Schwarzblech. Auch Stahltragwerke mit gesteckter Stahlfassade, mit Edelstahlfassade oder leichter Kunststoffhülle werden gezeigt. Unter Biotischer bzw. Technisch-biotischer Kreislauf kommen dann zahlreiche Holzbauprojekte sowie ein Stahl-Holzskelett mit Reetdeckung. Abschließend kommen Beispiele des lokalen Bauens mit Lehm und Stroh sowie mit Recyclingmaterialien. Die Details realisierter Beispiele liefern Inspirationen für eine gute Umsetzung in die Praxis.
Der Atlas Recycling ist auch ein Plädoyer dafür, unsere Städte aus sich selbst heraus zu erneuern. Es geht um das Material, aus dem die Stadt gebaut ist und das nicht endlos aus aller Welt allgegenwärtig bezogen werden kann. Es wendet sich an Architekten und Ingenieure, die dauerhaft umweltverträgliche Gebäude realisieren wollen.